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THE JESUS LIZARD – Rack

~ 2024 (Ipecac) – Stil: Noise Rock/Post-Hardcore/Alternative Rock ~


THE JESUS LIZARD aus Chicago hatten mit der überwältigenden Intensität ihrer legendären Live-Shows und der atemberaubenden Reihe an Alben, die von Steve Albini aufgenommen wurden, ihren Ruf als eine der einflussreichsten Post Punk-Bands der NIRVANA-Ära erworben.

Mit ihrem Wechsel zum Major-Label „Capitol“, den beiden Alben ´Shot´ (1996) und ´Blue´ (1998) sowie der Einstellung der langjährigen Zusammenarbeit mit Albini, klang das Quartett schließlich wesentlich cleaner und mit deutlichen Anleihen an Alternative Rock, wobei der Verlust des ursprünglichen Schlagzeugers Mac McNeilly und die schwachen Verkaufszahlen schon sehr bald ihr Ende bei der Industrie bedeuteten.

 

 

Nach der daraufhin folgenden Auflösung und ihrer Reformation 2009 sind THE JESUS LIZARD in ihrer ursprünglichen Besetzung für einzelne Shows aufgetreten, während David Yow auch als Frontmann von FLIPPER fungierte und ein Soloalbum veröffentlichte. Duane Denison bewies weiterhin sein Talent bei TOMAHAWK und wirkte auch bei einem Werk von Jack White mit, und auch David Wm. Sims und McNeilly waren in verschiedenen Projekten aktiv.

´Rack´ ist nun ihr erstes Album seit 26 Jahren und etabliert sie erneut als eine tighte Punk Band, die mit einem grundlegenden musikalischen Kalkül zurückgekehrt ist – und der Gegenüberstellung von laborartiger musikalischer Präzision mit rabiaten, aus den Fugen geratenen kathartischen Explosionen.

Vor allem die virtuose Präzision des Gitarristen Denison und der tollwütige Bühnentauchgang von Sänger Yow sind hier höchst präsent, und Songs wie etwa ´Falling Down´ fangen die Intensität der früheren Arbeiten der Band wieder ganz und gar ein.

Auch bei ´Alexis Feels Sick´ erinnert der Single-Note-Gitarren-Minimalismus und das manische Heulen des Frontmanns an den charakteristischen Sound der Band und besonders an die ´Goat´-Phase Anfang der 90er.

´Rack´ zeigt jedoch auch immer wieder auf, dass in THE JESUS LIZARD – so laut, aggressiv und disharmonisch sie auch sein mögen – auch viel melodisches Gesangshandwerk steckt.

Bei langsameren Songs, wie dem fiebrigen ´Armistice Day´ und dem gruseligen Monolog von ´What If?´, ist die Intensität jedenfalls genauso hoch, als müsse sich die Band auch auf anderem Terrain nachhaltig beweisen.

THE JESUS LIZARDs Album-Comeback lässt keinen Zweifel daran, dass eine der aufrührerischsten Post Punk-Bands der 90er es immer noch drauf hat und widerlegt die Theorie eindrucksvoll, dass Rock’n’Roll in erster Linie ein Spiel für junge Männer wäre. Auch mit Ü60 macht der Noise Rock offensichtlich eine ganze Menge Spaß!

(9 Punkte)

 

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Pic: Joshua Black Wilkins
(VÖ: 13.09.2024)