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FRANCOIS J. BONNET & STEPHEN O’MALLEY – Cylene II

~ 2023 (Drag City) – Stil: Ambient/Drone/Doom ~


´Cylene II´ ist das Ergebnis der erneuten Zusammenarbeit zwischen Francois J. Bonnet und Stephen O’Malley, die bereits 2018 begonnen und seitdem ohne Unterbrechung fortgesetzt wurde und mittlerweile in einer Vielzahl von Kontexten Gestalt annahm, unter anderem durch gemeinsame Studioaufnahmen, vereinzelte Konzerte und sogar ganze Tourneen.

Angesichts der Tatsache, dass das Nachfolgewerk zu ´Cylene´ von 2018 zum einen Teil die Schöpfung des Doom-/Drone-Metal-Pioniers Stephen O’Malley ist, ist es allerdings schon überraschend, dass dieses Projekt nicht das gleiche Maß an Abrieb oder Eindringlichkeit aufweist, wie andere Projekte aus der O’Malley-Schmiede, siehe SUNN O))), BURNING WITCH oder KHANATE. Im Gegensatz dazu wirken die Kompositionen zwar ebenfalls dissonant, jedoch weit introspektiver und atmosphärisch geradezu ausufernd.

 

 

Dieser Tonwechsel ist auf den Einfluss des Komponisten, Wissenschaftlers und Audiokünstlers Francois J. Bonnet zurückzuführen, dessen Arbeit an diesem Projekt sowohl philosophische als auch theoretische Standpunkte im Zusammenhang mit dem Akt des Zuhörens einbringt.

Das Album zeugt insofern mit geradezu jedem Ton von diesen unterschiedlichen Kontexten und bietet eine facettenreiche Klangsignatur, die bei verschiedenen Gelegenheiten entwickelt wurde.

Der epische Eröffnungstrack ´Four Rays (Anti Divide)´ bindet mit einem Bläserquintett dann allerdings erstmals auch andere Musiker in ihren Sound mit ein und erweitert damit die klangliche Palette des Duos, ohne dabei die fundamentale Komponente ihrer Musik zu verraten, nämlich die treibende Klangenergie.

Im Fortlauf des Albums fahren Bonnet und O’Malley weiterhin mit dieser Energie voran und beschreiten somit erneut das einzigartige Terrain aus Ambient, Drone und Doom, das ihre musikalische Entwicklung in den letzten fünf Jahren derart geprägt hat.

Durch ihre minimalistische Präsentation von Tönen und Resonanzen entstehen dabei eiszeitliche harmonische Überschneidungen, die sich langsam mit massiver Körperlichkeit zu einem Orchesterniveau erheben, und es entwickelt sich dadurch eine neue Beziehung der Musik zur Stille und eine Aufhellung der feinen metallischen Kante, die in ihrem Kern glüht.

´Cylene II´ ist prall an Klängen, die aus der Tiefe reichen und in ihrer vorsichtigen Bewegung bis zum fernen Firmament emporsteigen – eine Art Seance für alle, ob sie nun spielen oder nur zuhören.

(8 Punkte)

 

https://www.facebook.com/dragcityrecords


Pic: Eleonore Huisse

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