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OTIS REDDING – The Dock Of The Bay

~ 1968/2024 (Analogue Productions/Atlantic 75 Series) – Stil: R&B/Soul ~


Der US-amerikanische Sänger und Songwriter Otis Ray Redding Jr. stand 1967 kurz vor dem großen Durchbruch. Er trat beim “Monterey International Pop Music Festival” auf und war mit seiner Begleitband, den BAR-KAYS permanent auf Tournee. Während eines Engagements im “Basin Street West” in San Francisco fand er erstmals wieder Zeit, neue Songs zu komponieren. Um den stürmischen Fans im Hotel zu entkommen, bot ihm Promoter Bill Graham sein Hausboot in Waldo Point Harbor an. Dort saß Otis Redding mit der Gitarre in der Hand, ließ seine Beine ganz entspannt im Wasser baumeln und hatte schon bald die ersten Textzeilen eines neuen Songs im Kopf: “Sittin’ in the morning sun, I’ll be sittin’ when the evening comes.”

Mit seinem Songwriting-Partner Steve Cropper, Gitarrist bei BOOKER T. & THE M.G.’s und auch in “Monterey” auf der Bühne, stellte er den Song im “Stax”-Aufnahmestudio in Memphis fast fertig. Er hatte den Sommer über viel von den BEATLES gehört und wollte etwas neues kreieren, keine Ballade und keinen Uptempo-Song. Nach einer Woche im Studio wussten sie, dass diese neue Komposition ein Publikumserfolg werden würde. Sie feilten noch täglich an ihr und fügten ein Pfeifen von Otis hinzu. Diese neue Komposition hieß ´(Sittin’ On) The Dock Of The Bay´.

Doch Otis Redding selbst erlebte den finalen Mix des Songs nicht mehr, er starb im Alter von 26 Jahren bei dem Absturz eines Charterflugzeugs zusammen mit den meisten Mitgliedern der BAR-KAYS. Für Otis war der Song noch nicht finalisiert. Daher musste Steve Cropper die schwierigste Aufgabe seines Lebens meistern und integrierte noch die von Otis gewünschten Klänge von Möwen und Wellen.

Einen Monat später, im Januar 1968 wurde ´(Sittin’ On) The Dock Of The Bay´ veröffentlicht und stand im März an der Spitze der Billboard Charts. Das dazugehörige Album ´The Dock Of The Bay´ erreichte als erstes posthumes Album Platz eins der britischen Albumcharts.

Dieses erste posthum veröffentlichte Album von Otis Redding erscheint derzeit zum 75-jährigen Jubiläum von „Atlantic Records“ wieder auf Vinyl. Dem haben sich „Analogue Productions“ angeschlossen und veröffentlichen die Scheibe ihrerseits auf einem 180g schweren Doppel-Vinyl mit 45 rpm, natürlich gepresst bei „Quality Record Pressings“, vom analogen Original-Masterband von Bernie Grundman gemastert, in einem aufklappbaren, glänzenden Tip-on Gatefold Pocket Jacket.

Die bekannte Zusammenarbeit von „Acoustic Sounds“, „Analogue Productions“ und „Quality Record Pressings“ führt zu diesem unglaublichen Sound, der diese Pressung gegenüber den bislang bekannten großartig klingen lässt und den Zuhörer scheinbar direkt neben dem Künstler am Dock in der Bucht platziert.

Das Album selbst wirkt in seiner Gänze allerdings erst als Einheit, wenn der weltberühmte Opener ´(Sittin’ On) The Dock Of The Bay´ verklungen ist. Denn nichts auf der Scheibe, kein anderer Song klingt wie dieser, selbst die anderen aktuellen Singles nicht, das energische ´Don’t Mess With Cupid´, das aus der Sentimentalität himmlisch aufschwingende ´The Glory Of Love´ und ´I’m Coming Home´. Schließlich hatte Otis Redding auch keine Gelegenheit mehr, weitere Lieder auf diese Art und Weise zu komponieren.

 

 

Doch Steve Cropper wählte aus den letzten Aufnahmesitzungen noch echte Juwelen aus, herausragende und außergewöhnliche. Die leidenschaftliche Ballade ´I Love You More Than Words Can Say´ sang Otis Redding mit solch einer Inbrunst und ´Let Me Come On Home´ in vollem Überschwang, während ´The Huckle-Buck´ einen neuen Tanz anführte und ´Open The Door´ geradezu herzzerreißend erschien.

Hinzu kam der Geschlechterkrieg ´Tramp´ mit Carla Thomas als Gesangspartnerin, der bereits im 1967er Album ´King & Queen´ seine Verwendung fand, das schmerzhafte ´Nobody Knows You (When You’re Down And Out)´ aus dem 1966er ´The Soul Album´ und das erlesene ´Ole Man Trouble´ aus dem 1965er Werk ´Otis Blue´.

Otis Redding wollte ohnehin den Beschränkungen eines Single-Künstlers entkommen und verfolgte seit seinem Studio-Album ´Otis Blue´ einen eigenen Ansatz. Dort präsentierte er Soul-Klassiker neben eigenen Songs sowie aktuell populäre Lieder, in ´Otis Blue´ etwa von den ROLLING STONES.

Demgegenüber wurde ´The Dock Of The Bay´ aus eigenen bekannten Songs und Singles sowie unveröffentlichten Aufnahmen zusammengestellt. Besonders mit letzteren konnte Otis Redding nochmals posthum überraschen und zugleich Herz und Seele berühren, versuchte er doch längst aus der Enge des Memphis-Soul auszubrechen, wie der Jahrhunderthit ´(Sittin’ On) The Dock Of The Bay´ bezeugt: “I’m sittin’ on the dock of the bay. Watching the tide roll away.”

(Klassiker)

 

 

Otis Redding – Gesang
Booker T. Jones – Keyboards, Piano
Isaac Hayes – Keyboards, Piano
Steve Cropper – Gitarre
Donald Dunn – Bass
Al Jackson Jr. – Drums
Wayne Jackson – Trompete
Joe Arnold – Tenorsaxophon
Carla Thomas – Gesang auf ´Tramp´

 

https://www.facebook.com/otisredding

 

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