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ELOY – Hidden Treasures

2024 (MiG/Indigo) - Stil: Eloy

Der liebe Frank hat den alten Devotchkas und Droogs als auch den immer noch Unwissenden ein schönes kleines Weihnachtspäckel geschnürt. Bei mir selbst machte sich zunächst etwas Enttäuschung breit, als sich mir eröffnete, daß nur magische sieben mehr oder weniger bekannte Songs den Weg auf diese Veröffentlichung gefunden haben – mutmaßte der geneigte ELOY-Abhängige doch, daß sich in der Schatzkiste aus den goldenen 80ern noch einige unveröffentlichte Tracks befänden. Nix da, aber egal – Geschenk ist Geschenk.

Wobei… ein Preis für das zurecht aussterbende, produktionstechnische Billig-Medium CD von rund 20€ bei vielen Anbietern ist schon sehr weit weg von Geschenk. Umsonst gibt es nichts und jeder vom Künstler über Vertriebspartner bis Verkäufer will was dran verdienen, aber ehrlich: 7 Songs, 44 Minuten Gesamtspielzeit bei der Tatsache, daß man für das gleiche Geld gebraucht 3-4 der 5 kompletten Alben bekommt, von denen die Trackauswahlen hier stammen – da wurde von vorneherein für den Streamingmarkt veröffentlicht oder mit den knallharten Die-Hard-Fans gerechnet. Ein Fünfer mehr oder weniger entscheidet manchmal über Sieg oder Niederlage einer Veröffentlichung. Naja, wird der Künstler nichts dafür können. Kapitalistische Industriepolitik eben. Abwarten bis Nice Price, fertig.

Dennoch: fein ist das Samplerli allemal – für Newbies sogar ein richtig guter Einstieg in eine der besten Drogen anspruchsvoller, bedeutender deutscher Musik. Hört nicht auf eure kiffenden Eltern, Tanten oder Onkel, die euch weismachen wollen, daß die 70er DAS Jahrzehnt von ELOY war… die 80er waren anders, aber nichtsdestotrotz schufen ELOY sechs Meilensteine, wenn man (wie ich) ‘Ra’ dazu nimmt und den “Wildgänse”-Soundtrack weglässt.

Beginnen wir mit ´Shadow And Light´, einem ELOY-Powersmasher, der sogar ein paar SAGA-Keyboards inhaliert hat. Ja, das war die Zeit, in der man durch die ständige Weiterentwicklung der Tastenburgen neue Sounds entdeckte und da hatten die fünf Kanadier von Anfang an die Nase vorn, auch wenn gerade ELOY seit jeher die Sphären elektronischer Surroundings erforschten.

Der herrliche Vocoderswinger ´Heartbeat´ vom gleichen Album steht so ziemlich für alles, was damals schön und gut war und repräsentiert besonders durch die treibenden Basslinien die besondere Magie eines Raumfluges mit ELOY. Drums, Keys, Guitar, Action! Dazu die Stimme des Meisters Frank Bornemann, der bei aller Aufregung über die Klasse der Musik eine fast beruhigende Wirkung auf den Hörer ausübt, bevor man sich komplett in den Weiten dieses wunderbaren Kosmos verliert.

Nun geht’s Volldampf nach vorne mit dem Stampfer ´Silhouette´, der durch die Narration am Anfang eine zusätzliche Dramatik verliehen bekommt und fantastische Gitarrensoli zu bieten hat. Mit dem hübschesten Schmetterlingsfehenpopöchen des uns bekannten Schallplattencoveruniversums gelang es ELOY sogar hier und da zensiert zu werden, also wenigstens dieses Album bitte aus Protest am Besten auf Platte kaufen.

Nach den ungeliebteren ‘Ra’ und ‘Destination’ besann man sich 1994 zurück auf alte Stärken. Ein besonders schönes Stück der „neueren“ Generation ist zweifellos das Titelstück von ´The Tides Return Forever´, welches viele damals schon panisch als ultimatives Abschiedslied empfanden. Vor allem live auf der altehrwürdigen Loreley entfaltete sich vor einigen Jahren eine überidische Magie durch den orgastischen Elfengesang der Background- und Solomädels und es entstand dabei ein geradezu legendärer Augenblick für alle kommenden Zeitalter.

Mit ´Behind The Walls Of Imagination´ findet sich ein weiteres typisches ELOY Schmankerl, dessen Hirnficker-Rhythmus seinesgleichen sucht. Versetzte Einsätze von Bass, Keyboards zu Offbeat-Drums – die Instrumente scheinen umeinander zu schweben, miteinander zu spielen und sich doch auf einer gemeinsamen Sternenreise zu befinden.

Auch beim nächsten Track ´The Flash´ von obigem Überalbum sind die instrumentalen Feinheiten eingewebt in einen treibender Stampfer in der Hardrock-/AOR-Tradition von Gruppen wie SURVIVOR und man sieht im Mittelteil förmlich Captain Future und Co entschlossen umherrennen, um jeglicher Bedrohung siegreich zu entrinnen. Die unten folgende ´Metromania´ sollte jeder unverbesserliche Hardrocker zusammen mit der ´Destination´ besitzen, denn Frank & Co. haben auch mächtig Fett auf der Kette.

Der siebte und letzte Flug bringt uns noch einmal an den Rand musikalischer Vorstellungskraft und wir können nicht umhin, dem Ruf des unbekannten Universums zu folgen: ´Follow The Light´. Eine der absoluten Hymnen, die mit einer kämpferischen Forscherelfe angereichert wurde, die wirklich JEDER gerne in seiner Mannschaft auf der Wissenschaftsstation oder als Counsellor hätte. Doch sie bleibt völlig losgelöst bei Major Frank. Ein Juwel der hardrockigen Sphärenprog-Epik, wie auch die gesamte Platte mächtig nach vorne losgeht. Mehr knackige Hits geht nicht mehr.

Tja und nu? Nun bin ich wieder neidisch auf die Bewohner des Tales der Ahnungslosen, da diese gerade einen Tonträger erworben haben, den sie sehr, sehr lange nicht weglegen werden und danach ihre Reise in den kompletten ELOY Kosmos erst beginnen.

Der jahrzehntelange Fan dagegen hätte sich für eine weitere Kompilation seiner Faves in Form einer wahren Schatzkiste mindestens die 2-3-fache Spielzeit à la ´Chronicles´ oder ´Timeless Passages´ erhofft und ein paar wirklich neue Stückchen aus den Katakomben anstatt lediglich sieben Schätzchen, die wirklich jeder kennen müsste.

So bleibt eine schicke kleine Scheibe mit einer süßen Auswahl, die einfach nur Laune macht, zumindest den 80er Backkatalog mal wieder komplett durchzuhören.

ELOY waren im besten Metal-Jahrzehnt:

Frank Bornemann
Klaus-Peter Matziol
Hannes Arkona
Hannes Folberth
Jim McGillivray
Fritz Randow
Amy
Anne
Jane
Monika
Romy
Sabine
Susanne

dazu kam ein wenig später zu Franks Herz die neue Seele:

Michael Gerlach


www.eloy-legacy.com

www.facebook.com/Official4Eloy

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