NIGHT DEMON – Outsider
~ 2023 (Century Media Records) – Stil: Heavy Metal ~
Obwohl sie bereits ein Dutzend Jahre auf dem Buckel haben und auf den Show-Bühnen der Welt mit einer gefühlten Dauerpräsenz allgegenwärtig sind, erscheint in diesen Tagen erst die dritte Full-Length-Scheibe von NIGHT DEMON. An dem neuesten Studioalbum ´Outsider´ hat das Trio scheinbar einige Jahren gefeilt, nebenbei eine Welttournee nach der anderen abgerissen und ihr Kompilation-Album ´Year Of The Demon´ herausgehauen. Sechs Jahre nach ´Darkness Remains´ präsentieren Jarvis Leatherby (Gesang/Bass), Armand John Anthony (Gitarre) und Dusty Squires (Schlagzeug) tatsächlich ihr erstes Konzeptwerk, das allerdings nach noch nicht einmal 40 Minuten bereits sein vorzeitiges Ende findet.
NIGHT DEMON ließen sich von Horrorfilmen sowie der gegenwärtigen Realität inspirieren, um auf ´Outsider´ von Mysteriösem und Übernatürlichem zu erzählen. Natürlich haben NIGHT DEMON in der Zwischenzeit ihre Wurzeln aus der NWoBHM nicht vergessen, doch sie sind anno 2023 variabler unterwegs. Das flotte Titelstück ´Outsider´ wird sich nicht nur zu einer künftigen Live-Hymne entwickeln, sondern besitzt auch eine Melodieseligkeit wie einst HIGH SPIRITS. Der vielschichtig aufgebaute Song gönnt sich sogar einen schleppenden Zwischenabschnitt. Schnittig in der Rhythmik, peitscht anschließend ´Obsidian´ nicht nur die Stimmung im Power-Thrash auf, sondern bezeugt auch die Verbindung zwischen NWoBHM und Bay Area-Thrash.
Die erste epische Komposition über sechs Minuten ist das halbballadeske Stück ´Beyond The Grave´, mit einigen Parallelen im Bassspiel zu IRON MAIDEN und im Gesang zum Alternative Rock. Mit dem Riff von ´Escape From Beyond´ können NIGHT DEMON sogar in Konkurrenz zu JUDAS PRIEST treten, samt seinem bedächtigeren und melodischen Refrain, und mit dem sonnig beginnenden ´A Wake´ zu den RED HOT CHILI PEPPERS. Die letzte, reguläre Komposition ´The Wrath´ baut sich über sieben Minuten langsam zu einem zürnenden Monster auf, während die von einer Flexi-Disk-Veröffentlichung bekannte Power-Thrash-Nummer ´The Last Day´ als Bonus den allerletzten Schlusspunkt schnell und zielbewusst setzt.
(8 Punkte)
Michael Haifl
Über den Status des Trios in der Szene braucht man nichts mehr schreiben. Seit Jarvis und seine Kumpels mit NIGHT DEMON in der Szene aufgetaucht sind, flogen ihnen die Sympathien nur so zu und haben sich durch überzeugende Veröffentlichungen und gnadenlose Liveshows noch verstärkt. Seit dem zweiten Studioalbum ´Darknes Remains´ sind nun allerdings sechs Jahre ins Land gezogen. Sicher, dazwischen kam noch ´Live Darkness´ sowie das Coveralbum ´Year Of The Demon´. Irgendwie dann doch nicht wirklich viel Output in dieser schnelllebigen Zeit in sechs Jahren. Somit warten Fans und Teile der sogenannten „Metal Presse“ auf den nächsten großen Wurf der Amis.
Nach den ersten zwei Durchgängen hielt sich meine Begeisterung mächtig in Grenzen. War die Erwartungshaltung zu groß? Hatte ich was anderes erwartet? Oder hatte ich nur einen schlechten Tag und die neuen Songs gingen an mir vorbei? Nein, gutgehört habe ich mir das Album dann nicht. Das war nicht nötig, ein Teil des Materials wächst einfach mit der Zeit. Und dennoch ist nicht alles der große Glanz auf dem Album. Die totale Euphorie ergibt sich einfach nicht. Letztendlich wird es aber der Test of Time zeigen, welchen Status das Album irgendwann mal genießt.
Die erste Songauskoppelung vom neuen Album war der Titeltrack, mit einer leicht unterschwelligen Punknote der Gitarre bei genauer Betrachtung. Irgendwie cool, aber aus meiner Sicht packt man dann zu viel in die knapp vier Minuten und der Track verliert hinten raus an Elan. Das folgende ´Obsidian´ ist dann genau das was ich eher erwartet hatte. Zackige Marschrichtung, dazwischen das Tempo runtergefahren, passende Soli, aber immer mit einer bangenden Taktung. Sehr schön. Mit dem getragenen, atmosphärischen ´Beyond The Grave´ geht es weiter. Wirkt für mich wie in Füller, einzig die saucoole Gitarrenarbeit überzeugt. ´Rebirth´ ist dann wieder genauso eine Nummer für die NIGHT DEMON in der Vergangenheit standen. Daumen hoch. Melodisch und recht abwechslungsreich fällt ´Escape From Beyond´ aus. Hier werden die typischen Bangerriffs geschickt mit einem erweiterten Songwriting gut kombiniert. Nett und mehr nicht ist das folgende, nennen wir es Halbballade, ´A Wake´. Das zähe ´The Wrath´ will bei mir nicht richtig zünden. Das klingt mir zu banal, nur einzelne Passagen lassen aufhorchen. Mit dem Rausschmeißer ´The Last Day´ kommt man wieder an die Klasse des Debüts ran. Schnell, zackig, tighte Kante.
Ich denke das Trio wollte keinen Aufguss seiner Vorgänger liefern, zeigen, dass ein musikalischer Fortschritt stattfindet, man zudem die wenigen Möglichkeiten des Genres dennoch weitgehend ausnutzt, um ein vielseitigeres Album zu präsentieren. Das gelang aus meiner Sicht nur bedingt. Ich hätte mit einem Album, das nur eine drückende Marschrichtung bietet, die wenigsten Probleme gehabt. Ich bin gespannt, wie die Fans generell auf dieses Album reagieren.
(7,77 Punkte)
Jürgen Tschamler
https://www.facebook.com/nightdemonband
Pic: Nikolas Bremm
(VÖ: 17.03.2023)