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RUTHLESS – The Fallen

~ 2024 (Fireflash Records) – Stil: Power Metal ~


Es ist irgendwie so 26 bis 27 Jahre her, da waren die letzten tapferen Krieger im Namen des wahrhaftigen Stahls in ihren Schützengräben versammelt, sich in die letzte große Schlacht zu werfen. Wie vor 200 Jahren die Trommler und Dudelsackspieler bei den britischen Streitkräften vor Waterloo hatten auch sie musikalische Begleitung, um den Feind psychologisch zu terrorisieren und sich selbst Mut zu machen. Heavy Metal ohne Gnade, ´Metal Without Mercy´ war ihre Schlachthymne und RUTHLESS war die mit ihnen marschierende Band. Mit stolzer Brust warfen sich die letzten Tapferen in die von den verkommenen Trendhorden entfachte Feuersbrunst, schrien sich im Rausch der Kampfeslust die Kehlen heiser und errangen letztendlich einen Sieg im Kampf ums schiere Überleben. Dabei waren RUTHLESS nur eine Vision, die Band gab es Ende der 90er nicht mehr und allein ihre frisch auf CD gebannten Frühwerke ´Metal Without Mercy´ und ´Discipline Of Steel´ hielten den Kampfgeist der wilden langhaarigen Kuttenträgerhorde aufrecht.

27 Jahre, ein Classic Metal Revival inklusive Old School Thrash Metal, die New Wave Of True Heavy Metal und diverse Spartenfestivals später. Die wiedererstarkten RUTHLESS veröffentlichen ihr mittlerweile viertes Album, das Dritte nach dem Comeback. Die Stellung wird gehalten, aber es ist wahrlich über die letzten bald 30 Jahre eine fürchterliche Abnutzungsschlacht geworden. Statt nach dem Durchbruch ins Mittelfeld und fast bis in den Mainstream, erzielt von Helden wie HAMMERFALL oder ICED EARTH, haben sich die einzelnen Waffengattungen geteilt und jede für sich in ihren eigenen Bunker einbetoniert. Viele Krieger sind gealtert und längst nur mehr Geschichtenerzähler.

Viele der inzwischen fast nicht mehr zu zählenden Warriors of Steel haben zwar das Herz am richtigen Fleck, jedoch nur schwächlich geschmiedetes Waffenmaterial. Viele haben weder das eine noch das andere. Und wer noch mit beidem aufwarten kann, stellt sich oft gegen die eigene Sache und die Tugenden, die sie mit sich bringt. Und bevor man sich versieht ist man als gestandener Headbanger, beiderlei Geschlechter und Hermaphroditen eingeschlossen, schon in eine aus den vermeintlich eigenen Reihen gelegte Sprengfalle getappt.

Aber es geschehen noch Zeichen und Wunder und es gibt noch die echten unbarmherzigen und grimmigen Mitstreiter. Teils Veteranen, teils jüngerer Generation, aber vereint in Leidenschaft und Entschlossenheit. Habe ich schon gesprochen, dass RUTHLESS bereits ihre dritte neue CD in nunmehr neun Jahren veröffentlichen? Das habe ich wohl. Bin ich mit dem neuen Material zufrieden und vollkommen davon gefangen genommen, wie einst von den beiden inzwischen mystisch verklärten Frühwerken?

Nachdem ich auch hier beim Saitenkult zu den Alben von 2015 und 2019 recht wohlwollende, jedoch auch irgendwie Verhalten klingende Kritiken las, war meine Neugier geweckt, da ich das ´They Rise´ Album von 2015 als durchaus cool in Erinnerung hatte. Und der Kauf der beiden mir noch fehlenden Scheiben hat sich definitiv gelohnt. Zumindest in meinem Universum.

Heavy Metal gibt es, gerade auf dem neuen Album. Facettenreich gestaltet, viele treibendere Headbanger, dann mit ´End Times´ eine epische Nummer mit schweren doomigen Parts und balladesken Momenten, mit ´Thulsa Doom´ ein rein schleppendes Stück. Und die Songs sind geil auf ihre Weise. Sie atmen Metal, sie duften, schmecken nach Metal, alles hier schreit nach Metal. Alles schon da gewesen, sicher auch in noch hymnischerer Form, aber hier stimmt der Sound, heavy, transparent, lebensecht. Hier stimmt die Performance, herrlich angriffslustig, leidenschaftlich und infernalisch brodelnd. Und so nach und nach machen sich Tendenzen zur Wiedererkennung breit. Besonders der Gesang von Sammy DeJohn ist einzigartig, aggressiv, furios und gerne melodisch, mit einer Powermetal Stimme, die einmal gehört, immer bei einem bleibt.

2024, Heavy Metal, es geht doch, es geht doch. Und so ist man weiter bei den 5 % und hält tapfer durch, weil es noch solche Kracher gibt, die einem das Halten des Tores gegen Trends und modernen Groovequatsch erträglich machen.

(8 Punkte)

 

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