BLUE HERON – Everything Fades
2024 (Blues Funeral Recordings) - Stil: Heavy Desert
Eine US Band aus Albuquerque / New Mexico, eine Single, ein Album und eine Split LP im Gepäck, noch Recht frisch am Start, Teil der neuen Heavy Rock / Desert Rock / Doom Szene.
Warum “Desert Rock” und nicht “Stoner”? Ach, die Subgenrebezeichnung ist irgendwie ausgelutscht. Und sie lässt zu sehr in irgendeine Richtung denken. BLUE HERON haben da tiefergehende Ansätze.
Ja, sie sind raubeinig, schmutzig, laut und irgendwo primitiv. Es geht direkt zu, der Blues ist ein integraler Bestandteil ihrer wüsten Rockmusik, nur lauter, brachialer und verzerrter. Jazz affine Schöngeister wenden sich hier mit Schrecken ab. Wo schon 1969/1970 den frühen Heavy Bands, wegen BLUE CHEER (immerhin auch etwas mit BLUE im Namen) vielleicht schon 1968, nachgesagt wurde, primitive Neandertalermusik zu sein, gilt dies auch noch 55 Jahre später. Der Neandertaler als Sinnbild dieser Musik bezieht sich nicht nur auf die rein instinktiv komponierten und dargebrachten Songs, es steht auch für die Verwurzelung dieser Kapelle im urwüchsigen und ursprünglichen Heavy Rock der Gründertage.
BLUE HERON sind schon gesanglich schön ruppig. Dreckig, mittelhoch und grantig, mehr schreiend als singend, aber mit deutlicher Melodie grollt sich der Kerl durch die Stücke mit Gesang. Wenn er sich zurücknimmt, was selten genug passiert, raunt er bluesig roh ins Mikro. Dem steht die instrumentale Fraktion nicht nach. Die Gitarren sind stark verzerrt und knirschen ihre Harmonien aus den Boxen, der Bass grummelt und das Schlagzeug peitscht stoisch, aber mit swingendem Groove. Manchmal aber wird die Stimme fast klar und die alten Rockhelden lassen in fiebrigen Träumen ihre lockigen Matten fliegen.
Düster, morbide Urdoom Momente zermalmen Deine Seele und brodelnde Gitarrenleads kochen die Reste zu einem spirituellen Brei auf. Nachdenklich melancholische Augenblicke zerren Deine alten Dämonen aus der Versenkung. Und manchmal versöhnen die Gesangsmelodien Dich mit den bösen alten Geistern.
Trotz der altbewährten Zutaten ist BLUE HERON hier eine Platte gelungen, die sehr packend und erfrischend wirkt und sich regelrecht einprägsam zeigt. Gute Songwriter sind hier am Start. Ein typisches und typisch sehr gutes Album auf “Blues Funeral Recordings”. Es zeigt, dass der klassische 70s Heavy Rock und Urdoom in unheiliger Allianz auch nach 55 Jahren noch relevant sind.
Und diese Platte ist mit CORTEZ, THE OBSESSED und CURSE THE SON in wirklich perfekter Gesellschaft. Würde ich dafür mein Geld auf den Tisch legen? Ach, gerne. Ich brauche schlichtweg Musik zum Genießen und gerne in einem Stil und Sound, den ich schon kenne und wertschätze.
BLUE HERON gehen sehr leidenschaftlich und liebevoll an diese Musik heran und lassen ihr Feuer lodern wie selten zuvor. Ich fühle mich wieder wie 18 oder 19, als in den frühen 90ern die ersten RISE ABOVE und HELLHOUND Bands aufgetaucht sind.
Liebe…
(8,5 Punkte)