MOTÖRHEAD – Another Perfect Day (40th Anniversary Deluxe Edition)
~ 1983/2023 (BMG Rights) – Stil: Motörhead ~
Vor zwei Jahren habe ich ´Another Perfect Day´ schon einmal als “Vergessenes Juwel” über den grünen Klee gelobt. Ich liebe MOTÖRHEAD und besonders natürlich den wundervollen Brian “Robbo” Robertson. Ohne Zweifel mein Lieblings-THIN LIZZY-Gitarrist, trotz der starken Konkurrenz der großartigen Riege an Gitarristen. ´Another Perfect Day´ wurde zu seiner Zeit unterschätzt und wird heute zurecht als einer der besten, der allerdings vielen starken Veröffentlichungen von Lemmys Band gesehen.
Auch Lemmy schätzte das Album, aber die Kapriolen von Robbo, wie seine Weigerung einen Großteil der alten MOTÖRHEAD-Klassiker zu spielen, beendete die Zusammenarbeit schnell und neben Robbo nahm auch Phil “Animal” Taylor gleich eine Auszeit und Lemmy musste – erfolgreich wie wir heute wissen – neue Mitstreiter suchen.
Ich habe mir immer eine Jubiläumsausgabe dieses Albums gewünscht und hier ist sie tatsächlich. ´Another Perfect Day´, dazu will ich nicht mehr viel sagen. Die Zusammenarbeit im Studio funktionierte prächtig. Die zehn Songs sind fast alle inzwischen Klassiker. Die digitale Version vorab hört sich auch gut an. Das Album war auch stark produziert. Leider habe ich neulich eine sehr dumpfe US-Version von 2011 gekauft, die auf dem Aufkleber vorne alles Mögliche versprach. Ist hier sicher als Vinyl viel besser (Half Speed und so….).
Als Zugabe gibt es (leider nur auf der CD-Version) ein paar Studio-Outtakes (da hätte man noch auf die über 50 Euro für die 3er-LP fünf Euro draufschlagen und eine Single beilegen sollen) und ein Live-Konzert aus Hull. Live war es mit Brian Robertson wie angedeutet schwierig (ich habe bei der damaligen Besprechung auch über das recht traurige Konzert im September 1983 beim “Monsters Of Rock” berichtet, das ich als Augenzeuge erleben “durfte”). Aber grundsätzlich funktionierte es schon an einem guten Tag, wie das Bonus-Konzert auf der damaligen Deluxe-CD-Version von ´Another Perfect Day´ “Live At Manchester Apollo” eindrucksvoll deutlich machte (war besser als die ´Live 1983´ aus der Sheffield University oder die ´King Biscuit Flower Hour´ CDs).
Spielfreude und Songlist stimmen hier auf jeden Fall, sind aber auch sehr ähnlich zu den schon veröffentlichten Live-CDs. Der gute Brian wollte – wie oben deutlich gemacht – ja auch nur einige Songs spielen. Der Sound war bei MOTÖRHEAD live ja meist zweitrangig. Aber selbst Lemmy jammert den ersten Teil des Konzerts ständig über den Sound. Über die “Hull City Hall”: “This was built for Opera and Trade Unions!” etc. Aber spätestens mit dem hier über sieben Minuten langen Titelsong ´Another Perfect Day´ wird es dann einigermaßen ordentlich.
Am Anfang ist der Sound eher etwas anarchistisch. Es beginnt mit ´Back At The Funny Farm´ und ´Tales Of Glory´ vom damals aktuellen Album. Dann folgen nach einem freundlichen “Hello Motherfuckers” mit ´Heart Of Stone´ und ´Shoot You In The Back´ mit wildem Wahwah-Einstieg von Robbo schon zwei alte Songs von ´Iron Fist´ bzw. ´Ace Of Spades´. Lemmy jammert über den Sound und dreht dann bei ´Marching Off To War´ seinen Bass so auf, dass von den beiden anderen Musikern bei diesem starken Song leider nicht mehr viel zu hören ist.
Aber vom Sound abgesehen, ist es ein doch sehr ansprechendes Konzert. Dumpf und anarchisch bleibt es trotzdem. Aber Menschen wie ich sind über jede zusätzliche Tonkonserve dieser Besetzung dankbar. Und bei ´Hoochie Coochie Man´ oder ´One Track Mind´ darf Brian seine Klasse zeigen. Auch ´Go To Hell´ von ´Ace Of Spades´ , das Lemmy dem Erbauer der “City Hall” widmet, funktioniert – zwar völlig übersteuert – ganz gut. Na ja, Bootlegqualität. Songs wie ´Ace Of Spades´, ´Bomber´ oder ´Overkill´ mochte Brian nicht spielen. Aber ´America´. Und der “Flying Scotsman” (Zitat Lemmy) schlägt sich auch hier gut.
Zum Schluss wird wieder auf Songs von ´Another Perfect Day´ wie dem kraftvollen ´Dancing On Your Grave´ zurückgegriffen. ´Rock It´ läutete dann den Schlussspurt ein. ´Bite The Bullet´ und das legendäre ´The Chase Is Better Than The Catch´ beendet das – leider unter dem Sound etwas leidende – Konzert.
Für MOTÖRHEAD-Enthusiasten und Brian Robertson-Supporter (ich zähle mich gottseidank zu beiden) trotz Soundproblemen sehr zu empfehlen. Ich freue mich über das angekündigte Buch mit Interviews zur 3er-LP. Gibt noch die genannte Doppel-CD mit Bonustiteln (holt euch eher die alte Deluxe mit dem besseren Konzert, oder beide) und eine farbige Ausgabe des reinen Albums.
Immerhin, mein Wunsch wurde erhört. Klassiker. Ohne Zweifel. Lang lebe Robbo (was er auch immer in seinem Dauer-Home Office treibt). R.I.P. Lemmy und Philthy.
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(VÖ: 3.11.2023)