MeilensteineVergessene Juwelen

MARILYN MANSON – Mechanical Animals

1998 (Interscope) - Stil: Glam Rock/Industrial Rock/Electronic Rock/Experimental

Nach dem makabren ´Antichrist Superstar´ von 1996 trennte sich Marilyn Manson von NINE INCH NAILS-Mastermind Trent Reznor und zog sich erstmals mit Produzent Michael Beinhorn (u.a. SOUNDGARDEN, HOLE, RED HOT CHILLI PEPPERS) und seiner Band in die Hollywood Hills zu den Aufnahmen für das Nachfolgewerk zurück, wobei die ganze dortige Atmosphäre rund um exzessiven Drogenkonsum, Paparazzi und weitere Skandale den idealen Schauplatz für das zweite Kapitel von Mansons Albentrilogie boten.

´Mechanical Animals´ von 1998 war ein Konzeptalbum über kulturelle Erstarrung und futuristische Roboter, und es orientierte sich ausdrücklich an David Bowies ´Ziggy Stardust´-Ära, aber der Künstler ging noch einen Schritt weiter und trug künstliche Brüste und geschlechtsloses, glattes Barbie-Puppen-Outfit bei, was ihn zu einer Art androgynen Kunstfigur machte.

Mansons Alter Ego ist dabei die Figur „Omega“, ein drogenabhängiger „Alien-Messias“, der auf der Erde gefangen genommen und gezwungen wird, einer Band namens „The Mechanical Animals“ beizutreten. Mansons Stil ist hier ganz und gar glamourös, mit feuerroten Haaren, rosa Lippenstift und Glitter anstatt Netzstrümpfen.

Das Album vermittelt jedenfalls gleich eine ganze Fülle an Emotionen, und sie zeichnen ein lebendiges und zugleich verstörendes Bild sowohl von unserer Welt an sich als auch eines Herzens in Aufruhr. All das existiert sowohl einzeln als auch im Tandem, um eine fesselnde Dualität aus existenzieller Angst und nagendem Herzschmerz zu erschaffen.

Es ist musikalisch abenteuerlich und dynamisch zugleich, und prall an übergroßen, selbstbewussten Hooks! ´I Don’t Like The Drugs (But The Drugs Like Me)´ beispielsweise ist glitschiger, stolzierender Kokain-Funk Rock mit gospelartigen Backgroundsängern, und ´Fundamentally Loathsome´ sardonischer Death Rock mit Gothic-Touch.

´The Speed Of Pain´, einer der für mich klar herausragenden Songs, bietet dann windgepeitschten, akustischen Cyber-Blues, durchzogen von einsamem Vocoder-Geheul, der wie eine Space Rock-Version von David Bowie und T. REX wirkt.

Gleich einiges auf ´Mechanical Animals´ ist jedenfalls eine bereinigte Version der mechanisierten Riff Rock-Attacken, die Manson auf ´Antichrist Superstar´ losgeschossen hatte, aber die Hooks sind weit schärfer, härter und selbstbewusster.

Die schöne, schmutzige Natur des Vorgängerwerks bringt schließlich als weiteres Glanzlicht ´Posthuman´ wieder ein, mit einem early NINE INCH NAILS-Sound, der wie ein wahnsinniger, elektronischer Fluss davonfließt und bei dem die Schauspielerin und Ex-Geliebte Mansons, Rose McGowan, ihre Stimme beiträgt.

´The Last Day On Earth´ hingegen ist ein jenseitiges, apokalyptisches Keyboard-Stück, das die Albumthematik perfekt auf den Punkt bringt und harte Musik mit einem glattpolierten, synthetischen Glanz vermengt.

Die lärmenden, aggressiven Industrial-Effekte von ´Antichrist Superstar´ wurden auf ´Mechanical Animals´ jedenfalls größtenteils durch trippige 70ies-Style-Glam Rock-Keyboards ersetzt, und die harten Gitarren wichen zugunsten eines saubereren, alternativeren Rocksounds.

Während Marilyn Manson auf zukünftigen Alben nur sporadisch zu seinen Industrial Roots zurückkehrte, verlor er nie die schillernden, extravaganten Gitarrengrooves und starken melodischen Hooks, die er mit ´Mechanical Animals´ einführte. Es bleibt auch daher ein kleiner Geniestreich aus den späten 90ern!

(9,5 Punkte)

Favorites: ´Mechnical Animals´, ´Disassociative´, ´The Speed Of Pain´, ´Posthuman´, ´Coma White´

https://www.facebook.com/MarilynManson

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"