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ANOHNI – My Back Was A Bridge For You To Cross

~ 2023 (Secretly Canadian) – Stil: Chamber Pop/Soul ~


In einer Welt, in der die Spannungen expandieren und sich die zwischenmenschlichen Positionen immer weiter auseinanderleben, gerade weil das Milieu täglich blank und obszön sowie mit falschem Stolz auf seine Vielfalt pocht, kommt ein frisches Werk von ANOHNI zur rechten Zeit.

Dreizehn Jahre nach ´Swanlights´ wird auch endlich wieder der Bandname ins Spiel gebracht, damit ANOHNI AND THE JOHNSONS der Menschheit neben ihrer Musik gleichsam Hoffnung schenken können. Gewarnt hatte ANOHNI diese schon vor Umweltzerstörungen und Genderdiskussionen als sie noch Antony Hegarty hieß und die Welt mit dem 2000er Debüt ´Antony And The Johnsons´ sowie dem herausragenden Nachfolger, dem 2005er ´I Am A Bird Now´ nicht nur musikalisch in Atem hielt.

Die in Großbritannien geborene und in New York lebende Künstlerin hat zudem ganz bewusst ein Foto des homosexuellen US-amerikanischen Aktivisten, der Dragqueen Marsha P. Johnson als Album-Cover ausgewählt, die ANOHNI noch kennen lernen durfte, ehe Johnson 1992 tot im New Yorker Hudson River gefunden wurde.

Auf ´My Back Was A Bridge For You To Cross´ behandelt ANOHNI mit ihrer wieder zusammen getrommelten Band politische als auch persönliche Themen, widmet sich Liebe und Trauer, Ehrgeiz und Entfremdung, Divergenz und Diskriminierung. ANOHNI erinnert sich an ihre Gespräche mit Marsha P. Johnson und mit Lou Reed, beide kurz vor deren Tod.

Sie erinnert sich an die Musik, die ihr diese Stimme geschenkt haben, und glaubt mit dieser “Blue-Eyed-Soul-Platte” 50 Jahre nach Marvin Gayes ´What’s Going On´ eine kleine Antwort parat zu haben. Denn ANOHNI lässt ihren Chamber Pop in Bereiche des US-amerikanischen Retro-Soul, des britischen Folk und des Jazz, grundsätzlich der experimentellen Musik treiben, auch wenn die Experimente im Laufe des Werkes abnehmen.

ANOHNIs Stimme ist trotz ihrer himmlischen Liebe derart erdverbunden, dass sie es sogar wagen kann, einige Gesangsaufnahmen im ersten Take für die Endproduktion zu verwenden. Stellvertretend hierfür stehen die mächtigen Kompositionen ´It Must Change´, mit ihren Percussions und ihrem Gitarrenzupfen als Geleit für den Systemzusammenbruch, und ´Can’t´, mit ihrer späten, spannungsgeladenen Steigerung.

Daneben zählen ´Sliver Of Ice´, über eine der letzten Begegnungen mit Lou Reed, und ´Scapegoat´, mit seinem glorreichen Gitarrenfinale, zu den Höhepunkten. Experimentell in aller Dissonanz sticht ´Go Ahead´ heraus und ruft geradewegs zum Umsturz auf, wohingegen ´Rest´ in erprobter Manier erst zur Krönung richtig brodelt.

Zu guter Letzt bleiben ANOHNI AND THE JOHNSONS zwischen Fragen und Antworten auf der Straße kleben, indem sie ´Why Am I Alive Now?´ eindeutig und entschlossen mit der Freiheit von ´You Be Free´ beantworten.

(8,5 Punkte)

 

https://www.facebook.com/AntonyandtheJohnsons

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