SIEGES EVEN – The Art Of Navigating By The Stars
~ 2005/2023 (Golden Core/ZYX Music) – Stil: Prog Rock/Metal ~
SIEGES EVEN steckten Ende der Neunzigerjahre in einer Sackgasse. Sie hatten zehn Jahre zuvor, anno 1988, ihr meisterliches Tech-Thrash-Debüt ´Lifecycle´ veröffentlicht, anschließend ihr konzeptionelles Meisterstück ´Steps´ im Jahre 1990 und 1991 mit dem neuen Sänger Jogi Kaiser den melancholischen Seelenstreichler allererster Güte ´A Sense Of Change´.
Danach mussten die beiden Holzwarth-Brüder, Bassist Oliver und Schlagzeuger Alex, jedoch den Verlust von Gitarrist Markus Steffen verkraften und suchten sich mit Greg Keller einen weiteren Sänger sowie mit Gitarrist Wolfgang Zenk (7FOR4) einen außergewöhnlichen Saitenvirtuosen, um in den Jahren 1995 und 1997 zwei prächtig frickelnde und unvergleichliche Prog-Werke zu produzieren, ´Sophisticated´ und ´Uneven´. Die bekannte Magie von SIEGES EVEN konnten sie allerdings nicht wieder heraufbeschwören.
Folgerichtig knüpften die Holzwarth-Brüder Ende der Neunzigerjahre wieder Kontakt zu Markus Steffen. Sie fanden unter dem Namen LOOKING GLASS SELF tatsächlich abermals zusammen und unternahmen erste akustische Gehversuche. Die Idee, mit dem brasilianischen Sänger Andre Matos zu arbeiten, wurde jedoch wieder schnell verworfen.
Erst als sich 2003 der Niederländer Arno Menses für den vakanten Posten des Sängers bewarb, kam in die Gruppenformierung Bewegung. Mittlerweile waren auch die elektrischen Gitarren wieder eingestöpselt und ein neuer Name, VALPARAISO, schien gefunden. Als sie in dieser Besetzung nach Auftritten in Holland und Deutschland von “Inside Out” einen Plattenvertrag angeboten bekamen, begann freilich eine neue Ära unter dem allseits bekannten Bandnamen.
SIEGES EVEN waren wiedergeboren und veröffentlichten 2005 das von Uwe Lulis (GRAVE DIGGER, REBELLION) produzierte ´The Art Of Navigating By The Stars´ und 2007 ´Paramount´. Mit gehörigem Auftrieb durch das Comeback spielten SIEGES EVEN in Europa eine Doppel-Headliner-Tour mit DEAD SOUL TRIBE und sogar in Russland und Griechenland einige Konzerte.
Via “Golden Core” erfährt das sechste Studioalbum ´The Art Of Navigating By The Stars´ aktuell erstmals seine Veröffentlichung auf Vinyl und daneben als Silberling mit einem jeweils separaten Remaster. Doch eigentlich war das Werk bereits perfekt seit es das Licht der Welt erblickt hat.
´The Art Of Navigating By The Stars´ ist bis zum heutigen Tag ein spektakuläres Album auf schwindelerregendem Niveau. Ein wunderbar transparenter und glasklarer Sound bietet für alle Instrumente, für Bass, Schlagzeug und Gitarre perfekte Darbietungsmöglichkeiten, die sie auch nutzen. Denn die Instrumente spielen im wahrsten Sinne des Wortes miteinander, harmonisch und tadellos eine Einheit bildend. Mit spielerischer Leichtigkeit und harmonischen Chorstimmen wird eine sehnsuchtsvolle Melodik erschaffen, die ihresgleichen sucht.
Die neun Kompositionen formen zudem ein großes Epos, das in seiner Thematik das menschliche Leben von der Geburt bis zum Tod veranschaulicht. Es ist eine fesselnd progressive Musik voller Schönheit und Komplexität, eine Mischung aus Prog Rock und Prog Metal. Dabei klingt die Musik weder nach WATCHTOWER noch nach DREAM THEATER, allein RUSH, ENCHANT und FATES WARNING befinden sich im Dämmerlicht in ihrer musikalischen Nähe.
Angefangen vom großen zehnminütigen Gefühlsreigen ´The Weight´ über das mitreißend melodische ´The Lonely Views Of Condors´, die melancholische und neunminütige Wucht namens ´Unbreakable´, das lieblich verzaubernd rennende ´Stigmata´, das balladeske Akustiksaitenstück ´Blue Wide Open´, die herrlich siebenminütige Schönheit ´To The Ones Who Have Failed´ und das saitenakrobatische sowie flötige ´Lighthouse´ bis zum achtminütigen ´Styx´ – eine Perle nach der anderen.
Die Kunst, musizierend nach den Sternen zu greifen, heißt SIEGES EVEN.
(Klassiker)