ERIC CLAPTON – The Definitive 24 Nights (Limitiertes Super Deluxe Boxset)
~ 2023 (Reprise) – Stil: Blues Rock/Rock ~
Vom guten alten Eric wird derzeit allerhand auf den Markt geworfen. Hier gibt es Audio- und Videomitschnitte von drei kompletten Konzerten, die Eric Anfang der 90er Jahre in der „Royal Albert Hall“ in London aufgenommen hat. Dabei jeweils eines mit seiner Blues-Band als “Rock” oder “Blues” und eines mit einem vollwertigen Orchester. Gab es schon einmal 1991 als Release, aber mit deutlich weniger Umfang.
Als erstes zur Rock-Version. Eric startet mit ´Pretending´ ziemlich laid-back und relaxed. Die 18 mir vorliegenden Live-Versionen sind zwischen knapp sechs und 11,5 Minuten. Das heißt Eric und seine Band nehmen sich viel Zeit, aber das sind wir ja von ihm gewohnt.
´Running On Faith´ ist dann einer der betörenden “Schmuse-Songs” von Eric, die nicht jeder mag, aber hier kommt eine schöne und gediegene Stimmung auf und die Gitarre jammert und jault. Rockiger und funkiger ist dann ´Breaking Point´, aber auch mit dick aufgetragenem Background-Gesang. Eric spielt sich durch viele Klassiker, aber auch Songs, die nicht beim Durchschnittspublikum bekannt sind, kommen zum Zuge.
Freund und Trommler Phil Collins durfte bei ´ I Shot The Sheriff´ (Super-Version mit melodischem Intro) und ´Knockin’ On Heaven’s Door´ (oje, kann ich nicht mehr hören) aktiv am Schlagzeug sein, das geht ja heute praktisch nicht mehr. ´White Room´, der THE CREAM-Klassiker und der BLIND FAITH-Gassenhauer ´Can’t Find My Way Home´ mit Nathan East als Gastsänger folgen. Ordentliche Versionen, natürlich ist die damalige, einmalige Atmosphäre nicht reproduzierbar und ´White Room´ klingt etwas zahm.
Es gibt weiter eine Mischung aus kommerziellen Klassikern wie ´Lay Down Sally´ (als guter, ausgedehnter Boogie-Shuffle), ´Cocaine´, ´Wonderful Tonight´ (neun Minuten zum Schmusen) und ´Layla´ bis zu ´Crossroads´ und ´Sunshine Of Your Love´, die beiden THE CREAM-Songs bringen es auf über 20 Minuten zusammen, das heißt es wird viel gejammt. Aber mit ´Old Love´, zusammen mit Robert Cray geschrieben, das sich als ein luxuriöser Blues-Titel mit einem Eric als sehr guten Sänger erweist, und dem rhythmisch anspruchsvollen und rockigen ´Tearing Us Apart´ gibt es auch weniger schon oftmals Eingespieltes.
Besser gefallen mir noch deutlicher die Blues-Versionen: 14 Songs, angefangen vom Klassiker ´Key To The Highway´ von Charlie Segar bis zum überall präsenten ´Sweet Home Chicago´. Zu einem großen Teil für Eric recht spartanisch wie der ´Worried Life Blues´. Das tut den Songs natürlich gut. ´Have You Ever Loved A Woman´ kann natürlich nicht mit Freddie King mithalten, ist aber eine sehr starke Version mit ordentlich Leidenschaft.
Sehr stark auch ´Everything’s Gonna Be Alright´ von Little Walter oder ´My Time After A While´, das ist purer Blues, natürlich auch Dank Gastsängern und Legenden wie Buddy Guy, Robert Cray und Jimmie Vaughan, die Eric über die gesamte Länge begleiten. Eric wird die Ehre zuteil, mit diesen Legenden die Bühne zu teilen. Und auch Albert Collins kommt sehr stark auf sieben Titeln zum Zuge. Mit dieser unschlagbaren Besetzung ist dieser Blues-Teil für mich mit Abstand der beste der drei Teile.
Eher vorsichtig habe ich mich an den Orchester-Teil rangetraut, denn es gibt nur wenige Verbindungen von Klassik und Rock, die für mich gelungen sind. Das „National Philharmonic Orchestra“ steht Eric für 15 Songs zur Verfügung. Begonnen wird wie im Hollywood-Drama mit dem Blues-Klassiker ´Crossroads´. Das Orchester spielt. Die Gitarre spielt. Spielen sie auch zusammen? Der Blues-Charakter ist weg, das Orchester kaum wahrnehmbar, spielt gegen Eric und die Background-Chanteusen an. Da hätte auch ein Keyboarder gereicht. Ähnlich aufgebaut der ´Bell Bottom Blues´, schwer schwülstig, geht noch als Gospelparts durch. ´Lay Down Sally´ und ´I Shot The Sheriff´ finde ich orchestral auch eher ungeeignet. Bei einem atmosphärischen Titel wie ´Can’t Find My Way Home´, ursprünglich mit Steve Winwood bei BLIND FAITH, passt es ganz gut. Auch das dramatische ´Old Love´ passt im Orchestergewand. Und natürlich auch das sanfte ´Wonderful Tonight´. ´White Room´ säuft ab, ´Sunshine Of Your Love´ nervt inklusive Schlagzeugsolo. Das 29 minütige ´Concerto For Electric Guitar´ kann Eric fasziniert haben, mich nicht.
Fazit: Für Eric Clapton-Süchtige selbstverständlich unverzichtbar. Insgesamt natürlich auf höchstem musikalischen Niveau. Unverzichtbar: die Blues-Songs mit den Blues-Königen Buddy Guy, Albert Collins und dem ewigen Blues-Prinz Robert Cray.
Die Rock-Version? Ob man die vielen Klassiker – insbesondere aus der THE CREAM-Ära – in diesen Versionen braucht, kann und muss jeder für sich entscheiden. Vor allem weil die zwei vorliegenden Boxsets einen größeren finanziellen Einsatz erfordern. Ein paar starke Versionen, ansonsten “Nice to have”.
Und die Klassik-/Orchester-Version? Nicht ganz so schlimm wie befürchtet. Aber bei vielen – insbesondere den THE CREAM- und Blues-Titeln – wenig spannend. Wer es mag.
(Ohne Wertung)