
Liv Kristine (Espenæs) ist jetzt schon lange im Geschäft. Schon beim letzten Album ´River Of Diamonds´ habe ich mich dazu bekannt, ihre Stimme sehr zu mögen. Zum ersten Mal habe ich sie bei den ersten Alben von LEAVES’ EYES gehört. Das ist jetzt gefühlt schon eine Ewigkeit her (eigentlich rund 20 Jahre) und sie hat schon seit 1998 einige Solo-Alben veröffentlicht. Ich mochte auch die meisten ihrer Solo-Alben, die auch mal ins Poppige gingen. Denn meistens konnten die Songs bzw. das Songwriting auch überzeugen. Zuletzt verstärkte sie ihre Schwester bei MIDNATTSOL.
Was gibt es auf dem lateinisch benannten ´Amor Vincit Omnia´? Nun, so viel sei verraten, nichts, was nicht schon im Kosmos von Liv Kristine zu hören gewesen ist. Nach einem Intro mit tiefen Schlägen und Chören geht es bei ihrem siebten Solo-Album mit dem Titelsong recht metallisch los. Sogar mit einem männlichen “Tiefsänger” im Duett. Erinnert an ihre Anfänge in den 90er-Jahren mit THEATRE OF TRAGEDY und an die genannten LEAVES EYES’ als Ex-Ehemann Alex Krull gegen ihren klaren Gesang anbrüllte. Irgendwie “Back to the roots” sozusagen. Wer jetzt singt, ist ihr jetziger Ehemann Michael Espenæs. Das bleibt aber die Ausnahme. Mittelpunkt der Songs ist und bleibt Liv und ihr klarer Gesang. Es fällt auch sofort der kräftige und klare Sound auf. Für das Songwriting als Co-Writing sind auch Liv und Michael Espenæs verantwortlich. An der guten Produktion hat noch Sascha Dannenberger (der auch Gitarre spielt) unterstützt. Andy Classen hat gemastered.

´Ode To Life Pristine´ ist der nächste Titel, deutlich sanfter und er versprüht einen intimen Charakter. ´12th February´ beginnt noch melodischer, wird dann kräftiger mit einer Art von Synthie-Schlagzeug. Hört sich zumindest ab und zu so an. ´Angel In Disguise´ ist ein kräftiger Gothic Rocker. ´Sapphire Heaven´ und ´Unzip My Love´ schlagen den Bogen zwischen Rock, Metal und Pop. Das Album ist auf jeden Fall näher an ihrer Bandgeschichte dran als manches eher dem Mainstream zugewandte Solo-Album der letzten 25 Jahre.
Trotzdem kein richtig harter Metal, schon gar nicht in Richtung Death Metal oder Ähnlichem. Livs Stimme ist auch immer in ruhigen Songs besonders überzeugend. So im sanften ´Melange (Whenaddictioncalls)´, wo einige andere Einflüsse aus Rock und Metal einfließen. Auch irgendwie leichte Trip-Hop-Einflüsse. Ganz leichte, vielleicht höre ich das nur, oder es ist der schon angesprochene Schlagzeugsound. Wie auch immer, das passt aber sehr gut. Zum Schluss gibt es mit ´When Stillness Speaks´ einen schönen ruhigen, sanften und bombastischen Abgang.
Die letzten 25 Jahre hat Liv Kristine eigentlich immer Qualitätsarbeit vorgelegt. Vom Gesang, aber auch das Songwriting war meist auf der Habenseite. Egal, ob im Bandkollektiv oder Solo. ´Amor Vincit Omnia´ – heißt auf Deutsch “Die Liebe besiegt alles” (habe ich nachgeschaut, ich war nie Lateiner) – ist einer ihrer stärksten Veröffentlichungen. Modern, ohne ihre rockigen und metallischen Vorlieben zu verleugnen und gleichzeitig konservativ, ohne langweilig zu sein. Mir hat das Album sehr gut gefallen.
Ich weiß, Liv kann stimmlich auch polarisieren. Ich mag ihren Gesang, er ist auf jeden Fall nicht so operettenhaft wie bei manchen der klassisch ausgebildeten Sängerinnen, die die Metal-Bands bevölkern. Das abwechslungsreiche Songwriting, musikalische Beiwerk und die Produktion stimmen, das Album ist sehr empfehlenswert. Mit der Einschränkung, dass man diesen musikalischen Stil schon mögen sollte. Aber das ist ja eigentlich immer so.
(8 Punkte)