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THE WATCHERS – Nyctophillia

~ 2024 (Ripple Music) – Stil: Heavy Metal ~


Detroit, Mann! Motown, Ford, Chrysler, Lee Iacocca, Rock City, Ted Nugent, MC5, STOOGES, ALICE COOPER Band, HALLOWEEN, MESSIAH (epischer Christenmetal), da passt doch auch „Ripple Music“ dazu. Aber was ist das schon? In den letzten Wochen hab ich so viele Bands von diesem Label gehört, die nicht einmal die hypnotisch psychedelische Stonerdoomecke anvisiert haben. Die 80s New Wave / Goth inspirierten VITSKÄR SÜDEN aus den USA oder die finnischen Modern Melodic Metal Helden TERROMANIA. Jetzt sind „Ripple“ mit dem zweiten Album von THE WATCHERS am Start und wieder ist hier nix mit Stoner / Psyche / Sludge. Heavy ist es fürwahr, Heavy Metal.

Und das ist eine Platte geworden, die uns Headbangern schon vor 30 Jahren gefallen hätte. Zwischen den besten Momenten des amerikanischen 80er Metal, diesem leicht sleazigen Ausdruck bei ansonsten geschliffenen und doch wuchtigen Gitarrenläufen, einigen nachdenklichen bis sentimental angehauchten balladesken Momenten, gerade wenn eine klassische Hardrockballade angestimmt wird, dazu einem stets gegenwärtigen Hardrockgroove und einem 90er Einschlag Richtung Powermetal mit dezent progressiver Kante haben sie sich eingerichtet.

Die Platte duftet nach schwarzem Leder und Jeans. Nach Bier, Whiskey und Weibern. Dabei sind die Melodien packend und feurig, aber auch zugänglich.

Der Opener ´Twilight I Am The Dark´ hat diesen wuchtigen US Powermetal-/Powerthrash-Einschlag mit erhabenem Gesang, der eine gewisse aggressive Ausdruckskraft mit sich führt und Riffs, die eine Atmosphäre eines heraufziehenden Infernos erschaffen. Auch wenn es nie aus dem Ruder läuft, aber genauso mag ich meinen Powermetal.

Das folgende ´They Have No Gods´ hat einen schmissigen Refrain, der auch wieder leichtes 90er Powerprogfeeling versprüht, walzt, stampft und rollt kraftvoll über Dich hinweg, zeigt hier und dort schöne, mystisch wirkende Gesangsmelodien und regiert komplett mit technisch versierten und doch wilden Soli.

´Garden Tomb´ ist eher stampfend. Geniale Gitarrenleads fallen auf und machen Hunger auf mehr. Die Gesangslinien sind recht einfach, aber cool. Ein balladesker Abschnitt mit wunderschöner Melodieführung erscheint im weiteren Verlauf, wandelt sich aber rasch zu einem von wuchtigen Rhythmen und Riffs getragenen Solopart für die Leadgitarre. Virtuos, aber stets voller Emotionen wird diese komplett entfesselt.

THE WATCHERS haben aber doch fast in jedem Song diesen 90er Schlag, wo die Songs kompakter und die Gitarrenattacken massiver waren. Wo der Rhythmus stärker als die Melodie betont wurde und man gerne auch etwas schräge Linien einwarf. Ein Stück wie ´The Taker´ ist da ein Paradebeispiel und für Freunde filigraner 80er Riff und Melodie-Verflechtungen, epischer Harmonien und großer Refrains schon eine Herausforderung. Der Refrain zäh und leicht schräg, die Gitarren eher eine massive Wand aus Akkorden, die wie eine Welle über Dich rollt. Stampfend und eben sehr betont ist das Drumming. So entsteht eine wuchtig wogende Nummer, die immer noch metallisch klingt, aber keine Feinheiten für die überschweren Riffs braucht. Hypnotisch, dezent monoton, gut inszeniert und locker gespielt, immer grimmig knurrend präsentiert die Band ihre Gitarrenattacken und passt damit hervorragend ins „Ripple“-Roster. Wobei man die ganzen Melodien und Akkorde so lassen könnte, sie nur rhythmisch anders spielen müsste, treibender, mit etwas mehr Kick, dann landete man wieder beim US Heavy Metal mit sleaziger Heavy Rock-Kante. Aber hey, coole Nummer.

Anderen Orts, ich springe mal hin und her, gibt es mit einem Song wie ´Nyctophillia´ Powermetal alter Schule auf die Ohren, allein der Gesang ist weniger exaltiert, dafür etwas grantiger. Tolle Riffs, geiler Refrain.

Ist diese Platte eine Mischtüte (Englischsprachler sagen ´Mixed bag´)? 90er Trend und 90er Trueness vereint? Ich sag ja, der fanatische Powermetalhörer wird sich hier die Zähne das eine ums andere Mal ausbeißen. Wer damals wagemutig eine Band wie HADES und ihre Ableger NON FICTION mochte, bekommt Musik auf die Ohren, die nicht weit von den Helden fort liegt, aber natürlich eine eigene Linie fährt. Aber auch bei den Amilegenden kamen diese massiven Akkordwalzen zum Einsatz, zähere Momente und angeschrägte Melodien, allerdings in ebenso gutem Mischverhältnis wie bei THE WATCHERS. Es ist halt „acquired Taste“, aber wer gerne über die aktuelle NWoTHM hinausblickt, heavy Musik mit nachhaltigen Songs liebt, der findet sich hier wieder.

(8,5 Punkte)

 

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