DONALD BYRD – Kofi
1995/2024 (Blue Note) – Stil: Jazz
Der US-amerikanische Trompeter Donald Byrd veröffentlichte im Jahr 1956 mit ´Byrd Jazz´ sein Debüt als Bandleader, es folgten große Werke wie ´Byrd’s Eye View´ (1956), ´The Young Bloods´ (1957), ´Jazz Lab´ (1958), ´Byrd In Hand´ (1959), ´A New Perspective´ (1964) und ´Electric Byrd´ (1970).
Allein aus dieser Zeitspanne, zwischen seinem ersten Album und dem ersten aus den Siebzigerjahren ist die schwindelerregend schnelle Entwicklung der Jazzmusik jener Tage abzulesen: gestern noch Hard Bop, morgen bereits Jazz Fusion und Avantgarde.
Vor und nach den Aufnahmen zu ´Electric Byrd´ arbeitete Donald Byrd aber auch schon am 16. Dezember 1969 und 4. Dezember 1970 in den “A&R Studios” von New York City an einem weiteren Studioalbum, das durch “Blue Note” allerdings erst im Jahre 1995 unter dem Titel ´Kofi´ veröffentlicht werden sollte.
Trompeter Donald Byrd nahm bei diesen zwei Sessions mit Tenorsaxophonist Frank Foster, Pianist Duke Pearson, Bassist Ron Carter und Schlagzeuger/Perkussionist Airto Moreira auf.
Beim ersten Treffen war ebenfalls Posaunist William Campbell, Tenorsaxophonist/Flötist Lew Tabackin und E-Bassist Bob Cranshaw anwesend, beim zweiten Termin Gitarrist Wally Richardson sowie die beiden Schlagzeuger Mickey Roker und Dom Um Romão.
Während sich Donald Byrd mit dem Album ´Fancy Free´ (1969) immer mehr dem Jazz-Fusion und Jazz-Funk zuwandte, hielt er bei ´Kofi´, mit einem gleichzeitigen Blick auf die künftige musikalische Ausrichtung, seinen Hardbop-Wurzeln noch die Treue.
Aktuell erscheint ´Kofi´ in der „Tone Poet Vinyl“-Reihe von “Blue Note” in einer Neuauflage und Pressung, d.h. audiophiles, rein analoges Mastering durch Kevin Gray von den Original-Analogbändern, in einer 180g-Vinyl-Pressung von RTI samt einem stabilen, glänzenden Tip-on-Single-Sleeve-Cover.
In diesem zeitlichen Übergang zwischen den bisherigen und künftigen musikalischen Ausdrucksweisen im Jazz entspricht ´Kofi´ der experimentellen Seite, die sich in der Mitte zwischen Hard Bop, Post Bop und Funk-Fusion positioniert. Diese musikalische Wandlung ist ebenfalls zwischen den einzelnen Kompositionen spürbar, bei denen Donald Byrd allerdings durchgehend Afrika, im speziellen Ghana im Sinn hatte.
Während sich der Titelsong ´Kofi´, dessen Übersetzung aus den westafrikanischen Akan-Sprachen „an einem Freitag geboren“ bedeutet, noch im Jazz der Ostküste zwischen Spiritual Jazz und Hard Bop über beinahe acht Minuten entfaltet, besonders zu Beginn Flötist Lew Tabackin und hernach Tenorsaxophonist Frank Foster, Trompeter Donald Byrd und Posaunist William Campbell, öffnet sich das beinahe zehnminütige ´Fufu´, ein Püree aus Maniok oder Yamswurzel, der Welt, um sich mit hypnotischen, west- und nordafrikanisch angehauchten Rhythmen dem Puls der Zeit zuzuwenden, zum Abschluss der Seite A mit beachtenswerten Vorstellungen an Flöte, Trompete und Tenorsaxophon.
Die Stimmung wird insofern auf Seite B immer offener. Ein siebenminütiges ´Perpetual Love´ durchleuchtet mit den Keyboards von Duke Pearson Raum und Zeit, während Donald Byrd mitsamt seinem Trompetenspiel einen Kollektivgeist im Sinne des frühen Miles Davis erzeugt. Neben der melodischen Spielweise von Donald Byrd begeistert nochmals Frank Foster am Tenorsaxophon. Im beinahe neunminütigen ´Elmina´ kommt Wally Richardson an der Gitarre zu einem funkigen Sound hinzu, in dem sich Trompete und Tenorsaxophon keineswegs zurückhalten können. In den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts sind solche Klänge berauschende Partymusik. Ein halbes Jahrhundert später steht der Plattenaufleger alleine im Partykeller, schlürft an seinem hochprozentigen Kaltgetränk und denkt an US-amerikanische Trompeter der Fünfziger- und Sechzigerjahre.
(9 Punkte)
Donald Byrd – Trompete
Frank Foster – Tenorsaxophon
Duke Pearson – E-Piano
Ron Carter – Bass
William Campbell – Posaune (# 1)
Lew Tabackin – Tenorsaxophon, Flöte (# 1, 2)
Wally Richardson – Gitarre (# 3–5)
Bob Cranshaw – E-Bass (# 2)
Airto Moreira – Schlagzeug (# 1 und 2), Percussion (# 3–5)
Mickey Roker – Schlagzeug (# 3–5)
Dom Um Romão – Schlagzeug (# 3–5)
https://www.facebook.com/donaldbyrdmusic