GENESIS – A Trick Of The Tail
1976/2024 (Analogue Productions/Atlantic 75 Series) – Stil: Prog Rock
´A Trick Of The Tail´ sollte im Februar 1976 das erste GENESIS-Album mit Phil Collins als Leadsänger werden. Doch die englische Progressive Rock-Legende musste nach dem Abschied von Peter Gabriel im Anschluss an die ´The Lamb Lies Down On Broadway´-Tournee erst einmal ihren künftigen Weg überdenken.
Gitarrist Steve Hackett nahm zwischenzeitig sein erstes Soloalbum ´Voyage Of The Acolyte´ auf und Schlagzeuger Phil Collins verbrachte seine freie Zeit bei der instrumentalen Jazzrock-Band BRAND X. Dementsprechend unterbreitete er auch seinen Bandkollegen bei GENESIS den Vorschlag, die Gruppe ohne Peter Gabriel als Instrumentalband fortzuführen.
Da der Gedanke nicht auf allzu große Gegenliebe stieß, gaben sie eine namenlose Anzeige auf und erhielten Antwort von 400 Bewerbern. Keiner der ins Studio eingeladenen Sänger konnte sie jedoch überzeugen. Letztendlich überredeten sie Phil Collins, die neuen Songs im Studio anzustimmen, und gaben ihm daraufhin ihren Segen als neuen Leadsänger.
Endlich konnten sie ihr siebtes Studioalbum einspielen. Mit den im Laufe des Jahres 1975 komponierten neuen Liedern gingen sie samt Produzent David Hentschel im Oktober in die Trident Studios.
Die musikalischen Hauptautoren blieben mit Keyboarder Tony Banks und Bassist/Rhythmusgitarrist Mike Rutherford ohnehin unverändert. Denn besonders diese beiden setzten ihre ganze Energie in das Songwriting, um zu beweisen, dass GENESIS auch ohne Peter Gabriel fortbestehen würden.
Zum 75-jährigen Jubiläum von „Atlantic Records“ erscheint ´A Trick Of The Tail´ wieder auf Vinyl. Dem haben sich „Analogue Productions“ angeschlossen und veröffentlichen die Scheibe ihrerseits auf einem 180g schweren Doppel-Vinyl mit 45 rpm, natürlich gepresst bei „Quality Record Pressings“, vom analogen Original-Masterband von Chris Bellman gemastert, in einem wunderbar dicken Tip-on Gatefold Double-Pocket Jacket.
Die bekannte Zusammenarbeit von „Acoustic Sounds“, „Analogue Productions“ und „Quality Record Pressings“ führt zu diesem unglaublichen Sound, der alle vorhergehenden Pressungen übertrifft. Diese phänomenale Pressung klingt von allen bislang am ausgewogensten.
´A Trick Of The Tail´ tönt letzten Endes eher wie die Fortsetzung von ´Selling England By The Pound´ anstatt von ´The Lamb Lies Down On Broadway´, allerdings in sanfterer und zugänglicher Art und Weise. Bisweilen ist dem Album auch anzuhören, dass es ohne den Gesang ihres künftigen Sängers im Kopf komponiert wurde, da nicht nur die einzelnen Solo-Instrumente ihr Können zur Schau tragen, sondern der Gesamtsound der Band eindrucksvoll kräftig und einträchtig erschallt. Dabei unternimmt das Werk sogar einige Schlenker in Richtung Jazz und Fusion.
Denn Mike Rutherford zeigt sich am Bass ebenso wie Phil Collins mit einem komplexen und schnellen Schlagzeugspiel in Höchstform. Tony Banks konzentriert sich wieder mehr auf Orgel, Mellotron und Keyboards anstatt auf Synthesizer wie beim Vorgänger. Steve Hackett wählt vermehrt die 12-saitige Gitarre und malt mit der E-Gitarre seine Soli.
Das erste Vinyl wird von ´Dance On A Volcano´ eröffnet und überzeugt mit seiner puren emotionalen Stärke (“Better start doing it right”). Zudem nimmt der Band-Klassiker den künftigen Neo-Prog vorweg. Aber auch im erhabenen ´Mad Man Moon´ spielt das Quartett progressiv auf (“That must have been another of your dreams. A dream of mad man moon.”), während es in der Geschichte über den nordamerikanischen ´Squonk´ leicht überambitioniert dem LED ZEP-Sound mit Heavy-Gitarren und Bonham-Schlagzeug nacheifern will, ohne annähernd, trotz schleppendem Schlagzeugrhythmus, danach zu tönen. Vorher verzaubert aber noch das sanfte und geisterhaft ausklingende ´Entangled´ mit Akustikgitarre und Harmoniegesang.
Das zweite Vinyl setzt mit ´Robbery, Assault And Battery´ ein, mit ungewöhnlichen Taktarten und dem Humor ihrer alten Tage, später gefolgt vom Titelsong ´A Trick Of The Tail´ (“They got no horns and they got no tail. They don’t even know of our existence.”), inspiriert von der fiktiven Urzeit-Novelle “The Inheritors” von William Golding, und dem instrumentalen sowie späteren Live-Favoriten ´Los Endos´, der als Bandkomposition auch von dem lockereren Stil Phil Collins’ lebt. Zuvor strahlt jedoch noch ´Ripples´ aus allen Rillen. Bei der sensationellen, halbballadesken Komposition zeigt Phil Collins seine beste Gesangsleistung und Steve Hackett auf der 12-saitigen Gitarre ein Gänsehautspiel (“Sail away, away. Ripples never come back.”).
(9 Punkte)
Phil Collins – Schlagzeug, Percussion, Lead- und Hintergrundgesang
Steve Hackett – elektrische Gitarre, 12-saitige Gitarre
Mike Rutherford – Bassgitarre, Basspedale, 12-saitige Gitarre, Hintergrundgesang
Tony Banks – Pianos , Synthesizer, Hammondorgel, Mellotron, 12-saitige Gitarre, Hintergrundgesang
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