OPETH begeben sich mit ´The Last Will And Testament´ in die Nachlassverwaltung. Während sie thematisch ein Konzept über die Testamentsverkündung eines wohlhabenden Patriarchen nach dem Ersten Weltkrieg vorlegen, spielen die Männer um Mastermind Mikael Åkerfeldt musikalisch alle noch vorhandenen Trümpfe aus.
Derweil im Verlauf der Geschichte eine Intrige und Täuschung nach der anderen innerhalb des Familienkreises dieses konservativen Patriarchen zutage tritt, bieten OPETH mit ihrem farbenprächtigsten und facettenreichsten Werk eine natürliche Weiterentwicklung an.
Sie bringen wieder durchgehend Metal-Elemente in ihr Spiel, ohne ihre Prog Rock-, Jazz- und Klassik-Einflüsse einzubüßen. Denn allein die reiche Instrumentierung durch einige Tasteninstrumente wie Orgel und Mellotron sorgt für einen dramatischen und spannungsgeladenen Aufbau.
Während die Grundstruktur rein extrem metallisch ist und obwohl Mikael Åkerfeldt wieder growlt, ohne musikalisch auf den Death Metal zurückzugreifen, entfalten sich die Feinheiten in Progstrukturen. Neben dem Einsatz von vielfältigem Klargesang werden auch Ian Anderson (JETHRO TULL) als Sprecher des Anwalts und Mikael Åkerfeldt als Patriarch eingesetzt. Das London Session Orchestra, auch bei STORM CORROSION bereits involviert, bleibt dagegen für einige Streicheleinheiten dezent im Hintergrund.
Ein grelles Gitarrensolo schaut aus ´§1´ heraus und ein episch-traditionelles trägt zum großen Ausklang in ´A Story Never Told´ bei. Dazwischen singt ein weggetretener Poet in ´§2´ und spricht ein Ian Anderson zum Groove der Gitarren sowie der Dramatik der Tasten. Der rhythmische Gesang wirkt in ´§3´ und ´§5´ sogar kurzerhand orientalisch. Im dramatischen ´§4´ kommt die Flöte von Ian Anderson ebenso wie in ´§7´ zur Schau. In ´§5´ sorgt die Akustikgitarre für Stimmung und in ´§6´ überrascht ein Keyboard-Solo.
Wenngleich das Konzept keine direkt abgeschlossenen Lieder erlaubt, gelingt es OPETH wie nie zuvor ein progressives Konzeptalbum in seiner Gänze zu denken. Die zuletzt auszumachenden Qualitätsschwankungen sind vergessen, die Schweden begeben sich bei ihrem besten Werk seit ´Watershed´ anno 2008 auf eine kunstvollere und auf eine ausgefeilt höhere Ebene.
´The Last Will And Testament´ gehört zu den Sternstunden in der Karriere von OPETH.
(9 Punkte)
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Pic: Terhi Ylimaeinen