PlattenkritikenPressfrisch

GODFLESH – Purge

~ 2023 (Avalanche) – Stil: Industrial Metal/Post-Metal/Hip Hop/Experimental ~


1988 war für mich ein ganz spezielles Jahr. Metal und Hardrock waren zunehmend uninteressanter geworden, und von den alteingesessenen Bands konnten mich lediglich noch Alben wie etwa ´…And Justice For All´ oder ´South Of Heaven´ überzeugen. Metal war praktisch tot, und meine Zuneigung galt immer mehr Punk, Hardcore, Noise Rock, Post Punk oder Grunge, und die erste 6-Track EP der in Birmingham beheimateten GODFLESH war sogar eine meine ersten Entdeckungen in dieser Phase überhaupt. Als ich sie dann etwas verspätet erstmals live beim „Roadburn“ 2018 erleben durfte, war die Luft allerdings schon lange raus. Ein Kollege beim Festival machte vor dem Gig fast schon Freudensprünge und konnte es kaum abwarten – für mich hingegen war es ein Konzert wie jedes andere.

Das erste, was einem an ´Purge´, dem ersten Album der Industrial Metal-Pioniere seit sechs Jahren, auffällt, ist, dass sich der Albumtitel in nur einem Buchstaben von ihrem Klassiker ´Pure´ aus dem Jahr 1992 unterscheidet. Trotz der dazwischen liegenden Zeit von rund 31 Jahren und sieben Alben, versucht das aktuelle Werk dort weiterzumachen, wo ´Pure´ aufgehört hat, indem es Hip Hop-Beats und andere ähnliche Elemente in ihren Sound mit einfließen lässt. Im Gegensatz zu seinem eher spirituellen Vorgänger ´Self´ von 2017 ist es allerdings ein weit glanzloseres Werk, das zwar immer wieder mal ein paar gute Ideen präsentiert, diese aber nicht weiter ausbaut.

 

 

´Purge´ ist jedoch definitiv ein GODFLESH-Album, mit den dicken, aufgewühlten Riffs neben einer mechanischen Drum-Machine und dem irgendwie darin vergrabenen Schreigesang von Justin Broadrick – alles ist vorhanden.

Die acht präsentierten Titel sind zwar eine bunte Mischung, aber einige stechen dann doch hervor. ´Land Lord´ etwa verwendet eine bohrende Gitarrenlinie, die das kalte, roboterhafte Gefühl der Drum-Machine unterbricht, und ´Lazarus Leper´ zeichnet sich vor allem durch seine dissonanten Gitarrennoten und die stechenden Drums aus.

Das Problem mit den anderen Songs ist hingegen nicht, dass sie etwa schlecht wären, sie fühlen sich nur irgendwie träge und uninspiriert an.

Es ist fast unmöglich, nach drei Jahrzehnten den Geist einfach wieder so aus der Flasche zu lassen, und ´Purge´ wird seinem selbst auferlegten Erbe eben leider nicht gerecht.

(7 Punkte)

https://www.facebook.com/godflesh.official

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"