JOE BONAMASSA – Live At The Hollywood Bowl -With Orchestra-
~ 2024 (Mascot) – Stil: Blues Rock / Klassik ~
Rockmusik und Orchester sind nicht unbedingt mein Fall. Ich erinnere mich noch an die Steinzeit-TV-Zeiten als DEEP PURPLE sonntagmorgens aus der Konserve mit Orchester spielten. Oder eher abwechselnd mit Orchester. Ritchie haute in die Gitarre und dann legten die Geiger los und dann wieder der Rock… Sorry, ich will keine Diskussion lostreten, so schlecht war das nicht. THE NICE waren aber auf jeden Fall besser. Später habe ich mir solch Zeugs nicht mehr angehört. Irgendwelche Thrash-Metaller, Punker oder Altrocker, die mit Oboen und Bratschen ihre alten Songs aufblasen – peinlich und grausam. Man muss nicht alles anhören.
Aber bei Joe Bonamassa im musikgeschichtsträchtigen “Hollywood Bowl” bin ich ohne Vorurteile rangegangen und habe gehofft, dass das erträglich ist. Und wirklich, die Platte macht insgesamt Spaß. Joe hat zwei Fehler nicht gemacht: Erstens stellt er nicht seine Gitarre in den Vordergrund und erdrückt alle anderen Instrumente. Zweitens setzt er mehr auf klassische Rock-Songs und nicht auf klassische Blues-Stücke. Das mit dem Blues kann funktionieren, aber sparsamer Blues ist zumindest mir meist deutlich lieber. ´When One Door Opens Overture´ ist der erwartete klassische Einstieg, dann gibt es zunächst harte Gitarrentöne bei ´Curtain Call´ und guten, sanften Gesang. Die Rockband spielt zusammen mit dem Orchester und nicht aneinander vorbei. Guter Auftakt.
´Self Inflicted Wounds´ ist im Halbballadenmodus mit viel Bass und sanften Streichern und Bläsern. Joe und die Musikerinnen und Musiker nehmen sich Zeit, zusammenzuwachsen. Und Joe zeigt, wie auf vielen Songs, was für ein starker Sänger er ist, das mit dem Gitarrenspiel weiß man ja schon. Das mit dem Gesang vergisst man zu oft. Ein sehr schöner Song mit viel Gefühl, vorsichtig verstärkt vom Orchester. Und da darf dann die Gitarre auch ruhig mal ganz in den Vordergrund rücken. Wäre ja schade. ´No Good Place For The Lonely´ zeigt, dass auch Blues und Orchester geht (haben ja B.B. King und andere auch schon bewiesen). Klar, klingt es auch ein wenig nach Las Vegas. Aber nicht unangenehm. Bei ´Ball Peen Hammer´ darf auch die Orgel wieder stärker unterstützen, bei ´The Last Matador´ wird zu Anfang die Trompete meisterhaft geblasen, bevor es ziemlich melodramatisch und auch kuschelig wird, Joe erinnert gesanglich an die großen Rock-Crooner. Die Gitarre passt sich dem Song an, wenige Töne sind hier mehr.
´Prisoner´ ist ein weiterer starker Song, gedoppelt mit sanftem Background-Gesang und WISHBONE ASH-Gitarren. ´Heartaches´ macht dem Namen alle Ehre. Joe hält sich dann für den Schluss des Abends weitere Höhepunkte offen, es wird an die für mich beste Zeit erinnert, als er seinen Blues mit starkem Rock erweiterte und das Songwriting richtig aufregend war. Seine rockigen Klassiker ´The Ballad Of John Henry´ und ´Sloe Gin´ gibt es in neuen, spannenden und langen Versionen.
Sicher ist ´Live At The Hollywood Bowl With Orchestra´ jetzt nicht die sensationelle Blaupause für Rock und Klassik/Orchester, aber Joe wirft seine ganze musikalische Klasse in den Opern-Ring und die Platte steht dadurch locker auf der Gewinner-Seite der Verschmelzung von Klassik und Rock. Die Musik ist nicht nur erträglich, nein, sehr, sehr schön und teilweise ist das Zusammenspiel ziemlich beeindruckend. Ich weiß, Joe polarisiert mit seinen vielen Veröffentlichungen, aber die Qualität ist immer sehr gut und auf hohem Niveau.
(8,25 Punkte)
https://www.facebook.com/JoeBonamassa
(VÖ: 21.06.2024)