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THELONIOUS MONK – Brilliant Corners

~ 1957/2022 (Not Now Music) – Stil: Jazz ~


Thelonious Monk verbrachte seine Jugendtage in einer der großen Jazzmetropolen. Er war in vielen Clubs des brodelnden New Yorker Stadtteils Harlem Zeuge von zahlreichen Auftritten bekannter Jazzmusiker.

Doch Jahre später, als Jazz-Musiker, als Pianist sowie Komponist und einem Plattenvertrag bei “Blue Note Records”, konnten seine eigenen Plattenverkäufe die Labelchefs nicht überzeugen. Trotz weiterer Sternstunden bei seinem folgenden Label “Prestige” kaufte ihn abermals nach zwei Jahren das neu gegründete Label “Riverside Records” für 108 Dollar aus seinem laufenden Vertrag.

Jazzproduzent und Thelonious Monk-Anhänger Orrin Keepnews glaubte an ihn und ließ ihn dennoch erst zwei Werke mit Fremdkompositionen, mit Jazzstandards einspielen, das 1955er ´Thelonious Monk Plays Duke Ellington´ und das 1956er ´The Unique Thelonious Monk´. Schließlich begannen die großen Tage des Thelonious Monk.

Der mittlerweile 40-jährige ergatterte ein mehrmonatiges Engagement im New Yorker “Five Spot”-Café mit dem Tenorsaxophonisten John Coltrane, das tragischerweise nur von einer Studio-Session (´THELONIOUS MONK with JOHN COLTRANE´) für die Nachwelt festgehalten wurde, und begann von Oktober bis Dezember 1956 in drei Studio-Sessions mit zwei verschiedenen Quintetten sein drittes Album für “Riverside Records” aufzunehmen.

´Brilliant Corners´ ließ das Ansehen und die Populariät von Thelonious Monk maßgeblich steigern. Er liebte die Dissonanz in seinen Tastensoli, er liebte verrückte Hüte und seine eigenen Tänze auf der Bühne. Er erfand seine eigenen Melodien und Harmonien, ehe der Free Jazz Ende der Fünfzigerjahre mit Ornette Coleman und John Coltrane die Vorstellungen der Musik ähnlich umwälzte.

Thelonious Monk (Piano), Sonny Rollins (Tenorsaxophon), Ernie Henry (Altsaxophon), Oscar Petitford (Bass) und Max Roach (Schlagzeuger von Charlie Parker) wagten es, neue Territorien zu entdecken und von der gewöhnlichen Tonleiterwanderung abzusehen.

Bereits der eröffnende Titelsong ´Brilliant Corners´ bringt mit seiner Komplexität und seinen Geschwindigkeitswechseln die All-Star-Besetzung an ihre Grenzen. Langsam treiben die Tastenanschläge von Thelonious Monk das Tenorsaxophon von Sonny Rollins an, ehe dieses und Ernie Henrys Altsaxophon ihre eigenen Wege einschlagen. Selbst für ein Schlagzeugsolo von Max Roach ist genügend Raum vorhanden, infolgedessen nochmals alle zur Melodie aufspielen. Doch am Ende benötigt das Quintett 25 Takes und der Produzent wird dennoch zwei von diesen zusammenschneiden müssen, um ein vernünftiges Ergebnis zu erhalten. Ernie Henry entgeht nur knapp einem Nervenzusammenbruch und Oscar Petitford täuscht letztlich nur noch vor, dass er spielen würde.

Mit der Melodie des dreizehnminütigen ´Ba-Lue Bolivar Ba-Lues-Are´, phonetisch für „Blue Bolivar Blues“, swingt das Quintett sofort in das nächste Stück hinein. Denn es spielt dieses, herausstechend ist hierbei besonders das Solo von Ernie Henry, im Andenken an das Hotel Bolívar in New York, in dem die Mäzenin/Mentorin Pannonica de Koenigswarter, geb. Rothschild, jahrelang lebte und nicht nur zu Thelonious Monk eine enge Freundschaft aufbaute. Ihr widmet er auch eine seiner bekanntesten Kompositionen, die direkt nachfolgende, verträumte und forsche Ballade ´Pannonica´.

Nach Thelonious Monks Solo-Vorstellung mit dem Klavierstück ´I Surrender, Dear´, ein erhellender Auftritt zwischen all den kompakten Bläsereinsätzen, folgt als letzter Song ´Bemsha Swing´, eine von einem rollenden Schlagzeug und großer Bläserreichweite getragene Komposition, deren fidele Melodie allerdings das Klavier von Thelonious Monk fortwährend anspielt und bearbeitet. Zudem gesellen sich bei diesem Song noch Miles Davis’ Bassist Paul Chambers und Trompeter Clark Terry aus Duke Ellingtons Orchester hinzu.

´Brilliant Corners´ fließt ohne Stillstand in seinen frei gespielten als auch einstudierten Abschnitten als ein Gesamtkunstwerk, während sich die Komplexität wie aufgehende Blütenblätter in ihrer reizenden Schönheit öffnet.

(Klassiker)

 

Besetzung:

Thelonious Monk – Piano; Celesta bei ´Pannonica´
Sonny Rollins – Tenorsaxophon

Ernie Henry – Altsaxophon bei ´Brilliant Corners´, ´Ba-lue Bolivar Ba-lues-are´ und ´Pannonica´
Oscar Pettiford – Kontrabass bei ´Brilliant Corners´, ´Ba-lue Bolivar Ba-lues-are´ und ´Pannonica´

Max Roach – Schlagzeug; Pauke bei ´Bemsha Swing´
Clark Terry – Trompete bei ´Bemsha Swing´
Paul Chambers – Kontrabass bei ´Bemsha Swing´

 

https://www.facebook.com/theloniousmonk/

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