JOHN PRINE – John Prine
~ 1971/2023 (Analogue Productions/Atlantic 75 Series) – Stil: Folk/Country ~
Der US-amerikanische Singer-Songwriter John Prine gilt als bedeutendster Songwriter seiner Generation. Sein 1971 veröffentlichtes Debütalbum ist eines der besten Folk- und Country-Alben aller Zeiten. Viele der 13 Kompositionen sind unsterbliche Klassiker geworden und gehören heutzutage zu den Standards des Folk und Country.
Bevor der in Maywood, Illinois, geborene und aufgewachsene Künstler jedoch die ersten Schritte seiner Musikkarriere unternehmen konnte, musste er während des Vietnamkrieges seinen Militärdienst bei der US-Armee in Westdeutschland verbringen und arbeitete noch fünf Jahre lang als Postbote des US-Postdienstes.
Während seiner ersten Auftritte im “Fifth Peg” in Chicago wurde er von einem Filmkritiker der Chicago Sun-Times und vom US-amerikanischen Songwriter Kris Kristofferson entdeckt. Bei einem Konzert in New York City im Vorprogramm von Kris Kristofferson wurde John Prine von Jerry Wexler für “Atlantic Records” unter Vertrag genommen.
Sein Debüt nahm der Singer-Songwriter als schüchterner junger Mann bis auf einen Song in den “American Sound Studios” von Memphis auf. Seine musikalische Mischung aus Folk, Rock, Blues und Country schien auf den ersten Blick recht gewöhnlich, doch seine Lieder bedurften echte Zuhörer, die in diesen seine Gedankengänge und seinen offensichtlichen Sarkasmus erfassen konnten.
´John Prine´ wurde nicht nur zur bevorzugten Lieblingsplatte innerhalb der gesamten Diskografie des Songwriters, sondern aufgrund seiner launigen und ehrlichen Geschichten über seine Erfahrungen des Lebens, über das echte Leben und die Liebe zu einer der großen Scheiben der gesamten Musikgeschichte. Diese erscheint derzeit zum 75-jährigen Jubiläum von “Atlantic Records” wieder auf Vinyl.
Dem haben sich “Analogue Productions” angeschlossen und veröffentlichen die Scheibe wie von ihnen gewohnt auf einem 180g schweren Doppel-Vinyl in 45 rpm, natürlich gepresst bei “Quality Record Pressings”, vom Original-Masterband von Ryan K. Smith gemastert, in einem wunderbar dicken Tip-on Gatefold Double-Pocket Jacket. Die bekannte Zusammenarbeit von „Acoustic Sounds“, „Analogue Productions“ und „Quality Record Pressings“ führt zu diesem legendären Sound, der die Pressung besser als jede andere zuvor klingen lässt und den Zuhörer unverfälscht und authentisch scheinbar direkt neben dem Künstler in dessen Wohnzimmer platziert.
Dieses warmherzige und stille Meisterwerk ebnete den Weg für die Singer-Songwriter der Siebzigerjahre. Diese ehrliche und ungeschminkte Songsammlung mit bereits live erprobten Liedern war der perfekte Stoff für die aufkommenden Protestjahre und bot 13 Songs für die Ewigkeit, da sie tatsächlich noch Dekaden später von Relevanz sind.
Bereits die A-Seite des Vinyls enthielt mehr Klassiker als ein Studioalbum in der Regel zulässt. Es sind echte Kurzgeschichten zur Betrachtung des Lebens oder für dessen Bewältigung. Denn nur manchmal genügt ein Lächeln, um durch das Leben zu kommen.
Dieses Grinsen umschreibt ´Illegal Smile´ und wird dadurch zur mächtigen Hymne der Cannabis-Raucher. Die große Hippe-Hymne ist hingegen ´Spanish Pipedream´, bietet allerdings auch noch heute, bei der narkotisierenden Wirkung von Massenmedien genügend Zeitgeist, und hat den allerbesten Ratschlag parat, sprich den Fernseher in die Luft zu sprengen, die Zeitung wegzuwerfen und auf dem Land ein neues Heim aufzubauen.
Das Thema Umweltzerstörung umschreibt ´Paradise´ ganz nebenbei. Der Song handelt vom jährlichen Besuch bei der Familie nahe Paradise, im Muhlenberg County von Kentucky, das einst durch die Firma “Peabody Coal Company” aufblühte und vom Kohlebergbau lebte. Hier lässt sich die echte ´Paradise City´ der Siebzigerjahre ausfindig machen.
Echte Empathie für ein altes Ehepaar – die Kinder aus dem Haus, eines im Korea-Krieg verloren, aus welchen Gründen auch immer – zeigt sich in ´Hello In There´, einer Hommage an das Älterwerden und alte Menschen im Allgemeinen. Eine weitere Frau, eher mittleren Alters, die ihr gewöhnliches Leben, Haus, Hof und Ehemann am liebsten verlassen will, besingt John Prine in ´Angel From Montgomery´.
Zwei Außenseiter sind das imaginäre Pärchen ´Donald And Lydia´, die ihre körperliche Liebe auf einer Entfernung von zehn Meilen vollziehen. Ein echter Außenseiter ist Zeit seines Lebens ebenso der Protagonist aus ´Six O’Clock News´, der erst als Jugendlicher erfährt, dass seine älteste Schwester seine Mutter ist.
Das tropfende Blutbad von Vietnam und die Menschenopfer umschreibt ´Sam Stone´ in einem Morphium süchtigen Kriegsveteranen, der ein Loch im Arm hat, wohin sein ganzes Geld verschwindet, während das von einer “Reader’s Digest”-Ausgabe mit kostenlosen Flaggenaufklebern inspirierte Antikriegslied ´Your Flag Decal Won’t Get You Into Heaven Anymore´ ebenfalls kein Blatt vor den Mund nimmt.
John Prine war ein gigantischer Songwriter.
(Klassiker)