IS LOVE ALIVE?
~ Interview mit Tom Pieper ~
Im Hause von IS LOVE ALIVE? hat es kräftig gerüttelt. Dennoch konnte Gitarrist Tom Pieper wieder eine schlagkräftige Mannschaft zusammenstellen, um ein neues Album anzugehen. Wir haben uns daher mal nach dem Stand der Dinge erkundigt.
Tom, jetzt steht Ihr schon für das dritte Album im Studio. Wie schnell darf eigentlich eine gewöhnliche Doom-Band ihre Werke hintereinander einspielen, obwohl ihr natürlich nicht allzu gewöhnlich seid?
Gute Frage! Nun, SAINT VITUS & TROUBLE lassen schon wieder ganz schön lang auf sich warten.
Generell sollte man ein neues Album aufnehmen, wenn es Sinn macht und genug originelle Ideen vorhanden sind. Einfach nur was zu veröffentlichen, weil es mal wieder Zeit wird, halte ich für unklug, denn das wird man dem Album dann auch anhören.
Welche Seiten des Doom werdet Ihr diesmal auskundschaften? Und habt Ihr diesmal auch einige ungewöhnliche Ausfahrten aus diesem gewöhnlichen Rahmen genutzt?
Ich denke das haben wir. is LOVE alive? hatten ja schon immer ihre eigene Definition dieses Genres. Doom heißt für uns nicht nur „langsam spielen“, sondern Doom kann auch der Sound, die Athmosphäre, das Artwork sein. Insofern haben wir keine musikalischen Limits und probieren auch gern mal was aus anstatt auf Nummer sicher zu gehen.
Am ungewöhnlichsten auf dem neuen Album ist dieses Mal wohl das Instrumental ´Doomsday Clock´, bei dem sich viele verschiedene Parts aneinander reihen, und jeder von uns auch soliert. Ein Schlagzeugsolo auf einem Studioalbum beispielsweise hab ich lange nicht gehört.
In welches Studio seid Ihr denn eingefallen und vor allem mit welcher Besetzung, denn bei Euch hat es ja wieder einmal im Karton gerappelt?
Wir waren einmal mehr im „Werner Wiese Studio“, denn da finden wir optimale Bedingungen vor. Zum Einen liegt es direkt vor der Haustür, zum Anderen weiss Denny Gabriel mittlerweile genau wie wir ticken und was wir wollen.
Das Line–up ist das des ´Social Jetlag´-Demos, also Stefan Hüsing am Mikro und Daniel Müller am Schlagzeug, Sash und ich. Thomas Wyborny hat wie üblich die Orgel übernommen, er gehört bei is LOVE alive? ja quasi schon zum Inventar. Auch wenn wir bereits seit dem ersten Album wissen, was er drauf hat, verzückt er uns im Studio doch jedes Mal auf´s Neue.Top Mann, der wirklich Akzente in unserem Sound setzt.
Eine komplett gleichbleibende Besetzung ist anscheinend in dieser Band nicht möglich, daher sollte ich das Ganze vielleicht eher als Projekt sehen. Bei BLACK SABBATH ist es doch ähnlich. Tony Iommi ist dort die einzige Konstante.
Vergleich doch mal ´Master Of Reality´ mit ´Headless Cross´. Beides hervorragende Alben, die aber mit völlig anderen Leuten eingespielt wurden.
Warum hat denn Die Gräfin die Gruppe verlassen? Und Ihr Gefolge auch gleich mit….
Auch wenn mir wahrscheinlich wieder vorgeworfen wird, schmutzige Wäsche zu waschen, möchte ich mich doch dazu äußern.
Eine Bandkonstellation mit verschiedenen, auch starken Charakteren ist wirklich schwierig zu händeln. Natürlich hat jeder seine eigenen Vorstellungen, und am Ende soll es auch selbstverständlich jedem gefallen. Aber wenn es zu stark in eine andere Richtung tendiert, macht es halt auch keinen Sinn. Ein respektvoller Umgang sollte immer gegeben sein.
Weißt Du, ich bin nicht irgendwann in die Band eingestiegen, sondern habe sie gegründet. Und das mit einer konkreten Vorstellung was Songs, Sound, Lyrics, Coverartwork, etc. angeht. Zudem suchte ich ein Ventil für meine Songs, die mir seit Jahren im Kopf herumschwirrten und in Ansätzen bereits in der Schublade lagen.
Im Grunde hat es ihr also nicht gepaßt, dass ich der Impulsgeber und auch der Songwriter von is LOVE alive? bin. Jede Idee, die nach dem ersten Album von mir kam, wurde generell abgelehnt, bzw. zur Diskussion gestellt. Jeder sollte sich zu gleichen Teilen in alle Belange einbringen. So war ihr Wunsch, dass auch die zukünftigen Songs gemeinsam geschrieben werden. Sorry, aber das ist nicht meine Arbeitsweise. Das Ganze ist doch kein Joga-Kurs. Ich habe nie jemandem verboten Songs für die Band zu schreiben, aber meine Songs mach ich allein.
Ich tüftle nicht wochenlang zu Hause an Material, um mir dann von jemandem, der sich Roughmixe auf dem Handy anhört, sagen zu lassen, wie der Bass klingen muss oder dass der Refrain nichts taugt. Klar, hab ich manchmal recht wirre Ideen, die sich nicht sofort jedem erschließen, aber das macht is LOVE alive? letztendlich auch aus. In jedem unserer Reviews wird die Originalität und der Abwechslungsreichtum der Songs gelobt. Warum also etwas ändern, nur wegen so einer Egogeschichte? Nee, und ehrlich gesagt, 20% Einfluss in einer Band, die ich gegründet habe, um meine musikalischen Ideen zu verwirklichen, ist mir echt zu wenig. Zumal ihre mangelnde Erfahrung und das fehlende Wissen die skurilsten Blüten trug.
Beispielsweise haben wir während der ´Second To None´-Sessions im Studio zwei Gitarrenspuren mit verschiedenen Sounds übereinander gelegt, was ein cooler Effekt ist. Sie war daraufhin der festen Überzeugung, dass die Gitarren beim Einspielen verstimmt gewesen seien, was völliger Quatsch war. Wir haben die Klampfen dann nochmals peinlichst genau gestimmt und alles erneut eingespielt (natürlich mit dem gleichen Ergebnis), worauf sie dann meinte, die Gitarren seien immer noch verstimmt.
So ein Hohlsinn kostet nur unnötig Zeit, Nerven und am Ende natürlich auch Geld.
Ein cooles Foto, welches wir bei der Probe gemacht hatten, durfte ich dann auch nicht einfach spontan mal posten, NEIN, es musste erst der „Regierung“ vorgelegt werden, um zu checken, ob auch jeder vorteilhaft getroffen war.
Die „Freigabe“ erfolgte dann vielleicht mal eine Woche später, weil ja alle so busy sind. Der gewünschte Effekt war dann allerdings lange schon verpufft.
Am Ende wurde dann sogar über Groß-/Kleinschreibung beim Coverartwork diskutiert. Nee, so kann ich nicht arbeiten! (und das waren nur einige wenige Beispiele.)
Ich werfe niemandem vor, wenig Erfahrung zu haben, das ist ja auch klar bei einem Menschen der Dekaden jünger ist als ich und zum ersten Mal überhaupt einer Band angehört. Aber mit wenig Kenne, bzw. gefährlichem Halbwissen das große Wort führen zu wollen, das geht nicht. Wenn ich schon mit den großen Jungs spielen will, muss ich mich auch mal ein wenig zurücknehmen. Ich denke die Aufgaben eines/einer Sängers/Sängerin sind Texte zu schreiben und Gesangsmelodien zu entwickeln. Das habe ich ihr komplett überlassen und das hat sie auch gut gemacht. Aber das hat ihr offensichtlich nicht gereicht.
Natürlich ist es bei solch verschiedenen Auffassungen besser man geht getrennte Wege, aber dass dann versucht wird, die komplette Band zu zerstören, muss nicht sein.
Ihre Speichellecker hat sie dann hinter meinem Rücken so manipuliert, dass auch die der Meinung waren, dass man mit so jemandem wie mir nicht arbeiten kann. Bei unserem Basser Sash hat sie es ebenfalls versucht, aber der verfügt über Eier, einen gesunden Menschenverstand, und ist auch nicht psychisch gestört. Also hatte sie zumindest bei ihm keine Chance!
Wie hast Du es denn geschafft, die Band wieder zu komplettieren, alte Recken zu rekrutieren?
Das hat mich zwei Anrufe gekostet. Obwohl ich ja oft der „Bandtyrann“ genannt werde (mir völlig unverständlich, grins!) und ich zugegebenermaßen auch ein wenig eigenwillig bin, gibt es doch genug Menschen, die gern mit mir gemeinsame Sache machen. Es ist bekannt, dass ich zielorientiert arbeite und am Ende etwas Gutes dabei herauskommt. Hüsi und Butch sind verdiente ex-Mitglieder, mit denen ich auch nicht im Streit auseinander gegangen bin. Mit ihnen wollten Sash und ich ursprünglich das erste Album aufnehmen. Von der Idee, das jetzt nachzuholen, waren beide sehr begeistert. Corona-bedingt konnten wir dann aber monatelang nicht in unseren Proberaum, was sehr nervig war.
Und jetzt musstet Ihr auch noch weitere Schicksalsschläge verkraften. Dein alter Kumpel aus Los Angeles, der das Mastering erledigte, verstarb im letzten Jahr …. … und obendrein Euer Freund und Gitarrist Peter Lehnen. Wie habt Ihr bei diesen Detonationen des Lebens an der Scheibe weiter basteln können? Seid Ihr überhaupt schon fertig mit den Studio-Arbeiten?
Ja, heftige Dramen, die sich im Zuge der Produktion abgespielt haben.
Mehr DOOM geht eigentlich nicht.
Da wird einem klar, wie überflüssig und sinnlos solche Streitereien wie die oben genannten eigentlich sind und dass man Menschen mit Profilneurose schnellstens aus seinem Leben aussortieren sollte.
Mike Wells ist durch diese ganze Corona-Problematik wohl in heftige finanzielle und auch gesundheitliche Schwierigkeiten geraten, so dass er keine andere Lösung mehr wußte als sich umzubringen. Er musste u. a. seine Wohnung auflösen und hat dann eine zeitlang im Studio geschlafen. Details weiß ich aber keine, da er sich in dieser Zeit nur sehr unregelmäßig gemeldet hat und dann auch nicht wirklich mit der Wahrheit rüber kam. Von Shawn Smith, dem ehemaligen Sänger der Bay Area-Band WREKKING MACHINE, bei denen Mike auch gespielt hat, habe ich dann erfahren, dass er tot ist.
Mit Peter Lehnen hatten wir dienstags noch Fußball geschaut, am Donnerstag bekam ich einen Anruf, dass er tot in seinem Haus gefunden wurde. Herzinfarkt! Völlig unerwartet. Für mich war er immer der fitteste aus unserer Kolonne. Sportlich, und auf Parties nie outta Control.
Aber wie King Diamond schon sagte: „You´re only living on borrowed time from your fate“.
Peter hatte schon auf unserem Debut ´Final Journey´ einige Soli beigesteuert. Für das neue Album war er für den Großteil der Leads eingeplant.
Das hieß, innerhalb dieses emotionalen Lochs mussten wir möglichst fix einen ambitionierten Gitarristen finden, der Klasse mitbringt und sich auch in die Songs reinfinden kann, da die Aufnahmen ja bereits liefen. Den haben wir zum Glück in Stephan Tillmann von der Dortmunder Combo FIRST TIME IN HELL gefunden. Die machen zwar True-Stahl und haben mit is LOVE alive? musikalisch eher wenig gemein, aber das sieht er als sportliche Herausforderung. Natürlich war dem Stephan das Songmaterial gänzlich unbekannt, so dass er eine zeitlang gebraucht hat, um sich in das Material reinzufuchsen. Er ist auch niemand, der einfach oberflächlich drauflos dudelt, sondern die Soli regelrecht komponiert. Damit sind wir im Moment beschäftigt. Natürlich haben diese ganzen Ereignisse den Zeitplan ein wenig nach hinten geschoben, aber wir sind guter Dinge.
Welchen Monat können wir uns denn in diesem Jahr für eine Veröffentlichung dick markieren? Und bringt Ihr die Scheibe wieder Independent heraus?
Also mit solchen Prognosen bin ich sehr vorsichtig. Wer weiß schon was noch alles passiert?
Wenn wir endlich alles aufgenommen haben, kommt ja noch der Mix & das Mastering. Das Cover etc. ist natürlich schon fertig, so dass das nicht auch noch zusätzliche Zeit in Anspruch nimmt. Dann kommt noch die Wartezeit im Presswerk dazu, denn „Überraschung“, Album Nr.3 wird bei UNDERGROUND POWER RECORDS als Vinyl erscheinen.
Gibt es irgendwelche Überlegungen, die Scheibe live zu präsentieren? Release-Show oder Welttournee?
Da ist noch gar nichts geplant. Wir schlagen drei Kreuze, wenn endlich alles im Kasten ist, und dann sehen wir mal wie es weitergeht.
Apropos Scheibe, hast Du eine Empfehlung für uns, kannst Du uns vielleicht einmal eine gute Doom– oder gute Metal-Scheibe der letzten Jahre empfehlen, die Du selbst unentwegt auf dem Plattenteller gehört hast?
Jasicha! Generell flashen mich neue Sachen nicht mehr so, aber positiv hervorheben kann ich auf jeden Fall SPILLAGE aus Chicago. DOOM, und der auch super produziert von Bruce Franklin (TROUBLE). Die haben bereits drei Alben und es lohnt sich da mal reinzuhören.
https://www.facebook.com/islovealivedoom
https://islovealive.bandcamp.com/music
Pics: Oliver Lückmann
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