MILES DAVIS QUINTET – Workin’ With The Miles Davis Quintet
~ 1960/2023 (Concord/Craft Recordings/Universal) – Stil: Jazz ~
Einen weiteren Meilenstein in seiner Karriere erreichte Miles Davis mit seinem Auftritt auf dem “Newport Jazz Festival” im Jahre 1955. Die Besetzung mit Thelonious Monk, Percy Heath, Connie Kay, Zoot Sims und Gerry Mulligan begeisterte Publikum als auch Kritik und half Miles Davis seine eigene Popularität erheblich zu steigern.
Aufgrund dieses Auftritts erhielt er von “Columbia Records” ein Angebot für einen neuen Plattenvertrag, doch er musste erst seinen alten bei “Prestige” erfüllen. Der Musikproduzent George Avakian empfahl ihm daraufhin, für künftige Auftritte im Café Bohemia ein Quintett auf die Beine zu stellen. Dies war die Geburtsstunde des MILES DAVIS QUINTET. Dieses bestand aus Red Garland am Klavier, Paul Chambers am Kontrabass und Philly Joe Jones am Schlagzeug. Zuerst war noch Sonny Rollins am Tenorsaxofon Bestandteil der Formation, wurde allerdings kurzfristig von dem noch relativ unbekannten John Coltrane ersetzt.
Die Rhythmusgruppe Paul Chambers und Philly Joe Jones gehörte zu den angesagtesten, womöglich zur besten jener Tage. John Coltrane sollte erst ein Jahr später nach den Aufnahmen mit Miles Davis sein eigenes Debüt als Bandleader veröffentlichen und es zu Weltruhm bringen, während Miles Davis ab dem Jahr 1957 ein großes Ausrufezeichen nach dem anderen setzte. Er wuchs vom Talent zum bedeutenden Gesicht der Jazzmusik heran.
Seinen aufsehenerregenden und legendären Ruf erspielte sich das Quintett während seines Dauerengagements im New Yorker Café Bohemia und mit zwei Marathon-Sitzungen im Mai und Oktober des Jahres 1956. Das MILES DAVIS QUINTET wurde in den zwei Jahren seines Bestehens zur führenden Hard-Bop-Formation.
Zur Vertragserfüllung veröffentlichten “Prestige” aus diesen sagenumwobenen Aufnahme-Sessions vier legendäre Werke, jedes für sich ein Klassiker: ´Cookin’ With The Miles Davis Quintet´ (1957), ´Relaxin’ With The Miles Davis Quintet´ (1958), ´Workin’ With The Miles Davis Quintet´ (1960) und ´Steamin’ With The Miles Davis Quintet´ (1961).
Bei den zwei langen Sessions am 11. Mai und 26. Oktober in den “Van Gelder Studios” spielte die Gruppe auf Zuruf von Miles Davis Song für Song in einem Take durch, entsprechend ihrer Live-Auftritte, und erlangte somit einen authentischen Sound. Auch auf dem dritten Werk dieser vierteiligen Aufnahme-Reihe präsentierte das MILES DAVIS QUINTET nicht ausschließlich frisches Songmaterial, sondern Songs, die sie erfolgreich in ihrem Live-Repertoire integriert hatten.
Demzufolge beginnt ´Workin’ With The Miles Davis Quintet´ mit einer schwingenden Ballade von Richard Rodgers, denn ´It Never Entered My Mind´ bereitet die Hörerschaft auf diesen sanften Swing der folgenden, knappen Dreiviertelstunde vor. Red Garland bringt die Melodie an den Tasten ins Spiel und stiehlt seinen Kollegen im Laufe der Zeit bisweilen sogar die Show. Miles Davis setzt mit seinem berühmten und gedämpften Trompetenspiel jedoch sogleich die notwendigen Akzente. Beim siebenminütigen Miles Davis-Original ´Four´, das ihn aufgrund seiner Klasse lange im Live-Repertoire begleiten sollte, ist John Coltrane endlich zugegen und harmonisiert mit seiner kräftigen Spielweise prächtig innerhalb dieses Doppelhorn-Themas. Das Stück endet mit einem spannenden Austausch zwischen Bläsern und Schlagzeug.
Im gleichen Maße setzen Philly Joe Jones und Paul Chambers an Schlagzeug und Bass die Basis für ´In Your Own Sweet Way´ von Dave Brubeck, in dem Miles Davis abermals mit gedämpfter Trompete eine grazile Melodie anstimmt und John Coltrane seine Tenorsaxofon-Streifzüge unternimmt. Die kurze Improvisation ´The Theme´ schließt mit ihrem ersten Take die Seite A ab, da das MILES DAVIS QUINTET in der Regel auch so die Live-Auftritte beendet.
Die B-Seite beginnt beschwingt mit dem achtminütigen John Coltrane-Original ´Trane’s Blues´, bei dem sich Coltrane mehrmals in explosiven Improvisationen verliert und Red Garlands Tastenimpressionen ebenso länger im Mittelpunkt stehen. Anschließend darf sich das Trio aus Red Garland, Paul Chambers und Philly Joe Jones allein der Fremdkomposition ´Ahmad’s Blues´ annehmen, da Ahmad Jamal Miles Davis’ Lieblingspianist war. Im Café Bohemia für John Coltrane und Miles Davis ein guter Zeitpunkt, sich eine Verschnaufpause zu gönnen. Aufgrund dieses Titels erhielt Red Garland sogar einen eigenen Plattenvertrag.
Hernach folgt mit ´Half Nelson´ noch eine spannende Bepop-Komposition, ein Miles Davis-Original, das er erstmals 1947 als Sideman bei Charlie Parker aufnahm, ehe der zweite Take von ´The Theme´ endgültig ´Workin’ With The Miles Davis Quintet´ beendet und in seinem improvisierten Stil die Zuschauer bei den Live-Auftritten im Café Bohemia auffordert, die Rechnung zu begleichen.
Der Preis für ein neues Vinyl von ´Workin’ With The Miles Davis Quintet´ ist allerdings jeden Cent wert. “Craft Recordings” legen ein schwarzes Vinyl in ihrer wiederbelebten Reihe “Original Jazz Classics” frisch auf, natürlich auf 180-Gramm-Vinyl in einem Tip-on Jacket – einer klassischen Hülle, bei der das Papierbild auf den Cover-Karton geklebt wird – selbstverständlich durch Kevin Gray von den Original-Masterbändern AAA gemastert.
(Klassiker)
