JOE BONAMASSA – Live in Concert
~ 05.05.2023, SAP Arena, Mannheim ~
Man kann Joe Bonamassa zum Rockstar-Establishment zählen und manche werden bedauern, dass er vom Blues auf einige Seitenwege abgebogen ist. Aber es ist ein Fakt, dass Joe (immer noch) zu den aktuell besten Gitarristen gehört. Insbesondere live ist er meistens in großartiger Verfassung und hat dazu eine starke Band im Rücken, die alles andere als Beiwerk für den Star ist. Nein, Starallüren hat Joe live nicht, er gibt der Band viel Freiraum und teilt die Bühne gerne mit diesen kreativen Musikerinnen und Musikern. Das konnte auch schon auf dem sehr starken ´Tales Of Time´ Album vor einigen Wochen einmal mehr festgestellt werden.
Nachdem sich die Deutsche Bahn wieder von ihrer chaotischsten Seite zeigte (wird zur Regel), war ich froh, rechtzeitig auf meinem Sitz in der SAP-Arena anzukommen. Die Arena war gut besucht und vollständig bestuhlt. Das kam dem doch meist etwas betagten Publikum (inklusive mir) entgegen. Pünktlich um 20.00 Uhr kamen Joe und seine Band unspektakulär auf die Bühne und die ersten 45 Minuten wurde einfach Song für Song durchgespielt. Außer einem kurzen “Thank you” gab es wenig Kommunikation, dafür viel gute Musik. Wurden die ersten zwei Songs noch genutzt, um den optimalen Sound zu finden, war dieser dann fast das ganze Konzert sehr gut eingestellt.
Joe mit Sonnenbrille (die er auch ein paar Mal abnahm und damit kokettierte) war jederzeit der Mittelpunkt des Geschehens, ohne dass er es nötig hatte, sich in den Mittelpunkt zu stellen. Nach 45 Minuten wurde unter viel Beifall die Band vorgestellt. Selbst die beiden Backgroundsängerinnen Jade MacRae und Danielle DeAndrea aus Australien konnten meine Backgroundgesangsphobie für die gut zwei Stunden kurieren. Sie waren entweder songdienlich oder hatten sehr gute kurze Soloeinlagen. Als es zeitweilig Richtung spartanischer Blues ging, blieben sie einfach draußen.
Drummer Lemar Carter mag John Bonham, zumindest hat er einen ähnlich kraftvollen Anschlag und – ganz klassische Rockband – durfte sogar ein – recht unterhaltsames – Solo spielen. Calvin Turner am Bass machte genau das, was ein guter Bassist machen muss. Er stopfte die wenigen Löcher und sorgte für die Erdung der Band und für die tiefen Bauchtöne. Am meisten umjubelt: Organist und Klavierspieler Reese Wynans. Der 75-jährige war mit Stevie Ray Vaughan und der THE ALLMAN BROTHERS BAND unterwegs, ist Grammy-Gewinner und in der doofen “Hall of Fame”. Sein Spiel war unglaublich virtuos oder wie Joe Bonamassa sagte: “This motherfucker is this evening on fire!” Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können. Fehlt noch Josh Smith, Dauerbegleiter und Mitproduzent mit Joe bei vielen Blues-Platten und laut Joe Bonamassa deutscher “Schnitzel-Kenner”. Auch er durfte immer solieren und war ein guter Gegenpart mit seinen harten Anschlägen à la Texas-Blues.
Joe selber konnte natürlich die ganze Zeit über brillieren. Den anstrengendsten Job hatte Joes Roadie, der zu jedem Song eine neue Gitarre an Joe übergab, aus seinem einige Hunderte umfassenden Fundus. Die Band spielte wirklich über das ganze Konzert sehr tight und mit viel Spaß. Mehr Chicago und New Orleans als Las Vegas. Eine effektive, sparsame Light-Show war nur Beiwerk für das pure Musik-Erlebnis. Joe zeigte sein großes Spektrum an Musikstilen und spektakulären Gitarrensoli. Und er hat Humor, wie er bei seinen wenigen, aber treffgenauen Ansagen bewies.
Zum Schluss wurde ihm eine Flying V gereicht und der Sound wurde aufgedreht. Mit ZZ TOPs ´Just Got Paid´ von ´Rio Grande Mud´ wurde ein längerer Heavy Rock-Teil eingestreut, bei dem Joe und die Band zeigten, dass auch Headbanger-Musik überzeugend dargeboten werden kann. Danach verschwand die Band und kam mit einem echten Klassiker wieder. ´Sloe Gin´ vom gleichnamigen Album von 2007, einer der besten Songs, von Dauerhitschreiber Bob Ezrin und Michael Kamen geschrieben, aber von Joe Bonamassa gelebt.
Insgesamt ein wirklich starkes Konzert, bei dem die Musik und die Musikerinnen und Musiker zu 100 % im Mittelpunkt standen. Seit langem war ich mal wieder auf einem “großen Konzert”, da ich in den letzten Jahren kleine Clubs vorgezogen habe. Aber das war wirklich ein Erlebnis und Joe, der mir in den letzten Jahren etwas zu sehr in Richtung Mainstream ging, hat bei mir wieder viel an Kredit gewonnen.