GRATEFUL DEAD – American Beauty
1970/2024 (Rhino Records) - Stil: Folk Rock/Country Rock
Die US-amerikanische Rockband GRATEFUL DEAD musste im Jahre 1970 ein zweites Mal ins Studio, nachdem ihr Manager Lenny Hart mit dem halben Bandvermögen durchgebrannt war. Somit nahmen sie ´Workingman’s Dead´ im Februar 1970 und ´American Beauty´ im August 1970 auf.
Die zwei Veröffentlichungen innerhalb eines Jahres sprachen auch für eine produktive Phase der Songwriting-Partnerschaft von Gitarrist/Sänger Jerry Garcia und ihrem Texter/Songwriter Robert Hunter. Im Gegensatz zur ersten und annähernd gleichwertigen Scheibe des Jahres 1970 brachten sich auf ´American Beauty´ darüber hinaus noch die anderen Bandmitglieder – Phil Lesh (´Box Of Rain´), Bob Weir (´Sugar Magnolia´) und Ron „Pigpen“ McKernans (´Operator´) – in das Songwriting ein.
GRATEFUL DEAD kehrten in jenen Tagen zur amerikanischen Folk-Tradition zurück, um sie neu zu erfinden. ´American Beauty´ setzte insofern den mit ´Workingman’s Dead´ eingeläuteten Stil des Folk- und Country-Rock fort.
Während ´Workingman’s Dead´ noch mit den psychedelischen Wurzeln spielte, setzte ´American Beauty´ seinen Fokus auf eine akustische Darstellung und Folk-Harmonien, die den Einfluss ihrer Musikerkollegen Crosby, Stills, Nash & Young nicht verbergen konnten. Da Jerry Garcia bei diesen Kompositionen noch weniger Leadgitarre spielen konnte, konzentrierte er sich fortan auf die Pedal-Steel-Gitarre. Zudem arbeiteten sie erstmals mit dem Mandolinenspieler David Grisman zusammen.
Aktuell erscheint ´American Beauty´ in der “Rhino High Fidelity”-Serie.
Denn auch “Rhino Records” stellen sich nunmehr der Herausforderung, unter “Rhino High Fidelity” eine Premium-Vinyl-Serie anzubieten, die klassische Alben mit einer hochwertigen Verpackung (Hochglanzcover und „Tip-on“-Hüllen) sowie einem hervorragenden Klang (Kevin Gray schneidet die Lacke und “Optimal” presst die 180g-Vinylplatten) in limitierter Auflage an Mann und Frau bringen will.
Dementsprechend wurde auch die limitierte 5.000er Auflage von ´American Beauty´ durch Kevin Gray von den analogen Original-Stereo-Mastertapes geschnitten – und ihr Klang ist gegenüber vorhergehenden Pressungen, allein die 45-rpm-MoFi kann locker mithalten, phänomenal.
´American Beauty´ ist die Abkehr von einer experimentierfreudigen Psychedelic-/Jam-Rockband und die Hinwendung zum raffinierten Songwriting. Erstmals gelingt es ihnen, große Magie im Aufnahmestudio einzufangen. Die Konzentration auf Folk, Bluegrass, Country und Americana mit mächtigen Vokalharmonien führt zu diesem einzigartigen Meisterwerk all ihrer Studioproduktionen.
Bereits mit dem Song ´Box Of Rain´, das den tragischen Kampf von Phil Leshs Vater gegen den Krebs thematisiert, überraschen GRATEFUL DEAD angesichts ihrer Besetzung. Phil Lesh übernimmt die Hauptstimme und spielt Akustikgitarre anstatt Bass, Jerry Garcia sitzt am Klavier und Bill Kreutzmann am Schlagzeug, während Bassist Dave Torbert und Gitarrist David Nelson von den NEW RIDERS OF THE PURPLE SAGE zum Einsatz kommen. Unvermutet erfolgt im weiteren Verlauf in der Komposition ´Operator´ ebenso der einzige Gesangs- und Songwriting-Einsatz von Ron „Pigpen“ McKernans.
Zudem erfreuen die Deads nicht erst in der Ode an den Partner eines Rockstars ´Sugar Magnolia´ von Bob Weir mit Harmoniegesängen. Mit schmeichlerischer Stimme erzählt Jerry Garcia obendrein in klassischer Folk-Tradition die Geschichte eines Kriminellen, der in ´Friend Of The Devil´ ewig auf der Flucht und dem Teufel verfallen ist. Er duelliert sich dabei auf seiner Akustikgitarre mit David Grisman an der Mandoline.
Die pure Schönheit strahlt besonders kontrastreich aus dem Country-Schwerenöter ´Candyman´, wenn Jerry Garcia zu seinem einmaligen Pedal-Steel-Solo ansetzt, doch Robert Hunter zeichnet im Gegensatz dazu eine völlig zerrüttete Welt. Die Hymne für einen alternativen Lebensstil, ´Ripple´, der Song für die Romantik am Lagerfeuer offenbart jedenfalls die gewünschte Nähe zur Natur und betört abermals mit Mandolinenspieler David Grisman.
Die Größe der Künstler, in Gesang und Ausdruck, strahlt allerdings noch gewaltiger in ´Brokedown Palace´, sozusagen beim Abschied vom Leben. Dem schließt sich ebenso mächtig ´Attics Of My Life´, über unvermeidliche Todesfälle auf dem Weg zum Erwachsenwerden, gospelartig im dreistimmigen Satzgesang an. Ein bei den Live-Shows fast nie berücksichtigtes ´Till The Morning Comes´ glänzt freilich dennoch mit harmonischem Gesang.
Der finale Bluesrock ´Truckin’´ enthält Robert Hunters womöglich berühmteste Textzeile („what a long strange trip it‘s been“) und wird in den kommenden Monaten nach seiner Veröffentlichung wenigstens zu einem kleinen Hit der Deads. Tod und Teufel, Spaß und Drogen liegen im Anschluss an ´Truckin’´ hinter dem Hörer. Doch der zeitlose Glanz von ´American Beauty´ strahlt bis zum heutigen Tag.
GRATEFUL DEAD hatten zwar keine großen Hits, doch wie bei allen bedeutsamen Singer-Songwriter-Kompositionen sprach sich auch bei ihnen jedes legendäre Lied nicht nur in Kreisen der Deadheads, Freaks und Hippies herum. Selbst ´American Beauty´ hatte keine fulminanten Gassenhauer, doch das ganze Album war ein einziger Hit.
(Klassiker)
Jerry Garcia – Gitarre, Pedal Steel, Klavier, Gesang
Mickey Hart – Schlagzeug
Robert Hunter – Songtexte
Bill Kreutzmann – Schlagzeug
Phil Lesh – Bassgitarre, Gitarre, Klavier, Gesang
Pigpen (Ron McKernan) – Mundharmonika, Gesang, Texte zu „Operator“
Bob Weir – Gitarre, Gesang
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