McCOY TYNER & JOE HENDERSON – Forces Of Nature: Live At Slugs’
2024 (Blue Note Records) - Stil: Jazz
Nachdem der schwer geschätzte US-amerikanische Jazz-Pianist Alfred McCoy Tyner (29 Jahre) das Quartett von John Coltrane verlassen hatte, kam es auf der Bühne des New Yorker “Slug’s Saloon” zum großen Zusammentreffen mit dem US-amerikanischen Jazz-Tenorsaxophonisten Joe Henderson (27 Jahre), der zeitgleich das Quartett von Horace Silver verlassen hatte.
Bevor beide auch auf ihren Studioalben zu experimentieren begannen, spielten sie in der bekannten New Yorker Spielstätte für zeitgenössischen Jazz mit dem Schlagzeuger Jack DeJohnette (23 Jahre) und dem Bassisten Henry Grimes (30 Jahre). Zuvor hatte McCoy Tyner bereits auf Hendersons Debütalbum ´Page One´ und auch auf ´In ’n Out´ sowie Henderson auf McCoy Tyners Debüt ´The Real McCoy´ mitgespielt.
An der Lower East Side in 242 East Third Street in Manhattan standen bereits vor ihnen Sonny Rollins, Hank Mobley, Sun Ra, Ornette Coleman und Lee Morgan vor regelmäßig gut 150 Zuschauern auf der Bühne. Seine Berühmtheit erlangte “Slug’s Saloon” am 19. Februar 1972 als der Trompeter Lee Morgan von seiner Lebensgefährtin erschossen wurde.
Somit fanden an einem legendären Ort unglaubliche Musiker in absoluter Höchstform zusammen, die ganz und gar bereit waren, in einem intensiven Spiel neue Wege drängend zu beschreiten. Jeder einzelne Musiker befand sich an einem Scheideweg seiner Karriere, jeder brannte vor Kreativität und wertete an diesem geschichtsträchtigen Abend seinen Status als Künstler ungemein auf.
In magischen 26 Minuten überdrehen sie Joe Hendersons Titel ´In ‘n Out´ über alle Maßen. Hitzig, stürmisch und zügellos, völlig außer Rand und Band, stürmen sie durch die Komposition als gäbe es kein Morgen. Anschließend gewähren sie der Nacht wieder klarere Sicht, indem sie den Anwesenden mit der Ballade ´We’ll Be Together Again´ die Chance geben, über 15 Minuten lang etwas Luft zu holen.
Doch im nächsten Augenblick brennt wieder die Luft und steht in Flammen, denn das Quartett rollt seinen eigenen Moll-Blues unter dem Titel ´We’ll Be Together Again´ energisch auf und fällt über 28 Minuten in einen wahrhaftigen Rausch der Improvisation. Erst nach weiteren zehn bzw. sieben Minuten ist mit der Darbietung des bluesigen ´The Believer´ von McCoy Tyner und des am Klavier launigen ´Isotope´ von Joe Henderson das aufgeschlossene Publikum vom Heißhunger nach Jazz etwas gesättigt.
Nachdem Jack und seine Frau Lydia DeJohnette die Bänder dieser von Orville O’Brien mitgeschnittenen Aufnahme 58 Jahre lang in ihrem Keller-Archiv gelagert hatten, kommt diese bislang unveröffentlichte Live-Aufnahme nach einer Übertragung der Original-Bandspule durch Matthew Lutthans endlich ans Tageslicht: ´Forces Of Nature: Live At Slugs’´ – die Jazz-Entdeckung des Jahres 2024.
(Klassiker)