CZAKAN live
~ 17.06.2023, Neckarsteinach, Riverfest ~
Stadtfeste gehören nicht zu meinen liebsten Aufenthaltsorten. Die Musik ist meist eher suboptimal. Das Publikum erwartet auch nicht viel mehr als sich Bier in die Birne zu schütten und ´Highway To Hell´ zu grölen, oder alternativ irgendwelche anderen Partykracher. Diese sogenannten Tribut-Bands, die die Bühnen, nicht nur, der Stadtfeste verstopfen, nehmen den Platz weg, den andere, kreativere Bands für mich gerne einnehmen dürften.
Heute mache ich eine Ausnahme. Ich fahre ins Neckartal, östlich von Heidelberg, wo beim “Riverfest” CZAKAN ihren ersten Auftritt nach 33 Jahren Bühnenabstinenz feiern. Ich könnte den frotzeligen Ton wählen. Hier können sie sich bewähren. Und wenn es nicht klappt, liegt es am Publikum. Soviel kann ich aber festhalten, das Publikum scheint einigermaßen angetan. Zumindest der Teil, der sich darauf einlässt, sich mit eher unbekannter Musik zu befassen. Es sind sogar Leute aus Basel hierher angereist, die nur wegen der Reunion hier sind. Das ist nicht ´Unreal´, das sind echte Fans.
CZAKAN starten pünktlich. Aber nicht ohne Schwierigkeiten. Frank am Bass ist nicht zu hören. Da scheint irgendwas mit dem Kabel nicht zu passen. So ein Kabelbruch verursacht schon mal einen Kabelbrand im Herzschrittmacher. Doch schon zum zweiten Song ist die Welt in Ordnung. Der Mischer bekommt den Sound dann auch so nach und nach in den Griff. Ebenso die Musiker, deren Nervosität, die anfangs mit Händen greifbar ist, sich stetig legt.
Wozu müssen sie auch nervös sein? Allein die Setlist ist voller Highlights. Songs des Debüts ´Land Of Confusion´ und Lieder des neuen Werkes ´UnReal´ stehen gleichberechtigt nebeneinander, ergänzen sich. Da liegen 33 Jahre dazwischen? Echt? Da finden sich zwischen ´So Cold´ und ´She’s A Woman´ weniger stilistische Unterschiede als zwischen ´Killers´ und ´Senjutsu´. Oder so.
Trotz der starken Setlist, leider ist das Publikum, von wenigen Ausnahmen abgesehen, wenig interessiert. So singt Michael Schennach ´Show Me All Your Love´, aber nur wenig Liebe geht zurück auf die Bühne. In ´Breaking All The Rules´ versucht man sich gar an einem Singalong. An anderer Stelle wäre es verdammt laut geworden. Hier war der Gesang vor der Bühne eher sparsam dosiert. Weitere Hits folgen. ´Gettin’ Hungry´ oder ´Get Down´, letzteres mit Jam-Part inklusive AC/DC-Zitaten. Auch die starke Ballade ´Too High To Touch´ verpufft zwischen den Getränkeständen. Die Leute ganz vorne feiern, aber im Prinzip, hier werden Perlen vor die Säue geworfen. Es ist ja auch kaum jemand gewillt, sich dem Zuhören zu widmen. Vielleicht fühlen sie sich auf der Bühne gerade, wie ich, wenn ich einen Witz erzähle, den, wieder mal, keiner versteht. Andererseits, gibt es eine bessere Möglichkeit, gegen alle Widrigkeiten anzuspielen, als so ein Stadtfest im hessischen Teil vom Neckartal? Nach fünfzehn Stücken ist Schluss.
Es gibt tatsächlich ein paar wenige, die sich am Merch von CZAKAN eindecken. Ein paar Fans finden sich hinter der Bühne zusammen, darunter auch das Paar aus Basel. Nein, es gibt keine wilde Orgie, keine leichten Mädchen, der Rock’n’Roll ist auch langweilig geworden. Oder das passiert nach dem Hauptact des Abends, DIRTY DEEDS. Was sagte ich oben über Tribut-Bands? Und dann auch noch AC/DC, die sowieso nicht zu meinen Faves gehören. Dass mir deren Sänger auch noch völlig wenig sympathisch ist, erleichtert mir die Sache, ziemlich zeitnah den Weg zum Auto und dann nach Hause zu suchen.
CZAKAN, ganz klar, die möchte ich jetzt doch mal in einem kleinen Club sehen. In einem passenden Programm sind sie sicher weit besser aufgehoben als hier. Vor lauter Fans, die zu ´So Cold´ oder ´Masquerade´ richtig abgehen, inmitten von feiernden, singenden, meinethalben auch schwitzenden Leuten, die würdigen können, was sie hören.