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GREGG ALLMAN – Laid Back

1973/2015 (Analogue Productions/Universal Music) - Stil: Southern/Country Rock

Gregg Allman wurde seiner Liebe zur Musik, vor allem zum Blues und zum Soul, recht früh gewahr. Gemeinsam mit seinem Bruder Duane Allman gründete er diverse Bands, ehe sie im Jahre 1969 die ALLMAN BROTHERS BAND aus der Taufe hoben.

Der grandiosen Mischung aus Rock, Blues und Jazz konnte sich niemand entziehen, erst recht nicht seit ihrem legendären Live-Album ´At Fillmore East´ aus dem Jahre 1971. Das Schicksal suchte die Gruppe jedoch früh und unerbittlich heim.

Duane Allman starb im Jahr 1971 bei einem Motorradunfall, ein Jahr später Bassist Berry Oakley unweit des Unfallortes auf ähnliche Weise. Die ALLMAN BROTHERS BAND ließ sich allerdings nicht unterkriegen und veröffentlichte im Jahr 1973 ihr bis dahin erfolgreichstes Album ´Brothers And Sisters´.

In diesen Jahren stieg die ALLMAN BROTHERS BAND zu Superstars auf, doch Gregg Allman hegte bereits ein Jahr zuvor das Bedürfnis nach Veränderung. Er wollte persönlichere und gefühlvollere Songs einspielen und begann bereits im Jahr 1972 mit ersten Demo-Aufnahmen.

Als seine Bandkollegen den Song ´Queen Of Hearts´ ablehnten, verschanzte er sich gänzlich im Studio. Da er jedoch oft betrunken und emotional ausgelaugt war, lief die Produktion irgendwann aus dem Ruder. Erst als Produzent Johnny Sandlin einige Session-Musiker einspannte, lockerte sich die Situation auf. So entstanden unter dem Einsatz von akustischer Gitarre, Klavier und Orgel, Streichern und Background-Gesang subtile Arrangements.

Gregg Allman erlebte nunmehr eine andere Atmosphäre mit weniger Druck und mehr Gefühl. Jetzt erst konnten sich seine Ideen als Sänger und Songwriter neu entfalten. Neben Einflüssen aus Blues, Folk und R&B war besonders der von Gospel und Jazz prägend. Die Kompositionen wurden gegenüber der energiegeladenen Musik der ALLMAN BROTHERS BAND in ihrer emotionalen Tiefe introspektiver und melancholischer.

Obwohl er von seinen Bandmitgliedern bei der ALLMAN BROTHERS BAND aufgrund der entspannten und introspektiven Atmosphäre seiner neuen Songs skeptisch beäugt wurde, glückte Gregg Allman mit ´Laid Back´ ein persönlicher Triumph.

Die letzte herausragende Wiederveröffentlichung von Gregg Allmans ´Laid Back´ erfolgte im Jahre 2015 durch “Analogue Productions“ auf einem 180g schweren, superleisen Vinyl, von den Originalbändern durch Ryan Smith gemastert, natürlich bei “Quality Record Pressings” gepresst, und in einem aufklappbaren Gatefold dargeboten – und ist selbstverständlich die derzeitige Vorzeigepressung, da sie sogar wärmer als die Original-Santa-Maria-Pressung klingt.

Die Lieder ´Midnight Rider´ und ´Please Call Home´ sind in anderer Form zwar bereits von der ALLMAN BROTHERS BAND bekannt, doch ´Midnight Rider´ wird mit dem hypnotischen Gitarrenriff von Buzz Feiten zu einem bedrohlichen und dunklen Song. Gregg Allman hatte ein “Sumpf-Gefühl” im Sinn, mit Assoziationen zu Nebel, Alligatoren und Hexen. Die melancholische Stimmung dieses Openers hebt daher bereits zentrale Themen wie Verlorenheit und das Streben nach unerreichbaren Zielen hervor. ´Please Call Home´ erhält nunmehr eine gospelartige Färbung und strebt mit seiner gefühlvollen Art in andere Dimensionen.

Dagegen entstand ´Queen Of Hearts´ nach dem Tod seines Bruders, fand jedoch keinen Anklang im Bandlager. Die reflektierende Ballade blüht jedoch durch Scott Boyers und Tommy Taltons Gitarrenarbeit sowie Chuck Leavells fein nuanciertem Klavierspiel in einer melancholischen Stimmung auf. Mit tiefgründigen Texten und einem lässigen Groove wächst der R&B-Song ´Don’t Mess Up A Good Thing´ zu einem weiteren Höhepunkt heran. Selbst ´These Days´ von Jackson Browne entwickelt Gregg Allman mit warmem Orgelspiel und akustischer Gitarre zur definitiven Version des Liedes und zum nächsten, emotionalen Höhepunkt.

Daneben trägt er noch den minimalistisch instrumentierten Folk-Song ´Multi-Colored Lady´ sehr poetisch und persönlich sowie den bittersüßen Song ´All My Friends´ von Scott Boyer in gospelartiger Stimmung mit Orgelspiel, Bläsereinsätzen und Backgroundsängerinnen vor. Den Abschluss bildet die traditionelle Hymne ´Will The Circle Be Unbroken´ als emotionaler Gospelmoment mit der Botschaft von Verlust, aber auch Hoffnung und Verbundenheit, die er bereits bei der Trauerfeier für seinen Bruder gesungen hatte.

Das Solo-Debüt von Gregg Allman gilt bis heute als eines seiner besten Werke und strahlt aufgrund seines melancholischen Charakters eine tiefgehende und geradezu berührende Schönheit aus. ´Laid Back´ ist für alle, die sich von Musik auf emotionaler Ebene berühren lassen wollen, ein echter Klassiker.

Musiker:
Gregg Allman – Gesang, Hammondorgel, Akustikgitarre
Tommy Talton – Akustik-, E- und Slide-Gitarre, Dobro und Tamburin
Scott Boyer – Akustik-, E- und Steel-Gitarre, E-Piano
Buzz Feiten – Gitarre
Jim Nalls – Gitarre
David Brown – Bass
Charlie Hayward – Bass
Johnny Sandlin – Bass
Max Cahn – Violine
Tony Posk – Violine
Paul Hornsby – Orgel, Keyboards, Clavinet
Chuck Leavell – akustische und elektrische Klaviere, Vibraphon
David „Fathead“ Newman – Saxophon
Bill Stewart – Schlagzeug
Jai Johanny Johanson – Schlagzeug, Conga
Butch Trucks – Percussion, Cabasa
Carl Hall – Hintergrundgesang
Hilda Harris – Hintergrundgesang
Cissy Houston – Hintergrundgesang
Emily Houston – Hintergrundgesang
June McGruder – Hintergrundgesang
Helene Miles – Hintergrundgesang
Linda November – Hintergrundgesang
Eileen Gilbert – Hintergrundgesang
Maretha Stewart – Hintergrundgesang
Albertine Robinson – Hintergrundgesang
Ed Freeman – Streicher- und Hornarrangements, Dirigent

https://www.facebook.com/GreggAllman

 

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