FIFTH ANGEL – When Angels Kill
~ 2023 (Nuclear Blast Records) – Stil: Melodic Metal / US Metal ~
Das erste Album von FIFTH ANGEL gehört noch heute zu meinen absoluten Favoriten des 80er Metal-Geschehens. Der von vielen auch hochgelobte Nachfolger ´Time Will Tell´ war noch im grünen Bereich, aber mir insgesamt doch etwas zu seicht. Trotzdem waren FIFTH ANGEL neben METAL CHURCH und QUEENSRYCHE und SANCTUARY in den goldenen 80er Jahren die Speerspitze der Metalszene in Seattle.
Nach 29 Jahren wurde 2018 mehr oder weniger überraschend ein Nachfolger mit dem dritten Album ´The Third Secret´ veröffentlicht. Das war jetzt kein absoluter Rohrkrepierer, aber auch kein richtig würdiger Nachfolger von ´Time Will Tell´, schon gar nicht vom Debüt.
Woran das lag? Das Songwriting war nicht konsistent genug und mit Ted Pilot, dem famosen Sänger der ersten beiden Alben, fehlte für mich der wichtigste Protagonist, ohne den hohen Stellenwert des Gitarrenduos Ed Archer und James Byrd (war auch schon beim zweiten Album nicht mehr dabei) zu schmälern. Und mit Terry Date war beim Debüt einfach der richtige Produzent am richtigen Platz (wie beispielsweise auch beim göttlichen Debüt von METAL CHURCH).
Aber wir kommen zum neuen, vierten Album ´When Angels Kill´, da singt jetzt Steve Carlson. Und Schlagzeuger Ken Mary hat Gitarrist Steve Conley von FLOTSAM AND JETSAM noch engagieren können. Das hört sich jetzt erst einmal sehr vielversprechend an, aber die Musik entscheidet. ´Descent Into Darkness´ heißt das Intro, später leiten auch immer gesprochene Intros die Songs ein, manchmal ähnlich wie bei ´Operation Mindcrime´ oder ´Streets (A Rock Opera)´. ´When Angels Kill´ soll ja auch ein Konzeptalbum sein. Deshalb ist es vielleicht auch mit 14 Songs an die 70 Minuten lang.
Der Titelsong hat ein mächtiges Riff und immer wieder gut ins musikalische Bild gesetzte schöne Doppelgitarren und lebt vom präzisen Schlagzeugspiel von Tausendsassa Ken Mary. Und der neue Sänger – klar ist nicht Ted Pilot – macht seine Sache gut. ´Resist The Tyrant´ hat wiederum starke, melodische Doppelgitarren und klingt gesanglich und musikalisch nach den noch viel mächtigeren WARRIOR wie zu Zeiten ihres schnöde übersehenen zweiten Meisterwerks ´Ancient Future´.
´We Are Immortal´ zündet dann nicht so richtig, klingt zu bekannt, bei 70 Minuten Spielzeit kaum zu verhindern. Erst ´Run To The Black´ ist wieder besser und ´Kill The Pain´ hat auch viel Substanz. ´Seven Angels´ entpuppt sich auch als starker Headbanger, ist aber – klar – kein ´Fifth Angel´. ´Five Days To Madness´ hat starke Ansätze, aber der letzte Kick ist auch hier nicht 100 % spürbar. Aber eine gute Melodie, auf jeden Fall. ´Ashes To Ashes´ ist eine schöne und starke Ballade.
Das klingt alles ziemlich frisch und die Band ist nicht nur auf dem Nostalgie-Trip. Aber wie einer der werten Kollegen in etwa beim letzten Album geschrieben hat (kein Zitat): die Magie fehlt. Ja, und Ted Pilot fehlt mir auch. Terry Date fehlt. Songs wie ´Fifth Angel´ oder ´Cry Out The Fools´ schreibt man auch nicht alle Tage. Aber das ist unfair. Denn eine Karikatur glorreicher Tage – wie manche anderen Helden der Vergangenheit – sind FIFTH ANGEL glücklicherweise nicht. Dafür sind sie auch in der neuen Besetzung viel zu gut. Aber von der Länge etwas eingedampft, dann wäre weniger (noch) mehr gewesen.
(7,75 Punkte)