Die Erwartungen sind nach dem starken und hochgelobten Vorgänger ´Blood Harmony´ enorm. Alle ihre Platten konnten bisher – zumindest mich – restlos überzeugen. Die Schwestern Rebecca und Megan Lovell sind für mich mit die größten Talente, die sich in den letzten Jahren aus den Südstaaten aufgemacht haben, das Erbe der klassischen amerikanischen Rockmusik weiter zu pflegen. Parallel sind sie selbst dabei, ein spannendes Kapitel für die Rock-Historie zu schreiben. Viel mehr als ein starkes Songwriting und das überragende Talent der Schwestern im Hinblick auf Gesang und Gitarrenarbeit braucht es dazu nicht. Na ja, vielleicht noch Rebeccas Ehemann, Musiker Tyler Bryant, der beim Songwriting, den Arrangements und der Produktion unterstützt hat. “Selbstakzeptanz” und “Individualität” werden als lyrische Basis der Songs genannt. Denn nicht nur musikalisch, nein, auch textlich, sind die Schwestern sehr gut aufgestellt.
Der Opener ´Mockingbird´ macht gleich klar, die beiden bleiben ganz oben an der Speerspitze des ehrlichen und intelligenten, handgemachten Rock: Großartiger Gesang von Naturtalent Rebecca und das originelle Gitarrenspiel von Megan haben einen hohen Wiedererkennungswert, begleitet mit viel Herzblut und Gefühl. ´Easy Love, Pt.1´ folgt mit einer ansteckenden Leichtigkeit und einem guten Schuss Airplay plus einem locker aus der Hand geschüttelten Gitarrensoli. Eingängig, aber immer noch ein gesundes Stück vom Mainstream entfernt. ´Little Bit´ ist ein melancholischer Südstaatensong bester Güte, der auch die Einflüsse von Südstaaten-Legenden wie LYNRYRD SKYNRYD oder THE ALLMAN BROTHERS BAND bei Gesang und singender Gitarre nicht verleugnet. Das auch tief im Southern Rock verankerte ´Bluephoria´ zeigt, dass die Schwestern auch das härtere Rocken nicht vernachlässigt haben. Megan ist auf dem Album mit ihrer expressiven Gitarre sowieso sehr häufig im Angriffsmodus. Ein ständiger Energiespender.
´Easy Love, Pt.2´ ist eine Ballade mit viel Gefühl, aber ohne allzu viel Sentimentalität. Ein großer Löffel Soul und Country wird dabei untergemischt. ´Nowhere Fast´ setzt anschließend mit dem trockenen Boogie Rock einen klaren Gegenpart. ´If God Is A Woman´ konterkariert den männlichen Rock Macho-Kult klug mit weiblicher Handschrift. Sehr stark. Mit den schönen und ruhigeren ´You Are The River´ und ´Bloom Again´ gibt es einen melodischen Abschluss der Platte, wo Rebecca und Megan noch einmal glänzen können.
Die Schwestern Lovell sind ein Geschenk für die Rockmusik und bleiben der Musik, mit der sie früh sozialisiert wurden, treu. Man muss sie als ehrliche Rockerin oder ehrlicher Rocker einfach lieben. Die üblichen südstaatlichen Klischees umschiffen sie dabei intelligent. Mal sehen, ob im Genre der handgemachten, ehrlichen Musik das irgendjemand im erst begonnenen Jahr noch toppen kann. Das wird schwer. Es geht weiter aufwärts mit Rebecca und Megan. Das ist sehr verdient.
(9 Punkte)
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(VÖ: 24.01.2025)
Pic: Robby Klein