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HAIL THE VOID – Memento Mori

~ 2023 (Ripple Music) – Stil: Stoner/Doom ~


Es ist das zweite Album nach dem 2020er Debüt, welches uns die Truppe aus Victoria in der kanadischen Provinz British Columbia da vorlegt. “Ripple Music” als Label spricht ja schon für Qualität, also mal die Lauscher gespitzt.

Man huldigt also der Leere und tut dies mit einem kosmischen Krachinferno aus Gitarrenfeedbacks, im Hintergrund verschwimmenden Gesangsspuren und hier und da Geklöppel auf Becken und Trommeln. Ach, nur ein Intro. So sehr ich Droneplatten mag, ich stehe auch auf Songs.

Und Songs bekomme ich. Doomsongs mit eben jenem Riffing, das in seiner pechschwarzen Nacktheit an langsam heranwallende Lavaströme denken lässt, die Dich bald einholen und zermahlen. Das Drumming, die sparsamen Bassläufe und die opulenten, teilweise zweistimmig angelegten Leadgitarren lassen keinen Zweifel. Doom.

Dann kommt der Gesang, mal irgendwie rituell beschwörender Singsang, meist aber klar und deutlich formuliert, nur eben mit einem leicht entflogen Ausdruck, einem Westküstenacidblues gleich, dann auch mal von Meskalinexperimenten in der kochenden Wüstenatmosphäre geprägt. Das wiederum ist Desert Rock bzw. Stoner Rock und somit ist dies eine dieser elenden Hybridplatten, welche die Verfechter der reinen Lehre (nicht Leere) zornentbrannt in Onlineforen und auf Facebook Hasstiraden hinausschreiben lassen. Mein Tastatur – Tourette hält sich dabei in Grenzen, denn ich mag diesen Crossover gattungsverwandter Genres.

Dieser Untote wankt und stolpert vorwärts, extrem makaber und mit einem fesselnden morbiden Charme. Fast klingt die Musik schon zu verhallt, wie eine Performance in der Tiefe einer mystisch anmutenden Höhle in einem gewaltigen Berg, wo die Band in schwarze Gewänder mit Kapuzen geschürzt vor einem Haufen vom Tall Man zu Zwergensklaven geschrumpften reanimierten Leichnamen aufspielt, die ganz ekstatisch im Takt wogen. Besonders cool, wenn zwei Gitarren zugleich fast schon ohne Plan durcheinander solieren und nur der angezerrte Bass und das mit Hall überlagerte Schlagzeug den Song in seiner Bahn halten. Hätte man den in der Frühphase sowjetischer Weltraumexkursionen im All verschollenen oder beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühten Kosmonauten als Trost diese Musik vorgespielt, sie wären mit einem seligen Lächeln im Gesicht vor ihren Schöpfer getreten.

Und das ist ja nur der erste Song. Es geht ja schon gleich darauf in die Wüste zurück, mal ruhiger, dann wieder eruptiv und tosend. Über allem thront der helle, aber mittelhohe beschwörende Gesang und epische Gitarrensoli schmücken die Komposition auch aus. Hier sind die Doomkultisten mit Stock im Arsch nun komplett raus, dafür tanzen die Hippies am Lagerfeuer unter dem sternenklaren Himmel der Mojave Desert bei den Dünen und warten auf den einsamen Geistwanderer oder andere mysteriöse Sagengestalten. Kann am guten Meskalin liegen. Der kochendheiße und brutal sägende Wüstenblues der Kanadier schillert derweil in allen düsterbunten Farbnuancen, bleibt aber auf dem Punkt.

Der richtige Soundtrack, um ganze Horden von Hippiezombies nach überdosiertem Genuss von Lysergsäure und Kaktussäften im Wüstensand tanzen zu lassen. Und sogar adipöse Schwedenmönche könnten hier und dort einen dreckeligen Doomdance wagen. Ganz ohne rot zu werden. Das junge Powertrio aus Kanada ist sich relativ sicher, keine Puristenperformance abziehen zu wollen, aber bleibt trotzdem beim schwerfälligen, dunkelbunte Träume verbreiteten Wüstenrockschema, von dem aus es zuweilen in den Kriechgang geht. Die Platte ist beseelt und verflixt heavy. Und sie packt Dich bei den Hörnern.

Dafür satte 8,5 Punkte.

 

https://ripplemusic.bandcamp.com/album/memento-mori
https://www.facebook.com/hailthevoidmusic/

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