RICOCHET – Kazakhstan
~ 2023 (Independent/Timezone Distribution) – Stil: Progressive Rock/Metal ~
Ebenso vielfältig wie die einstige Sowjetrepublik Kasachstan, die im zentralasiatischen Raum den Einfluss der Vergangenheit und der Gegenwart aus der chinesischen, der arabischen und der europäischen Welt in Einklang bringen muss, vereint die Formation RICOCHET Eindrücke aus den Siebzigerjahren und der Moderne, nutzt Elemente des Classic Rock, des Progressive Rock und Progressive Metal. Die Hamburger zaubern dabei sogar Hooks aus dem Hut, die des Melodic Rock/AOR würdig sind. Denn sämtliche Kompositionen des neuesten Werkes ´Kazakhstan´ bleiben trotz aller möglichen Ausschweifungen immer melodisch und allzeit fesselnd.
Letzteres schenkt den Hamburgern bereits die notwendige Eigenständigkeit, die jede der neun Kompositionen auf ´Kazakhstan´ unter Beweis stellt. Herausragend ist natürlich ebenfalls das kraftvolle und voluminöse Organ von Sänger Michael Keuter, der in allen Tonlagen sein Zuhause hat. Obwohl er schon seit zehn Jahren zur Formation gehört, ist es sein erstes Studioalbum mit RICOCHET, die ihre beiden Vorgängerscheiben mit jeweils einem anderen Gesangstalent veröffentlicht hatten. Der enge Kreis um Gitarrist Heiko Holler, Keyboarder Björn Tiemann und Drummer Jan Keimer spielt hingegen schon seit den frühen Neunzigerjahren zusammen, gemeinsam mit Bassist Hans Strenge seit zwanzig Jahren.
Im Gegensatz zum vorhergehenden Werk ´Zarah – A Teartown Story´ ist ´Kazakhstan´ kein Konzeptalbum geworden, bleibt allerdings weiterhin unvergleichlich. Denn RICOCHET sind weder mit DREAM THEATER oder SYMPHONY X, THRESHOLD oder ARENA, noch mit QUEENSRYCHE oder FATES WARNING vergleichbar. Der Geist des Classic Rock von DEEP PURPLE und URIAH HEEP ist spürbar, aber nicht konsequent im Retro-Kontext ausgebaut. Es könnten unzählige Gruppen wie IVANHOE, DIVIDED MULTITUDE oder ROUGH SILK aufgezählt werden, ohne den tatsächlichen Sound von RICOCHET konkret umschreiben und vergleichen zu können.
Ein Song wie ´The Custodians´ besitzt neben kräftigen Riffs und kurzen Tastenanschlägen orientalische Anklänge im Soloabschnitt und beweist, dass selbst die Erhöhung des Refrains eine neuerliche Steigerung zur Glückseligkeit verdient. Im weiteren Verlauf des Werkes schleicht sich in ´Losing Ground´ eine südländische Gitarre ein und wuchert unerwartet ebenfalls mit einer neuerlichen Steigerung.
Die packende Melodie führen in ´King Of Tales´ abwechselnd Saiten und Tasten voran, wobei besonders die Gitarre, bisweilen in neo-classical Manier hervorsticht. Die gesamte Besetzung wuchtet das zugleich auch feinfühlig auftretende, beinahe zehnminütige Epos ´Farewell´ in jedes Musikgedächtnis. Noch monumentaler tritt hingegen zum Abschluss der siebenminütige Titeltrack ´Kazakhstan´ samt musikalisch-regionalen Hinweisen auf. Mit ´Interception´ haben RICOCHET zudem eine wuchtige Power-Ballade und mit ´On A Distant Shore´ eine Akustik-Ballade für künftige Konzertreisen im Gepäck.
(8,5 Punkte)
https://www.facebook.com/Teartown/
Pic: Kay Winter, www.winterpol.net
(VÖ: 07.04.2023)