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JACK WHITE – No Name

~ 2024 (Third Man Records) – Stil: Garage Rock ~


Jack White ist nicht nur ein produktiver Künstler, sondern auch ein erfinderischer Plattenfirmenbetreiber. Heimlich erhielten die Kunden von „Third Man Records“ im Juli ein unbeschriftetes Album, eine weiße 12″-LP allein mit den auf der A-Seite blau geschriebenen Worten „No Name“ in ihre Einkaufstüten gesteckt. Künstler und Songtitel wurden zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gegeben, die Leute nur im Nachhinein aufgefordert, das Vinyl aufzunehmen und via Downloads zu verbreiten.

Dieses Guerilla-Marketing lenkte zumindest wieder den Blick auf das Wesentliche, auf die Musik und ihren letzten Verfechter, das Vinyl. „Third Man Records“ lösten das Geheimnis hinter ihrem Marketing-Gag erst eine Woche später auf und kündigten eine offizielle, digitale Veröffentlichung für Anfang August an. Dieses jetzt unter dem schlichten Titel ´No Name´ erscheinende Werk hatte Jack White in den Jahren 2023 und 2024 in seinem „Third Man Studio“ aufgenommen und erweckt damit den analogen Rock ’n‘ Roll nochmals zum Leben.

In einem Jahr, in dem AC/DC für die ganze Welt den Rock nochmal auf die großen Bühnen zurückbringen und DEEP PURPLE verliebter in den Rock und vor allem frischer klingen als die meisten Jungspunde, sorgt überraschenderweise auch Jack White für einen der großen Rockmomente des Jahres 2024.

Die sechste Solo-Scheibe des ehemaligen THE WHITE STRIPES- und THE RACONTEURS-Rabauken braucht keine bahnbrechenden Erneuerungen oder Experimente. ´No Name´ ist einfach nur wild und feurig, besitzt die benötigte Lo-Fi-Produktion, die notwendigen Garagen Rock-Stücke und rückt sehr nahe an die WHITE STRIPES-Werke der Nullerjahre heran. Dementsprechend bleiben schnell ausgesprochene Superlative wie „das beste Album seit ´Elephant´“ nicht aus.

Jack White benötigt für den ewigen Glanz eines ´Old Scratch Blues´ nur ein lässiges Blues-Riff und eine heimliche Orgel, für die richtige Ölung eines ´Bless Yourself´ die passende Dröhnung und für die Einfachheit eines ´That’s How I’m Feeling´ nur einen eingängigen Bass.

Da qualmen die Gitarren, von CREAM (´It’s Rough On Rats (If You’re Asking)´) bis zu LED ZEPPELIN (´Tonight (Was a Long Time Ago)´), die Freaks springen in der Garage im Dreieck, erst recht zum unglaublich stark gesprochenen ´Archbishop Harold Holmes´.

Zum psychedelischen Sprengsatz ´Bombing Out´ drehen die Freaks dann endgültig durch. Wenn nicht schon direkt zuvor, pumpt der Bass des hitverdächtigen ´What’s The Rumpus?´ nunmehr alle Innereien ans Tageslicht.

Da helfen nur noch wehende Slide-Töne von ´Underground´ und ohrenbetäubend rockende Gitarren von ´Number One With A Bullet´ oder ´Missionary´. Denn zum finalen ´Terminal Archenemy Endling´ mit Bonham’schen Wirbeln werden sogar die Hunde losgelassen. Auch ein Jack White benötigt ausgefallene Eingebungen.

(8,5 Punkte)

 

https://www.facebook.com/jackwhite

 


Pic: David James Swanson