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FIREBALL MINISTRY – Their Rock Is Not Our Rock

~ 2005/2024 (Ripple Music) – Stil: Beer Metal ~


Natürlich sind Label und Jahreszahl hierbei irreführend, da es sich nur um eine Wiederveröffentlichung handelt. Wobei das Wort „nur“ nicht ansatzweise die Qualität und Bedeutsamkeit dieses Albums widerspiegeln würde und wenn wir jene Aspekte in Betracht ziehen, muss man durchaus von einem Glücksfall sprechen. Ein großer Glücksfall, der uns diese Neuauflage eines großartigen Heavy Rock-Albums der letzten 20 Jahre auf einem der besten Plattenlabel aus genau jener Epoche schenkt.

„Ripple Music“ haben ihre „Beneath the desert floor“-Serie mit dem dritten Album von FIREBALL MINISTRY fortgeführt. Und bei diesem Label weiß man, die machen keine halben Sachen.

Ich hatte bis dahin gar nicht drüber nachgedacht, dass die nun fast 20 Jahre alte Erstauflage des Albums so vergriffen sein könnte. Aber es geht hierbei auch vornehmlich um die erste jemals gepresste Vinylauflage. Das Original von 2005, respektive die deutsche Lizenzauflage von 2006 gab es bislang nur als CD. Und ich möchte mal sagen, die gibt es noch zuhauf und relativ günstig. Schallplatten-Freunde kommen tatsächlich erst mit 19 Jahren Abstand auf ihre Kosten und natürlich gibt es das gute Stück dann in schwarzem und farbigem Vinyl.

Also eine Neuauflage, die auch richtig sinnvoll ist und wie gesagt, es handelt sich bei diesem Album um eines der Sahnestücke amerikanischen Heavy Rock der jüngeren Zeit. Die Aufmachung bei „Ripple Music“ ist natürlich immer hervorragend, das schöne Plattencover mit dem Hügel aus übereinander geschichteten Marshall-Verstärkern und Boxen macht natürlich im großen Format noch eine Menge mehr her.

Muss ich da noch groß auf die Musik eingehen? Nun, inzwischen ist eine ganze Ladung von potenziellen Fans nachgewachsen und viele alte Rocker trauen sich durchaus mal, über den Tellerrand hinaus zu blicken. FIREBALL MINISTRY sind nicht unbedingt die Meister der Innovation, sondern bedienen sich althergebrachter Muster, die man sicherlich schon zwischen 1968 und 1980 auf diese Weise von verschiedenen Interpreten gehört hat. Es sind nicht die Stilmittel und die Kompositionen, welche dieses Album so großartig machen. Beide Aspekte sind durchaus unterhaltend und tatsächlich haben die Melodien sogar einen gewissen Schmiss, der sie tief im Gedächtnis des Zuhörenden verankern kann.

Selbst wenn der mindestens 500 ähnliche Hardrock- und Heavy Metal-Schallplatten zu Hause hat. Aber wirklich herausragend hier sind die Stimme, oft vollmundig und in eher mittleren Lagen gehalten, etwas schmutzig und bodenständig dabei, dann aber auch wieder heller und schneidend, aber trotzdem eine gewisse Höhe nicht überschreitend und mit tiefer Emotionalität gesegnet. Eine Stimme also, die den klassischen Bereich von melancholischem Doom und Heavy Blues Rock bis hin zu saftigem Südstaaten Hardrock abdeckt. Für ein wenig Namedropping stellt euch Ozzy Osbourne und Danny Joe Brown von MOLLY HATCHET als Eckpfeiler vor. Und die instrumentale Darbietung ist einfach kaum von dieser Welt. Die Band ist fantastisch eingespielt. Sehr leidenschaftlich und in hellen Flammen stehend spielt sie ihre Songs.

Und eben jene Songs auf diesem Album liegen ebenfalls genau im äußerst klassischen und von vielen ursprünglichen Elementen der 60er und 70er, bis hin zu den späteren 80ern geprägten Bereich des harten Rock. Vielfach sind sie entspannt treibend, durchaus bodenständig cool und strahlen eine Zufriedenheit aus, wie sie so typisch scheint für erdige Kerle aus dem Süden. Dabei haben sie immer mindestens eine Lady an der Gitarre. Und ich kann euch sagen, die Gitarren hier dampfen förmlich. Und während beim hingebungsvollen Spiel der Lead-Gitarre schon Qualm von den Saiten aufsteigt, sie aber immer noch jede eigens für sie geschriebene Passage mit wunderbaren Melodien veredelt brodelt und kocht die Rhythmusgitarre derweil. Das ist auch einer der wenigen Schnittpunkte mit dem, was im hardrockigen Volksmund gern Stoner Rock genannt wird. Diese massiven Akkordfolgen, welche die schiere Wucht einzelner Riffs noch ausgeprägter spürbar macht.

Ich habe mir nicht ganz vor Jahresfrist den Vorgänger zu diesem Meisterwerk geholt, er hat mich schlichtweg niedergewalzt. Jetzt wage ich mich aus dem Jahre 2003 in das Jahr 2005 und genieße einen satten Heavy Rock, der nach und nach in meine Seele dringt. Es sind immer so einzelne Songs dabei, vielleicht auch nur
Melodiebögen, die eine gewisse Melancholie vermitteln. Die einem jene Gedanken in den Kopf pflanzen, welche man auf einer Motorradreise auf einem dieser endlosen Wüstenhighways der USA hat.

Der Hauptteil der Stücke spricht von Bourbon und Bier, welche man in einer freudvollen Runde mit seinen Jeans, Stirnband und T-Shirt tragenden Biker- oder Cowboyfreunden am Tresen oder am Tisch in einer leicht muffigen und doch Herzlichkeit ausstrahlenden Bar mit erdiger Live-Musik genießt, während schöne Mädchen mit gut gefüllten, abgeschnittenen Jeans und engen Blusen einen umschwärmen. Oder man trinkt Bier aus Dosen und jagd in den Sümpfen Louisianas Alligatoren zu solcher Musik. Wobei die Jungs und Mädels tatsächlich aus Los Angeles sind und dort wohl eher aus den abgründigeren Gegenden, so schmutzig und auf gewisse Weise lasziv verdorben wie sie klingen.

Jeder Freund von ehrlichem, erdigem Heavy Rock sollte diese Band als eine der besten in den letzten Jahren wertschätzen.

 

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