Livehaftig

HELL’S CRUSADE VOL. 8

GOMORRHA – NEKKROMANIAC – WARFIELD
BOUNDLESS CHAOS – BEYOND THE GATES

~ 1.04.2023, Gasthaus Sutter, Zweibrücken ~


Erster April. Nicht lustig. Aber geil. Was macht man an so einem 24. Hochzeitstag? Fein Essen gehen und auf der Fahrt dorthin JOURNEY hören kann jeder. Aber seine Frau mit der achten Ausgabe eines etablierten, romantischen Black-/ Death-/ Thrash-Events zu überraschen, hat schon eine ganz besondere Qualität. Und wer hätte vor rund 40 Jahren damit gerechnet, dass sich der damals entwickelnde Krach in dermaßen unterschiedliche Spielarten entwickeln würde.

 

 

Da sind wir auch gleich beim Thema: Qualität. Fünf mal auf die Fresse… mit Niveau. Jede Einzelne der heute aufspielenden Combos hatte ihre eigenen Vorzüge, ihren individuellen Charakter und spielerische Schauwerte. Besonders hervorzuheben sind gerade an so einem Abend die Drummer, die ausnahmslos Schwerstarbeit vollbringen mussten und mich dabei im Zeitalter von hässlichem Getriggere auf Alben sprachlos und gleichzeitig unfassbar selig machten. Bassisten und Gitarristen lasse ich bewusst mal außen vor, da die live allesamt schon geil genug aussehen und heutzutage ihr Handwerk alle draufhaben.

 

 

Doch alles der Reihe nach. Nach semidekadentem, feierlichem Sektgeschlürfe im Auto vor dem ersten Bier (unermesslichen Dank an unseren Chauffeur R.B. aus H.) entfaltete sich der erste, immens wichtige Punkt: Die Location. Eintritt in eine Kneipe, in der wir vergeblich die Bühne suchten. Aha. Ab in den Keller. Und da war sie: Liebe auf den ersten Blick. Ein schweinegeiler, düsterer Betondeckenraum, der das Flair von verbotener Aufbruchstimmung hatte. Ein Club für Freaks. Welcome home sanitarium. Dazu Parkbräu Export, die als Maurerbier verkannte Delikatesse aus dem nahen Pirmasens, einst Shoe-City und heute… ach, lassen wir das.

 

 

Der erste musikalische Donnerschlag ließ nicht lange auf sich warten. Was passiert, wenn der Frontmann Satanscythe der einst legendären VENOM-Fackelträger BURSTIN’ OUT auf die LORD VIGO Brothers Clortho & Zildrohar inklusive mittlerem Sohnemann Eric Stanton treffen (wessen Spross er eigentlich ist, darüber ranken sich selbst in den Landstuhler Karpaten mysteriöse Geschichten) ? Fucking Epic Blackened Heavy Metal unter dem Banner BEYOND THE GATES.

 

 

So, jetzt wisst ihr’s und weint bloß nicht rum, wenn demnächst jeder drüber spricht und ihr das mittlerweile auch als Vinyl erschienene Debüt immer noch nicht kennt. Was macht ein Drummer, der Neil Peart verehrt und heute Gas geben muss? Er schwitzt in erster Linie außerordentlich, nutzt aber dennoch jeden Slow-down, um etwas Finesse ins Spiel zu integrieren.

 

 

Hut ab, Clortho. Gegen Ende einer auch soundtechnisch gelungenen ersten Attacke des Abends kommt als Gaststar noch die zweite lebende BURSTIN’ OUT Legende Witchnailer auf die Bühne und übernimmt den Bass. Was für ein Auftakt!

 

 

Anscheinend hatte ich die EP ´Of Death And Perdition´ der Sachsen BOUNDLESS CHAOS doch nicht aufmerksam genug gehört oder verinnerlicht, denn aus reiner Sympathiebeobachtung wurde echte Begeisterung.

 

 

Der leicht an ex-SABBAT / ex-SKYCLAD Frontmagier Martin Walkyr erinnernde E.M. (lediglich die gelockte, blonde Matte und der irre Blick – ansonsten halt doppelt so groß) verstand es, die ungeteilte Aufmerksamkeit durch wilde Inbrunst auf sich zu ziehen.

 

 

Ebenso deren Drummer M.F., welcher mit einem verdammt exakten Timing und erstaunlicher Technik aufwartete. Die Jungs zimmern gerade ihren ersten Longplayer ein und das lässt nach dieser mitreißenden Deaththrash-Attacke auf Einiges hoffen.

 

 

Dritter Slot von fünf Bands. Die Königsposition. Da brauchen wir nicht groß drum rum zu sinnieren, die seit 2012 zusammen lärmenden WARFIELD sind in unserer Gegend schon sowas wie Lokalmatadoren, waren sich ihrer Rolle bewusst und haben geliefert. Aber sowas von.

 

 

Irgendwann stehe ich gebannt und gedankenverloren im Raum mit Blick von Band hoch zur Betondecke, dann wieder nach vorn zum slamdancenden Mob und überlege mir ob das Feeling wohl in irgendeinem Ruhrpottclub um Mitte der Achtziger auch so war, als KREATOR und Co ihre Siegeszüge begannen? Ja klar, es muss ja kommen. Der Mensch vergleicht gerne und es ist auch wirklich als Kompliment gemeint, wenn ich WARFIELD jedem ans Herz lege, dem die deutsche Antwort auf ´Reign In Blood´ namens ´Extreme Aggressions´ schon zu melodisch und ausgefeilt war.

 

 

Unser mit Freude killendes Trio besitzt diese ursprüngliche, rohe Power – was keineswegs heißen soll, dass hier mit Rumpelthrash geheizt wird, ganz im Gegenteil. Blickfang natürlich auch hier der souveräne Frontmann und Bassist Johannes Clemens, der die Menge zu jeder Zeit im Griff hatte und mit Ansagen bis an die Wahnsinnsgrenze anheizte, besonders mit der Aussicht auf den Nachfolger des 2018er Longplayer Debuts ´Wrecking Command´.

 

 

Nun entern die Organisatoren dieses famosen Abends die Stage. Die Blackthrash-Kings NEKKROMANIAC zeigen live, wo der Schwarze Hammer hängt und entfesseln einen unheiligen Sturm, der einen wegföhnt.

 

 

Wie auch bereits auf ihrem äußerst gelungenen Album ´Plague Eater´, welches auch als extrem kostengünstiges Vinyl in Schwarz – was sonst? – erhältlich ist. Fronter Akheron wechselt zwischen gekonntem Death-Growling und Black-Keifen, was absolut zu den abwechslungsreichen Songs passt.

 

 

Das Schlussplädoyer entfällt ein weiteres Mal auf den Drummer Beheader, der die Nominierung für den heutigen Geschwindigkeitsrekord erhält. Da fragt man sich, welches Arschloch das Triggern erfunden und etabliert hat, wenn jemand live bei dem Tempo so auf den Punkt spielen kann.

 

 

Da schließe ich mich dem kleinen Grünen an: Tu es oder tu es nicht. Es gibt kein Versuchen. Unser geliebter Gene Hoglan macht dagegen vorwiegend Doom. Zu guter Letzt enterte als Gast der mysteriöse Noctus von TREWAN die Stage für ein romantisches Duett mit Akheron. Abartig gute, derbe Stimmung.

 

 

Den nächsten Geschwindigkeitsrekord machten die Death-Oldschoolveteranen GOMORRHA aus Frankenthal, heimische Väter dieser Stilrichtung… und gleich in zwei Kategorien.

 

 

Erstens bei der blitzschnellen Zusage innerhalb eines Tages nach Absage von PREDICTION. Zum Zweiten den doomigen Rekord des ersten „offiziellen“ Outputs ´Before The Storm´ satte 28 Jahre nach dem vierten Demo. Was lange währt… wurde verdammt gut.

 

 

Endlich Männer in meiner Altersklasse, die absolut nichts verlernt haben und man sich lediglich wie so oft fragt, wieso sie nicht früher durchgestartet sind.

 

 

Hammerband, Hammersongs, aber eben tragischerweise bis jetzt “nur” Helden des Undergrounds. Egal, kann sich noch ändern, wir sind ja noch jung. Und wild.

 

 

Als ob das nicht alles genug Anlass zu apokalyptisch-manischer Freude gewesen wäre, bleibt zu erwähnen, dass der Merchstand voll war mit allem, was das Herz begehrt – und das zu fanfreundlichen Preisen. Das Objekt der verzückenden Begierde lieferten WARFIELD und bekommen damit von mir den Sonderpreis für das kultigste Insideroutfit.

 

 

Abende wie dieser sind mein erklärtes Ziel für die metallische Zukunft in Zeiten maßlos überteuerter Massenkonzerte. Was heute an Spielfreude und Intensität für läppische 21€ geboten wurde, steht in keinem Verhältnis zu manchem Ü-100€-2-Tagesfestival, bei dem ich 90% der Bands schon gesehen habe, von denen mich 45% nicht interessieren und mindestens 22,5% schlichtweg zusammengewürfelte Scheiße sind. Aber – to live and let die… muss jeder für sich entscheiden.

Ihr könnt auf alle Fälle ein Ticket kaufen, auf dem mindestens einer dieser fünf Namen steht. Am Besten alle Fünf. Es lohnt sich. Support the Underground!

 

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