ROY HAYNES QUARTET – Out Of The Afternoon
~ 1962/2023 (Impulse/Acoustic Sounds Series) – Stil: Jazz ~
Der mittlerweile 98 Jahre alte US-amerikanische Jazz-Schlagzeuger Roy Haynes ist längst eine lebende Legende. Er spielte in jungen Jahren nicht nur mit den Großen des Jazz, mit dem Saxophonisten Charlie Parker, dem Saxophonisten Lester Young oder dem Pianisten Bud Powell zusammen, nahm mit Miles Davis, John Coltrane, Thelonious Monk, Sonny Rollins, Eric Dolphy, McCoy Tyner und Jackie McLean auf, sondern produzierte auch seine eigenen Werke.
Am 16. und 23. Mai 1962 nahm er in den “Van Gelder Studios”, Englewood Cliffs, New Jersey, ein kühnes Studioalbum auf, ein mit echtem Entdeckergeist ausgestattetes Werk des Post Bop und Hardbop. Gleichzeitig wurde in der idyllisch gelegenen Umgebung des Studios auch das Foto für das in jenen Tagen außergewöhnliche Cover-Artwork geschossen.
Bis heute ist allerdings ungeklärt, wie Roy Haynes im Mai 1962 diese beispiellose Besetzung um sich versammeln konnte. Eventuell begegneten sich Roy Haynes und Roland Kirk im New Yorker “Five Spot Café” und fassten dort den Entschluss für diese gemeinsamen Aufnahmen, die über die Jahrzehnte hinweg immer populärer wurden. Allein das jeweilige Interesse an den einzelnen Musikern hätte die Hörerschaft von ´Out Of The Afternoon´ entsprechend potenzieren müssen, so dass dieser stille Klassiker eigentlich weltbekannt sein sollte.
´Out Of The Afternoon´ erscheint gegenwärtig in der „Acoustic Sounds Serie“, bei der „Impulse“ und das Vinyl-Label „Acoustic Sounds“ zusammenarbeiten, um in einer audiophilen LP-Serie gehobenen Ansprüchen gerecht zu werden. Die Vinyl-Fertigung erfolgt von den Originalbändern bis zur Pressung auf 180g-Vinyl bei Quality Record Pressings (QRP) rein analog. Die von Ryan K. Smith gemasterte LP befindet sich in einer wattierten Innenhülle und einem glänzenden Tip-On-Gatefold-Cover.
Bei den Aufnahmen zu ´Out Of The Afternoon´ ist nicht nur Roy Haynes (Schlagzeug) blendend aufgelegt. Tommy Flanagan (Piano, zuvor in den Reihen von Miles Davis, Sonny Rollins und John Coltrane) zeigt sich gleichsam in Hochform wie Henry Grimes (Bass, zuvor in den Reihen von Charles Mingus, Thelonious Monk und Sonny Rollins) und der äußerst selten in anderen Formationen auftretende Multiinstrumentalist Roland Kirk (Tenorsaxofon, Manzello, Flöte, Nasenflöte) in bestechender Form, er spielt häufig sogar mehr als zwei Instrumente gleichzeitig, ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen.
Roy Haynes eröffnet das Spektakel auf grüner und duftender Wiese mit einem Beckenschlag. Tommy Flanagan am Piano und Henry Grimes am Bass folgen ihm zweifelsohne umgehend auf den Fuße, bevor Roland Kirk mit seinem Tenorsaxofon endgültig die Melodie von ´Moon Ray´ zelebriert. Von mehreren Windstößen getragen, bläst Roland Kirk auf diesem Evergreen von Artie Shaw sogar sein Manzello, ähnlich einem Saxello. Auf ein Solo von Tommy Flanagan, mit der Unterstützung durch Henry Grimes, folgt eines von Roy Haynes. Letztlich swingt Roland Kirk wieder in der Melodie zurück.
Dann schwebt der Walzer ´Fly Me To The Moon´ aus der Feder von Bart Howard durch die Kulisse, getragen von der vom Manzello gespielten Melodie. Henry Grimes schließt mit einem eigenen Solo an die solistische Vorstellung von Tommy Flanagan an. Sogleich übertrumpfen jedoch Roland Kirk und Roy Haynes mit einem Call-&-Response-Wechselspiel ihre Mitspieler. Auf Tenorsaxofon sowie Manzello schließt Roland Kirk die Komposition ab.
Mit flinken Percussions bringt Roy Haynes auf der grünen Lichtung in die erste Eigenkomposition ´Raoul´ lateinamerikanisches Flair. Nach Roland Kirk am Tenorsaxofon, zeigt Tommy Flanagan seine Qualitäten am Piano und Henry Grimes am Bass. Wieder unterbricht Roy Haynes das musikalische Treiben von Roland Kirk an Saxofon und Manzello, die dieser gleichzeitig und im Wechsel bläst.
Den ihm in den Fünfzigerjahren verliehenen Spitznamen „Snap Crackle“ nutzt Roy Haynes hier als Songtitel für die nächste Eigenkomposition unter freiem Himmel. Tommy Flanagan skandiert zu den ersten Trommelschlägen “Roy … Haynes” und mag damit an das euphorische Publikum während der Live-Auftritte des Schlagzeugers erinnern. Auf einen längeren Vortrag von Tommy Flanagan am Piano folgt Roland Kirk erstmals mit sagenhafter Flöte und Nasenflöte, bis ein ausgiebiges Solo am Schlagzeug den Song erfolgreich abschließt.
Den weitaus fröhlicheren Leo Robin/Ralph Rainger-Klassiker ´If I Should Lose You´ prägt Roland Kirk durchgehend auf seinem Instrumentarium und versieht ihn mit einem charakteristischen Solo, auf das Tommy Flanagan und Henry Grimes folgen. Sie werden allerdings sehr bald von Roy Haynes und Roland Kirk abermals im Wechsel unterbrochen.
Dagegen ist die Eigenkomposition ´Long Wharf´ eine flotte Nummer, in der sich Tommy Flanagan und Henry Grimes sowie natürlich Bandleader Roy Haynes alleine verausgaben können. Ein abruptes und wehmütiges Ende setzt der balladeske Standard ´Some Other Spring´. In aller Ruhe und Harmonie werden die Tonfolgen, auch durch Roland Kirk am Manzello, durch den Wind getragen.
(Klassiker)
Roy Haynes – Drums
Roland Kirk – Tenorsaxofon, Manzello, Flöte, Nasenflöte
Tommy Flanagan – Piano
Henry Grimes – Bass
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