TEMPLE OF THE FUZZ WITCH – Apotheosis
~ 2024 (Ripple Music) – Stil: Blackened Doom ~
Wenn ich an einem Sonntag wie diesem bei beginnendem Frühlingswetter am Morgen um Acht über den von mir als Security zu bewachenden Lagerplatz einer Großbaustelle in direkter Elbnähe meine Runden drehen, im Norden die elbseitige Rückseite der Elbechaussee Blankenese, im Osten der Containerhafen Hamburgs, drumherum Verlassenheit ehemaliger Industrieflächen, bei der die alte Bebauung längst Staub ist und nur noch das archaische Kopfsteinpflaster der Straße vom einstmals pulsierenden Leben hier kündet, dann intensiviert das ´Apotheosis´-Album der Amis TEMPLE OF THE FUZZ WITCH dieses Gefühl erhabener Einsamkeit und Leere noch. Gut, da ist allerlei Gerümpel inklusive Einbauteile auf meiner Lagerfläche, aber außer Krähen und mir kein lebend Wesen.
Und das zerrige Knirschen und knirschende Zerren der Bassgitarre auf rollendem Beat im eröffnenden Part des ersten Stücks, sowie die keifig fauchende Stimme zu monotonen Doomriffs oftmals klassischer Natur buhlen schon um meine Gunst. Irgendwie könnte der Shouter auch bei der neuesten NIDROSIAN Hipsterblackmetalsensation aus der TERRATUR POSSESSIONS-Kultschmiede eine gute Figur abgeben (und ich gestehe ohne Scham, mir liebend gerne diese ganzen Sachen zu kaufen, weil ich schlichtweg auf diesen NIDROSIAN-Kult abfahre. Bin ja Saschbär – Sir Lord Doom, der Hipsterguru). Aber die Musik dazu spricht ihre eigene Sprache. Zerre an, wie im Bandnamen versprochen. Magie und Hexerei dem schön zäh mahlenden Klangstrom beigemengt und ab dafür. Neben dem Gefauche noch schöne anderthalbtönige Klargesänge dabei und es saugt einen weg.
Hypnotisch, heavy, irgendwie im Gitarrenbereich teils urklassisch, nur extremer in der Darstellung, tosend und wogend umspült Dich die Musik und zieht Dich auf einmal in unaussprechliche Tiefen. TOTFW (ich verweigere mich dem Ausschreiben dieses Bandnamens) haben natürlich keinerlei Ambitionen, hier innovativ zu werden. Aber wer “Ripple Music” kennt, der weiß von dem gewissen Etwas, welches ihre Releases bisher stets mit sich bringen. So auch TOTFW.
Diese bestialisch harte Verzerrung, das zermalmende Knirschen, dieser Schmutz. Dazu immer wieder auftauchende Elemente vom Deathmetal alter Schule, die sich in vereinzelten Riffs kurz vor der Eruption stehend und dann doch gezähmt und zurück zum Doom geführt oder in treibenden Abschnitten voller Schmutz und wilden Gefühlen äußern. Das kann nur in einer nach dem Sterben der großen Industrie zu einem Höllenloch verkommenden Stadt wie Detroit entstehen.
Aber TOTFW wissen immer noch, warum man ab und an die Klippen der totalen Verkommenheit und die unter ihnen liegenden Abgründe von Resignation, Frustration und Trostlosigkeit umschiffen und stattdessen fast schon fröhlich rockend, aber durch die extrem zerrige Darstellung und den immer wiederkehrenden Keifgesang herrlich verdorben wirkend einen Hitsong zu inszenieren. Die Seele der Spielenden und Zuhörenden wird es danken.
Heavy ist dieses Album die gesamte Spielzeit über, aber es lastet nicht nur schwer, sondern drückt Dir zuweilen eine Dose Pils in die Hand und zündet Deine Gewürzzigarette an, damit Du auf den Wogen seiner reichlichen Riffschwere entspannt dahingleiten kannst.
Solche Bands hat es einige gegeben in den letzten 20 Jahren. TOTFW sind keine Stilrebellen. Sie führen weiter, was ELECTRIC WIZARD, WARHORSE oder WINDHAND vor ihnen bereits zelebriert haben. Sie sind jedoch schon auf gewisse Weise Hohepriester des Kultes. Sie bringen Eingängigkeit und durch ein sprödes Klanggewand entstehende Sperrigkeit zu einem Punkt, wo beide einander umschlingen, eins werden und das Feuer der Leidenschaft heiß und hell brennen lassen.
Manchmal hab ich hier echt so ein Gefühl von POPMUSIK. Dabei sind TEMPLE OF THE FUZZ WITCH durchaus Extremisten. Coole Platte, Dudes.
(8,5 Punkte)
https://www.facebook.com/TotFW/
(VÖ: 05.04.2024)