FEELING B – Hea Hoa Hoa Hea Hea Hoa / Wir Kriegen Euch Alle
~ 2023 (Sechzehnzehn) – Stil: Punk ~
FEELING B und ihr singender Anführer „Aljoscha“ Rompe traten in den Achtzigerjahren oft unter starkem Alkoholeinfluss auf. Den nicht unerheblichen Spaß am Konsum, reichlich Bier vor der Show, Schnaps im Anschluss, konnten sie allerdings oftmals durch Show-Effekte und Live-Aktionen überspielen. Sie traten dereinst sogar ungeachtet mangelhafter Reisemöglichkeiten auf einem Festival in Polen und jährlich auf dem Steinbrücken-Festival mit anderen alternativen DDR-Bands auf.
Ein halbes Jahr nach Bandgründung, und in der Folge mehrfach, schafften es FEELING B, als staatlich anerkannte Amateurmusikgruppe mit Spielerlaubnis eingestuft zu werden. Nur so kamen sie aus der Illegalität und konnten Gagen für ihre Auftritte erhalten. Diese offizielle Auftrittserlaubnis nutzten sie fortan in allen Dorfsälen der gesamten DDR. Sogar an den Strand der Ostseeinseln Rügen und Hiddensee kamen sie zu regelmäßigen Gastauftritten, die folglich anders verliefen als ihre ersten, illegalen Auftritte; nicht wie der erste am 14. Mai 1983 im Bluesclub „Sacken“ in Teltow während der Pausen der Gruppe FREYGANG oder in der Psychiatrischen Klinik Herzberge in Berlin-Lichtenberg und in der Auferstehungskirche in Berlin-Friedrichshain.
Bisweilen kamen in die Dorfspelunken bis zu 1000 Leute wegen FEELING B, gerade weil bei dieser Chaotentruppe niemand den Ausgang des Abends vorhersagen konnte, ob „Aljoscha“ Rompe mit dem Mikrofon in der Hand auf der Bühne einschlief oder durchhielt.
Doch „Aljoscha“ Rompe hatte trotz allem Spaß in den Backen das Heft in der Hand, organisierte die Konzerte und die entsprechende Technik. Schließlich war er auch 17 bzw. 19 Jahre älter als Paul Landers und „Flake“ Lorenz. Oftmals besorgte er mit seinem Schweizer Pass auch Dinge aus dem Westen, um etwa mit Draht Ohrringe zu fabrizieren und der Band Erwerbsnebenquellen zu erschließen, die seine Mitmusiker ansonsten nur zum Schein besaßen. Denn zu einer offiziellen Auftrittserlaubnis gehörte auch eine gewöhnliche Arbeitspflicht, die sie nur hier und da formal eingingen.
Bis zur erstmaligen Auflösung im Jahre 1993 führten „Aljoscha“ Rompe (Gesang), Paul Landers (Gitarre) und „Flake“ Lorenz (Tasten und seine 20 Jahre alte Weltmeister-Orgel) die Gruppe FEELING B durch alle Hochs und Tiefs. Im ersten Jahr gehörten noch Otto Leimer (Bass) und Alexander Kriening (Schlagzeug) zur Gruppe, doch alle weiteren Mitmusiker waren nur Gäste, so etwa Christoph Schneider (Schlagzeug).
Hea Hoa Hoa Hea Hea Hoa (1989)
Obwohl bis heute nicht geklärt ist, wie sogenannte und auch so titulierte asoziale Punker wie FEELING B in dem System der DDR langfristig überleben konnten, nahmen sie aufgrund der veränderten politischen Lage im Frühsommer 1989 für das staatseigene “Amiga”-Label sogar ihr Debüt auf.
Da sie dafür an 24 Tagen 128 Stunden benötigten, wurden sie für diese Kapazitätsverschwendung des Studios gerügt. Schließlich arbeiteten in diesen hochqualifizierte Tontechniker wie Beamte streng nach der Uhr, denen sie allerdings vor Beginn der Aufnahmen als kleinen Vorgeschmack erstmal einige schlimme Scheiben wie LAIBACH vorspielten.
´Hea Hoa Hoa Hea Hea Hoa´ wurde somit das erste offiziell in der DDR produzierte Punk-Album einer DDR-Band.
Mit “Hea Hoa Hoa” und “Wir wollen immer artig sein” Gesängen aus dem Song ´Artig´ konnten FEELING B natürlich jede Party aufmischen, die sie notfalls selbst lostraten. Auch eine Sauf-Hymne, ´Mix mir einen Drink´, sowie eine Abschieds-Hymne, ´Frusti, mach’s gut´, hatten sie in ihrem Programm. Das erste elektronische Pyro-Feuerwerk lieferten sie mit ´Tschaka´. Doch nicht nur ein ´Lied von der unruhevollen Jugend´, mit seinem unaufhörlichen Schlagzeug-Beat und sägenden Gitarren, oder ´Alles ist so ununununheimlich´ hatten das gewisse Jam-Feeling.
Für ein ausgehändigtes Honorar von etwas mehr als 30.000 Mark für das Einspielen der Platte gaben sie indes alle Vermarktungsrechte ab, die „Aljoscha“ Rompe jedoch später zurückkaufte.
Nach der Wende gründeten FEELING B ihr eigenes Label “P-Musik”, dort erschien 1991 das zweite Album ´Wir Kriegen Euch Alle´. Und schon in diesen Tagen vermissten FEELING B ihre gute alte totalitäre DDR, in der sie wohlbehütet und bewacht so frei von allen Existenzängsten lebten, und schrieben ´Ich such die DDR´ mit dem bitterernsten Text: “Ich such’ die DDR und keiner weiß, wo sie ist. Es ist so schade, daß sie mich so schnell vergisst. Ich such’ die DDR und kommt sie zurück zu mir, verzeih’ ich ihr.”
Aber sie hatten auch endlich ihren trinkfesten ´Slamersong´ aus den Live-Shows, die ´Revolution 89´ (“Er ist so ein kleiner Mann, lebt in seinem Niemandsland … Wir sind das Volk. Ich bin ein Arschloch. Du bist ein Arschloch.”) sowie den Schizophrenen-Hymnus ´Soviel was ich sah´ aufgenommen, riefen gerne mal unentwegt ´You Can’t Beat The Feeling B´ und ließen kurz Polka und Reggae, grundsätzlich reichlich Ideen in ihre Kompositionen einfließen.
Wir Kriegen Euch Alle (1991)
Auch wenn sich FEELING B erst 1983 unter dem Namen FEELING BERLIN gründeten und 1989 ihr erstes Album veröffentlichten, als PLANLOS aus Berlin schon zwischen 1980 und 1983, TAPETENWECHSEL aus Strausberg und Berlin zwischen 1981 und 1983, WUTANFALL aus Leipzig zwischen 1981 und 1985 sowie L’ATTENTAT aus Leipzig zwischen 1982 und 1983 alle Gefechte für den Punk in der DDR bereits ausgefochten hatten, waren FEELING B und die ihnen innenwohnenden experimentellen Klänge des Fun-Punk etwas Besonderes, obgleich ihre Musik schlicht aus dem Dauerzustand ihres Lebens, aus den feuchtfröhlichen Partys entstand.
Mit dem dritten Album ´Die Maske Des Roten Todes´ vermischten sie 1993 bei allem Ausprobieren und Herumexperimentieren den Punk-Rock sogar mit mittelalterlichen Instrumenten und wurden zum Vorreiter für die gesamte, sich in der Folge langsam entwickelnde Mittelalter-Rock-Szene. Dabei setzten sie bei den Live-Auftritten auf Kostümierung und theatralische Elemente sowie auf massive Pyrotechnik. Ein viertes Album unter dem Titel ´Atlantis´ kam jedoch in dieser Besetzung nicht mehr zustande, da „Aljoscha“ Rompe die elektronische und maschinelle Ausrichtung seiner Mitmusiker ablehnte.
Letztlich fanden viele dieser visuellen Ideen ein anderes Zuhause. Denn deren treibende Kraft dahinter, Paul Landers, trat 1993 zusammen mit „Flake“ Lorenz und Christoph Schneider einem Jahre später äußerst erfolgreichen deutschen musikalischen Kulturexport bei. Daher wird die anfangs nur leicht elektronische und gerne experimentelle Fun-Punk-Band FEELING B oftmals als die Keimzelle der Gruppe RAMMSTEIN bezeichnet.
Die ersten beiden FEELING B-Scheiben ´Hea Hoa Hoa Hea Hea Hoa´ und ´Wir Kriegen Euch Alle´ erscheinen aktuell zusammen als Doppel-180g-Vinyl.
https://www.facebook.com/feelingberlin/
https://www.facebook.com/profile.php?id=100063648163194
https://www.facebook.com/FeelingB/