NENA – Nena – Remastered & Selected Works
1983/2024 (BMG) - Stil: Neue Deutsche Welle
Gabriele Susanne Kerner, besser bekannt unter ihrem Spitz- und Künstlernamen Nena, begann ihre Musikkarriere in der von Gitarrist Rainer Kitzmann gegründeten Musikgruppe THE STRIPES. Neben Bassist Frank Röhler spielte auch ihr damaliger Freund und Schlagzeuger Rolf Brendel in der mit englischen Texten auftretenden Band aus Hagen, die mit dem Lied ´Ecstasy´ sogar einen kleinen Hit zu verbuchen hatte.
„Komm nach Hagen, werde Popstar, mach dein Glück“, sangen zwar schon EXTRABREIT, doch als Nena von ihrer Plattenfirma einen eigenen Vertrag angeboten bekam, falls sie in Berlin eine deutschsprachige Formation aus der Taufe heben würde, zogen sie und ihr Freund Rolf Brendel nach West-Berlin.
Obwohl THE STRIPES erst am 3. März 1982 offiziell aufgelöst wurden, begann Nena mit Uwe Fahrenkrog-Petersen (ODESSA, KATIA, später VOODOO X) im Jahre 1981 an dem Projekt NENA zu arbeiten. Mangels anderer Ideen entschied man sich zusammen mit Manager Jim Rakete, den Spitznamen „Nena“ der Sängerin als Bandnamen zu verwenden.
Keyboarder Uwe Fahrenkrog-Petersen schrieb zu Beginn die zwei minimalistischen und elektronischen Songs ´Nur geträumt´ und ´Ganz oben´ ganz bewusst im Sinne des Post Punk und stellte sie Nena und Rolf Brendel vor. Beide waren von den Liedern völlig angetan und schrieben sogleich die passenden, deutschsprachigen Texte. Diese beiden Songs dienten hernach als Blaupause für den NENA-Sound.
Derweil erschienen Gitarrist Carlo Karges (u.a. NOVALIS, EXTRABREIT, Ulla Meinecke) sowie Multi-Instrumentalist und Bassist Jürgen Dehmel auf der Bildfläche, so dass die Traumbesetzung komplett war.
Obwohl sich die Neue Deutsche Welle längst auf dem Rückzug befand, konnten NENA nochmal für Furore sorgen. Ihr Debüt, im SPLIFF-Studio von Reinhold Heil und Manne Praeker innerhalb von drei Wochen produziert, wurde zu einem der essenziellen Werke der Deutschrock-Historie.
Jugendliche Texte, zeitgemäße Musik und eine Sängerin im topaktuellen Outfit sollten schließlich reichlich Abnehmer finden.
Die erste Single von NENA erschien mit dem Titel ´Nur geträumt´ im Juni 1982, wurde jedoch erst nach einem Auftritt in der Fernsehshow “Musikladen” ein großer Erfolg. Sie stand in der Folge sechs Wochen lang auf Platz 2 der deutschen Charts.
Die Nachfolgesingle ´99 Luftballons´ verbrachte gar sieben Wochen auf Platz 2, ehe sie den ersten Platz erreichte. Selbst in den USA kletterte sie Anfang 1984 bis auf Platz 2, entfacht vom K-ROQ Los Angeles Radio-DJ Rodney Bingenheimer und den sich anschließenden College-Radiostationen. Die englische Version ´99 Red Balloons´ schaffte es in Großbritannien sogar auf Platz 1.
Ein Debütalbum mit drei Hit-Singles – ´Nur geträumt´, ´Leuchtturm´ und ´99 Luftballons´ – im Jahre 1983 und ein Welthit – ´99 Luftballons´/´99 Red Balloons´ – im Jahre 1984 – was will eine junge Band mehr?
40 Jahre später immer noch gehört werden – und zwar mit einer speziellen Jubiläumsausgabe, bei der alle Originaltitel von den Originalbändern remastert wurden, nebst einem zweiten Longplayer mit weiterem unveröffentlichten Material, etwa der französischen Version von ´Nur geträumt´ und bislang ungehörten Live-Tracks von 1984er Live-Konzerten. Ein rotes Doppel-Vinyl im Dreifach-Gatefold enthält obendrein ein Sammlerposter, bedruckte Innenhüllen mit Artwork, Credits und Songtexten sowie Archivfotos.
Den Welthit kennt natürlich jeder: “Die Vision für das Lied hatte unser Gitarrist Carlo Karges, als wir mit der Band 1982 in einem Rolling Stones-Konzert in Berlin waren. Am Ende der Show ließen die Stones Ballons hochsteigen, die der Wind Richtung Mauer, Richtung DDR trug. Carlo hat sich bei diesem starken Bild damals die Frage gestellt, was alles passieren könnte, wenn das jemand falsch versteht. Noch in derselben Nacht schrieb er den Text, zeigte ihn mir am nächsten Tag im Proberaum. Schon beim Lesen der Zeilen liefen mir Schauer über den Rücken, und ich wollte das sofort singen.“
Aber auch die restlichen Songs sind äußerst unterhaltsame Achtzigerjahre-Popmusik, die einst nicht nur Kinder und Jugendliche in einem guten Jahr für Synthie-Pop-Debüts begeisterte und natürlich auch heute noch überzeugen kann.
Dass die Gruppe NENA eine organisch gewachsene Band war, bei der jeder seinen Beitrag leistete, und nicht das Solo-Projekt ihrer Sängerin Nena, bewies die Formation mit jedem einzelnen Song.
Den NDW-Klassiker ´Kino´ (“Um Mitternacht läuft das Spätprogramm.”) schrieb der Ruhepol der Band, Schlagzeuger Rolf Brendel. Der erfahrene Gitarrist, und Herzstück der Band, Carlo Karges komponierte das rhythmische ´Indianer´ mit seinen “Heyaheya”-Rufen (“Viele Helden, viele Krieger, kehrten nie zurück.”), die legendäre Ballade ´Vollmond´ (“Komm mit mir tanzen, und ich küss’ dich dafür.”), selbstredend ein üblicherweise Reggae beeinflusstes ´Ich bleib’ im Bett´ (“Die Welt ist so hektisch, hier ist es so nett. Mich kann heut nichts reizen, jede Action wäre Stress.”) und den klassischen Rock eines ´Noch einmal´ (“Und es tut immer wieder gut. Und es tut immer wieder weh. Und es ist irgendwie verrückt. Und es ist irgendwie okay.”).
Keyboarder Uwe Fahrenkrog-Petersen, der Häuptling der Band, brachte natürlich ´Nur geträumt´ (“Wir hab’n uns lang nicht mehr gesehen. Ich werd’ mal zu dir rüber gehen. Alles, was ich an dir mag. Ich mein’ das so, wie ich es sag’.”) sowie gemeinsam mit Carlo Karges ´99 Luftballons´, zusammen mit Rolf Brendel die klassische NDW’ler Ballade ´Zaubertrick´ (“Komm her, ich kann den Zaubertrick. Je fais des rêves en plastique.”) und mit Nena den einmaligen ´Leuchtturm´ (“Ich geh’ mit dir, wohin du willst, auch bis ans Ende dieser Welt.”) auf das Papier.
Manne Praeker von SPLIFF steuerte noch ein für ihn charakteristisches ´Einmal ist keinmal´ (“Der Ruf ins andere Land. Das Ziel ist nicht bekannt.”) bei und Bassist Jürgen Dehmel, der musikalische Erbauer in der Band, schrieb mit Nena und Carlo Karges das spacige ´Tanz auf dem Vulkan´ („Ich hör’ wie drüben jemand schreit, zum letzten Atemzug bereit.”) sowie allein mit Carlo Karges das elektro-kraut-rockig abgefahrene ´Satellitenstadt´ (“Dies ist die Welt der Zukunftsstadt, die alles außer Wärme hat.”).
(Unvergänglicher Klassiker)