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E-AN-NA – Alveolar

~ 2023 (Independent) – Stil: Folk Metal ~


Irgendwie finde ich diese Band spannend. Vor gut einem Jahr bin ich ihnen erstmals begegnet. Damals bewarben sie sich um den rumänischen Platz beim ESC. Leider ist ihnen das so wenig gelungen, wie ELECTRIC CALLBOY aus Castrop-Rauxel in Deutschland. Darum war Zeit, mit Andrei Oltean (Gesang, Flöten) ein ziemlich ausführliches Interview zu führen. Danach überraschte er mich mit einer weiteren Band, DIRTY SHIRT, die ebenso viel Vergnügen bereiten. Vor kurzem dann kursierte ein Video von der Teilnahme bei der rumänischen Ausgabe des Supertalent. Dort haben E-AN-NA mit einem krawalligen Perfomance gezeigt, wie man Jury und Publikum so richtig einheizt. Als die Rede darauf kam, sie lassen sich ein neues Album durch ein Crowd-funding (mit)-finanzieren, gab es für mich kein Halten.

Wandlungsfähigkeit, das ist eine Eigenschaft, die man dieser Band sicher nachsagen kann und darf. Immer findet sich eine mächtige Portion karpatischer Folklore. Da treffen sich von vornherein Schwärze und Dunkelheit, Frohsinn und Feierlaune. Während auf frühen Songs von E-AN-NA eine heftige Breitseite Black und Death enthalten sind, hat man für den Auftritt beim ESC schon fast poppige Klänge integriert. Auf ´Alveloar´ hat man wieder die grundsätzliche Richtung geändert. Jetzt sind die folkloristischen Motiven ganz klar im Vordergrund. Aber, ganz egal, wo bisher und heute der musikalische Fokus liegt, es ist immer wieder auch unverkennbar E-AN-NA. Bei allem Wandel schafft man es, ganz bei sich und ganz wiedererkennbar zu sein.

So richtig rasant und fröhlich starten die Rumänen mit dem Tanzstück ´Mioritic Metal´ in ihr Album. Danach entführt uns das Septett mit ´Doi´ in eher düstere Gefilde. Beides zieht sich durch das Album, unbändige Lebensfreude und negative Gefühle wie Angst und – vor allem – Zorn. Das ist Musik wie das Leben. Gutes und Schlechtes treffen jeden Tag zusammen, beides muss man tragen, ertragen.

So sagt es auch der Infotext. ´Alveolar´ präsentiert den Zwiespalt von Schönheit und Schmerz. Beides bedingt einander. Die beste und schönste Kunst entstand in Schmerzen. Schmerzen aus Liebe, Schmerzen der Armut sind die Quellen von Literatur, von Malerei und Musik. Da kommt dann ein Lied wie ´Ies´, fast leichtfüßig, lateinamerikanisch, voller Lebensfreude um später abgelöst zu werden von einem fast RAMMSTEINig harten ´Colo’mbia´, in dem Sänger Andrei harsch, aggressiv und wütend agiert.

Wenn ich an deutschen Folk Metal der letzten Jahre denke, finde ich oft eher die liebliche Version, die sagt, nur nicht anecken. Da kommt meist nicht viel mehr als die Schlagerisierung dieses Stils. Eigentlich nur SUBWAY TO SALLY schafften es über die Jahre, nicht diesen irgendwie irrigen Weg zu gehen. Ansonsten sollten sich alle FEUERSCHWÄNZe mal hier anschauen, wie man Folk und Metal verbindet, ohne in die Kitschfalle zu treten. ´Alveolar´ kracht und lockt, tanzt und verzweifelt, schmerzt und heilt. Und macht Spaß. So bereue ich natürlich nicht, meinen Teil zur Finanzierung beigetragen zu haben.

(9 Punkte)

 

Alveolar | E-an-na (bandcamp.com)

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