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CHARLES MINGUS – Oh Yeah

1962/2024 (Analogue Productions/Atlantic 75 Series) – Stil: Jazz

Der US-amerikanische Jazz-Kontrabassist Charles Mingus darf unumwunden als einer der bedeutendsten Jazzmusiker und -komponisten bezeichnet werden.

Seine produktivsten und erfolgreichsten Jahre waren die Fünfzigerjahre, in denen er bis in die Sechzigerjahre hinein einen Klassiker nach dem anderen produzierte, etwa ´Pithecanthropus Erectus´ (1956), ´The Clown´ (1957), ´Mingus Ah Um´ (1959), ´Blues & Roots´ (1960) und ´Tijuana Moods´ (1962).

Letztgenanntes Album hatte er bereits 1957 eingespielt, es erschien allerdings erst im Juni 1962. Zwei Monate vorher, im April 1962, wurde sein Album ´Oh Yeah´ veröffentlicht, das er wiederum am 6. November 1961 in den “Atlantic Studios” von New York City aufgenommen hatte.

Zusammen mit Charles Mingus (Klavier, Gesang) waren Rahsaan Roland Kirk (Flöte, Tenorsaxophon), Booker Ervin (Tenorsaxophon), Jimmy Knepper (Posaune), Doug Watkins (Bass) und Dannie Richmond (Schlagzeug) im Studio. Der angestammte Bassist Charles Mingus saß ausnahmsweise durchgehend am Klavier und sang.

´Oh Yeah´ erscheint derzeit zum 75-jährigen Jubiläum von „Atlantic Records“ im echten Goldstandard auf Vinyl.

Denn „Analogue Productions“ haben sich dem Jubiläum angeschlossen und veröffentlichen die Scheibe ihrerseits auf einem 180g schweren Doppel-Vinyl mit 45 rpm, natürlich gepresst bei „Quality Record Pressings“, vom analogen Original-Masterband von Kevin Gray gemastert, in einem aufklappbaren, massiven und glänzenden Gatefold Pocket Jacket.

Die bekannte Zusammenarbeit von „Acoustic Sounds“, „Analogue Productions“ und „Quality Record Pressings“ führt zu diesem fantastischen Sound, der diese Pressung gegenüber den bislang bekannten zweifellos herausragend cool tönen lässt. Schließlich klang ´Oh Yeah´ noch nie so cool. 

Jegliche Behauptungen, Jazz wäre überhaupt nicht cool, werden von ´Oh Yeah´ vollständig widerlegt. Charles Mingus konzipiert brillant und überraschend wie immer. Er agiert wie eh und je auf der Höhe der Zeit.

Ohne selbst Bass zu spielen, begleitet er mit seinem kraftvollen Jazzgefühl sein Ensemble am Klavier. Über ein ganzes Album hinweg ist es eine Premiere. Er singt, er schreit, malträtiert seine Tasten und feuert seine Mitmusiker an, für die er sich gleich zwei Saxofonisten und einen Posaunisten ausgesucht hat.

Rahsaan Roland Kirk als Hauptsolist ist ebenso verrückt und wahnsinnig wie Charles Mingus. Zusammen explodieren sie.

Das stark von Blues, Gospel und Soul inspirierte Werk enthält daher ausschließlich brillante Kompositionen. ´Oh Yeah´ ist vielleicht nicht das beste Werk von Charles Mingus, aber das unkonventionellste, leidenschaftlichste und hitzigste. Es besitzt sogar Humor.

´Oh Yeah´ enthält westlich und östlich von New Orleans den coolste Jazz.

Im Blues-Shuffle ´Hog Callin’ Blues´ treibt Charles Mingus seine Mannschaft, die temperamentvoll und beflügelt aufspielt, schon unbändig über die ersten sieben Minuten mit seinen Anfeuerungsrufen an.

Dagegen steigt im langsamen Blues ´Devil Woman´ der Rauch langsam heiß und stickig über neun Minuten auf, wenn von Sex, Drogen und Bräuten die Rede ist.

Wieder Hals über Kopf spielen alle in ´Wham Bam Thank You Ma’am´ auf. Von Charles Mingus angespornt, musizieren sie zum Ausklang der zweiten Seite geradezu überhastet und frei von der Leber.

Schwermütig oder überschwänglich im Wechsel präsentieren Charles Mingus und seine Mannschaft zum Einstieg auf der dritten Seite den Jazz-Gottesdienst ´Ecclusiastics´ über sieben Minuten mit Gospel und Blues, ganz wie im richtigen Leben.

Bedächtig wie ein Trauerfall wird ebenfalls das humorige Spiritual ´Oh Lord Don’t Let Them Drop That Atomic Bomb On Me´ vorgetragen.

Grotesk wird es mit dem ungezwungenen sowie überspannten ´Eat That Chicken´ und seinen Anklängen an Dixieland sowie Ragtime und in Anlehnung an die komischen Novelty-Songs eines Fats Waller.

Mit ´Passions Of A Man´ folgt sogar noch eine Steigerung. Zu verrückten Ausrufen und verbalen Äußerungen tragen sich Soundeffekte aus Cartoons und rituelles sowie traditionelles Trommeln zu.

Ein Wahnsinnsklassiker.

 

Charles Mingus – Klavier und Gesang
Rahsaan Roland Kirk – Flöte, Sirene, Tenorsaxophon, Manzello und Stritch
Booker Ervin – Tenorsaxophon
Jimmy Knepper – Posaune
Doug Watkins – Bass
Dannie Richmond – Schlagzeug

https://www.facebook.com/charlesmingus

 

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