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JOHN LENNON – Mind Games – The Ultimate Collection

~ 1973/2024 (Universal Music Recordings) – Stil: Rock ~


Anfang der Siebzigerjahre kämpfte John Lennon mit seiner politischen Stimme um größere Aufmerksamkeit. Sein politischer Aktivismus führte jedoch soweit, dass ihn die US-amerikanische Einwanderungsbehörde abschieben wollte. Der Streit wurde letztlich sogar vor Gericht ausgefochten und John Lennon durch das FBI abgehört.

Sein drittes Solo-Album ´Some Time In New York City´ war zur gleichen Zeit ein echter Fehlschlag, so dass er selbst beim geübten Komponieren ins Hintertreffen geriet. Ein Jahr lang hatte er keinen Song mehr geschrieben. Erst als er sich emotional und körperlich zurückzog, fand er wieder zu alter mentaler Stärke zurück. Innerhalb einer Woche schrieb er das Songmaterial für ein komplett neues Solo-Album, das den Titel ´Mind Games´ tragen sollte.

Erstmals produzierte John Lennon ein Album selbst und nahm es zwischen Juli und August 1973 mit der „Plastic UFOno Band“ auf. Dabei standen ihm Gitarrist David Spinozza (u.a. James Taylor, Paul McCartney, Ringo Starr), Bassist Gordon Edwards, Pianist Ken Ascher, Schlagzeuger Arthur Jenkins, Saxofonist Michael Brecker und der berühmte Session-Schlagzeuger Jim Keltner zur Seite.

Bei Erscheinen des Werkes konnte zumindest in dem Lied ´Intuition´ wieder ein heiterer und lebensbejahender John Lennon entdeckt werden. Songs wie ´Aisumasen (I’m Sorry)´ und ´One Day (At A Time)´ waren hingegen weiterhin von einer düsteren Note geprägt. Selbst die Liebeslieder ´Out The Blue´ und ´You Are Here´ konnten seinen Schmerz über den Beginn einer 18-monatigen Trennung von Yoko Ono nicht verheimlichen.

Politisch wurde er dieses Mal nur in dem Dreisekünder ´Nutopian International Anthem´ und in ´Only People´, während er sich in ´Meat City´ („Fuck a pig!“) und ´Mind Games´ („Make Love, Not War“) musikalisch dem Rock widmete sowie in ´Tight A$´ sogar dem Rockabilly. Beim Erscheinen auf der öffentlichen Bildfläche ließ somit jegliche überschwängliche Begeisterung erst einmal auf sich warten.

Als ´Mind Games´ im Jahre 2002 frisch abgemischt wurde, traten viele Klänge, die beim Original verborgen blieben, erstmals zum Vorschein. Daher erscheint das Werk im Jahre 2024 in einer großen Zahl neu abgemischter und erweiterter Mixe. Einer stellt den Gesang in den Vordergrund, ein anderer bestimmte Instrumente sowie ein weiterer tönt direkt aus dem Studio, roh und live gemischt, ohne Gesangseffekte, Bandverzögerungen oder Hall. Alle Lieder entstammen allerdings selbstverständlich den 15 originalen 2-Zoll-Multitrack-Session-Bändern und wurden mit einer 192-24-Digitalübertragung abermals frisch abgemischt. Ohnehin ist der Hörer ein halbes Jahrhundert später bezüglich aller Kompositionen milder gestimmt und erkennt darin den nachdenklichen John Lennon.

´Mind Games – The Ultimate Collection´ regt dementsprechend ebenso den Zuhörer zum Nachdenken an und erscheint in einer Fülle an Editionen, von der schlichten Digital-Version über 2-CDs und 2-LPs bis hin zu einem Deluxe-Box-Set mit 6-CDs und 2-Blu-Ray-Discs. Der schimmernde Höhepunkt ist eine 40 Pfund schwere Super Deluxe Edition als umfassende Zeitmaschine zu den Sessions und direkt in die Ära des Albums für schlappe 1.500 Taler.

„Everything will be okay in the end. If it’s not okay, it’s not the end,“ soll John Lennon einmal gesagt haben. ´Mind Games´ war zwar nicht sein größtes Solo-Werk, aber das Ende war gleichfalls noch nicht gekommen.

(8 Punkte)

 

https://www.facebook.com/johnlennon