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FISH – Internal Exile

1991/2024 (Chocolate Frog Records) - Stil: Rock

In diesem Jahr schließt sich der Kreis. Nach über dreieinhalb Dekaden will Derek William Dick, eigentlich nur unter seinem Spitznamen bzw. Künstlernamen Fish bekannt, dem Musik-Business den Rücken zukehren. Die nach seinem letzten Studioalbum ´Weltschmerz´ geplante Abschiedstournee kann nun endlich durchgeführt werden: „Eine Tournee als Abschiedstournee zu bezeichnen, hat eine gewisse Schwere, und ich bin so froh, dass es mir gelungen ist, eine Best-of-Besetzung von Musikern aus meiner gesamten Live-Karriere zusammenzubringen. Es sind nicht nur hochtalentierte Musiker, sondern auch alte Freunde und Co-Autoren einiger meiner besten Songs. Es fühlt sich eher wie ein Hollywood-Film an, in dem sich Veteranen für eine letzte Mission zusammenfinden, als eine Rock‘n‘Roll-Tour.“

Passenderweise werden in diesem Zusammenhang seine ersten beiden Solo-Werke ´Vigil In A Wilderness Of Mirrors´ und ´Internal Exile´ als letzte Projekte auf seinem eigenen Label “Chocolate Frog Record Company” wiederveröffentlicht. „Es ist ein Gefühl der Vollendung, die ersten beiden Alben meiner Solokarriere erneut zu veröffentlichen, während ich mich der Farewell-Tour und meinem Rückzug aus der Musikindustrie nähere“, erklärt Fish. „Sie waren zu ihrer Zeit wegweisende Alben und die jüngsten Remixe von Calum Malcom haben ihnen neues Leben und neue Energie und eine völlig andere Dynamik verliehen. Die Schließung der Plattenfirma mit diesen Veröffentlichungen fühlt sich wie ein respektvoller und angemessener Abgang und ein dramatischer Abschluss einer Tür in meinem Leben an.“ Da er sich mittlerweile eher wie ein Autor, der singen kann, als wie ein Sänger, der schreiben kann, sieht, wird er seinen Lebensabend wohl mit dem Schreiben von Romanen verbringen.

1990 begann er allerdings voller Zuversicht seine Solo-Karriere. Sein Solo-Debüt ´Vigil In A Wilderness Of Mirrors´ wurde in den britischen Charts sogar ein Top 5-Album. Doch im Anschluss an die Tournee begann für ihn ein langwieriger Rechtsstreit mit seinem Label “EMI Records”, der selbst die Veröffentlichung von neuen Songs blockierte. Mit dem Bau eines eigenen Studios erschöpften sich unterdessen nicht nur seine körperlichen und geistigen Kräfte. Fish wetterte über das Musik-Business, klagte ausgiebig sein Leid über seine momentane Situation und nahm in dieser Stimmung mit Produzent Chris Kimsey das Nachfolgewerk ´Internal Exile´ auf.

Gleichwohl fand Fish mit diesem Album noch stärker zu sich selbst. Die Kompositionen waren verspielt und unterhaltsam zugleich. Sie waren bisweilen schlicht, aber mit ansteckenden Rhythmen versehen. Der Focus lag eindeutig auf der Stimme und dem Song an sich, denn diese enthielten natürlich erstklassige Texte eines äußerst wortgewandten Sängers und spielten sich eindeutig im Pop, Rock und Folk ab, samt weniger progressiver Elemente, aber stärker ausgeprägter keltischer Einflüsse und einem gewissen Maß an schottischem Nationalstolz.

´Internal Exile´, von Calum Malcolm neu abgemischt, erscheint derzeit in drei verschiedenen Ausführungen: als 3-CD-Digipak inklusive eines Buchs mit Fotos, Illustrationen und Songtexten, als Deluxe Edition mit 4 CDs+Blu-ray mit gebundenem Buch sowie als 2-LP-Vinyl-Edition.

Remix und Remaster von Calum Malcolm hauchen ´Internal Exile´ tatsächlich neues Leben ein. Die überarbeitete Songreihenfolge unter Einbezug der ehemaligen Bonuslieder führt auf dem aktuellen Doppel-Vinyl zu einem besseren Fluss der Kompositionen, kann dadurch aber auch nicht mehr die Qualität der einzelnen Songs optimieren.

Denn nur beinahe jagt ein Höhepunkt den nächsten. Der erste Album-Klassiker ´Shadowplay´ nähert sich gleichwohl zur Eröffnung aus verschiedenen Richtungen, inmitten sogar aus der Stille heraus äußerst dramatisch seinem unweigerlichen Höhepunkt, inklusive besonders kraftvoller Gitarren von Frank Usher und Robin Boult.

Der nächste folgt sogleich mit der eingängigen Glückspilz-Hymne ´Lucky´, mit einer am Ende versteckten Country-Epic an der Gitarre. Dem schließt sich die leidenschaftlich gesungene und theatralische Ballade ´Just Good Friends (Close)´ an. Allesamt innerhalb einer folkigen sowie zynischen und kampfeslustigen Atmosphäre vorgetragen.

Dennoch zieht sich ´Favourite Stranger´ in eine noch ruhigere und perkussivere Stimmung zurück, aus der das mysteriöse ´Tongues´ mit Wolfsgeheul umgehend emporsteigt. Der düstere Klassiker ist eine polemische Abrechnung mit dem Musik-Business und zeigt Fish in allen Belangen in Höchstform.

Dagegen tanzt im Anschluss die einstige, gutklassige Bonus-Coverversion ´Something In The Air´ von der Gruppe THUNDERCLAP NEWMAN aus dem Jahre 1969 immer noch mit ihrem Herzschlag-Beat aus der Reihe. Die frühere Bonus-Komposition ´Poets Moon´ ist im Gegensatz dazu eine unentbehrliche und geradezu klassische Komposition des ehemaligen MARILLION-Sängers.

Da erscheint die sanfte Ballade unter alten Gefährten ´Dear Friend´ zur rechten Zeit und der nächste Album-Klassiker folgt mit dem kraftvollen und nachdrücklich gesungenen ´Credo´ auf den Fuße. Auf den ursprünglichen, abschließenden Titelsong und keltischen Folksong ´Internal Exile´, samt heißem Akkordeon-Solo, folgt nun noch der tragische, langsam flott aufwallende ´Carnival Man´ zum Finale.

Ohne Groupie- und Enthusiastentum verdient dieser kleine Fish-Klassiker

8,5 Punkte

 


www.fishmusic.eu
https://www.facebook.com/derek.dick


Fish-Pics:
Andy Earl
Liam Dickson

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