KULT KOMPASS Februar 2023 – 2/2
Zack. Der schnelle Februar liegt bereits hinter uns. Also lassen auch wir keine Zeit verstreichen und sind schon wieder mit dem nächsten Kompass bereit, feine und kleine Reviews zu präsentieren. Also: zack, zack, Zack!
Peace!
M o n a t s h e r r l i c h k e i t
Q u i c k – R e v i e w s
THE ANSWER – Sundowners
2023 (Golden Robot Rec/Soulfood) – Stil: Hard Rock
Zum Glück sind die Iren zurück und liefern einmal mehr ein wuchtiges Statement ihres Könnens und Talents. Das letzte Album, ´Solas´, datiert auf 2016, war nicht wirklich überzeugend. Die lange Auszeit hat den Herren um Sänger Cormac Neeson gut getan und man wirkt auf dem neuen Album frisch, unverbraucht und irgendwie von Zwängen gelöst. Ihr achtes Studioalbum ist ein echtes Statement und treibt dem Fan wieder Glückstränen in die Augen.
Wie gewohnt räubert man in den Rockanalen, verbindet dies mit zeitgemäßen Einflüssen und liefert somit packende Songs wie ´Blood Brother´, ´Livin`On The Line´ oder ein furioses ´Cold Heart´. Man hört in jeder Note die neuaufgeflammte Energie und den damit verbundenen Biss. THE ANSWER liefern mit ´Sundowners´ eine Art Comeback Album, das keinen Vergleich zu ihren größten Taten zu scheuen braucht. Man kann jetzt nur hoffen, dass sie dieses Mal mehr Aufmerksamkeit bekommen und ihnen ein breiterer Durchbruch gelingt, zumal ihnen Talent, Können und Rock`n`Roll in die Wiege gelegt wurde. Tolles Album.
(8,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://theanswerrock.com/
BAI BANG – Sha Na Na Na
2023 (Pride & Joy Music) – Stil: Glam Metal
Seit Ende der Achtziger sind die Schweden schon aktiv und legen 2023 ihr neuntes Album vor. Immerhin sechs lange Jahre seit ´Rock Of Life-Do You Wanna Taste It´, ihrem letzten Album. Wie das Cover-Artwork und speziell die Farbe erkennen lässt, suhlen sich die Schweden im tiefsten Glam-Sumpf. Das Ganze gipfelt dann in einer Cover-Version des ABBA Klassikers ´Rock Me´. Ansonsten gibt es butterweiche, geschmeidige Glam-Plüsch-Songs mit breiten Chören, zahmen Gitarren und Party-Feeling.
Die Songs sind relativ identisch aufgebaut, was schnell Abnutzungspotenzial mit sich bringt. Einer der wenigen Tracks, der nicht ganz ins typische Schema passt, nennt sich ´I Wanna Rock`n`Roll´, mit einer leicht melodisch-punkigen Note. Etwas mehr Kanten und Ecken hätten es schon sein können, um vielleicht ein paar neue Fans zu gewinnen, so stellt man letztendlich nur die eingefleischten Fans zufrieden.
(knappe 7 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.baibang.se/
CATEGORY VI – Firecry
2023 (Moribundcult Records) – Stil: Power/Heavy Metal
CATEGORY VI stammen aus Neufundland und legen mit ´Firecry´ schon ihr drittes Album vor. Die Band um Sängerin Amanda Gosse liefert einen kraftvollen Mix aus Power und Heavy Metal, mit einigen Schlenkern ins thrashige Gefilde. Die Mucke klingt rau, straight und auch klassisch sprich Old Schoolig ausgerichtet. Frau Gosse hat keine unangenehme Stimme, aber auch keine die wirklich „kickt“. Ihr Gesang wirkt relativ geradlinig und passt doch irgendwie in den Mix aus alten wie neuen Power Metal-Elementen.
´The Vultures Never Came´ ist ein Song über die verstorbene Jill Janus von HUNTRESS, mit der Amanda gut befreundet war. ´Burning Bridges´ ist eine coole Up-Tempo Nummer, die dem Begriff Power Metal alle Ehre macht. ´She Runs With Wolves´ hat eine fette Old School-Kante, während das albumschließende ´Barracuda´ keiner Vorstellung bedarf. Die HEART-Hymne ist halt ein Smasher. ´Firecry´ ist ein solides, hard rockendes Power Metal-Album, das sicher die Welt nicht erschüttert, aber den geneigten Genre-Fan überzeugen könnte.
(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://categoryvi.bandcamp.com/
GABRIELLE DE VAL – Kiss In A Dragon Night
2023 (Escape Music) – Stil: Hard/ Heavy Rock
´Kiss In A Dragon Night´ nennt sich das erste Solo-Album der spanischen Sängerin GABRIELLE DE VAL, die mit Unterstützung von Khalil Turk („Escape Music“) auch gleich einige bekannte Namen mit ins Boot geholt hat. Geboten wird solider Hard Rock mit hoher Melodiedichte und dem Hang zum Melodic Metal der Achtziger. Die Stimme der Dame ist aussagekräftig und prägt die Stücke sehr. Bei der einen oder anderen Nummer fällt auf, dass sie hoch singen kann, aber dann etwas die Power fehlt. Aber das ist im Gesamtkontext des Albums eher zu vernachlässigen, zumal die Tracks sauber aufgebaut sind, mit guten Gitarren und Melodien überzeugen können.
Durch die Gasteinlagen von z.B. Steve Overland, Robin McAuley oder Mark Boals dürfte das Album auch für Fans besagter Sänger interessant sein. Nummern wie ´Fuel To The Fire´, ´Let`s Get Something Started´ wo Madame alleine singt, haben etwas mehr metallischen Vibe, während die Nummern mit den Gastsängern mehr dem Hard Rock-Metier nahe stehen. Alles in allem ein sehr angenehmes Album der Sängerin, das mit starken Songs, sehr gutem Gesang und einer gewissen Nachhaltigkeit überzeugt. Da hätte man sich die Coverversion von MIKE OLDFIELDs Klassiker ´Moonlight Shadow´ sparen können, denn das ist eine ausgelutschte Covernummer.
(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.gabrielledevalofficial.com/
DOBBELTGJENGER – The Twins
2023 (Apollon Records) – Stil: Alt-Rock
Sänger Vegard Wiknes und seine DOBBELTGJENGER haben endlich das passende Album zu ihrem Bandnamen produziert. Doch bei ´The Twins´ handelt es sich mitnichten um schlicht menschliche Zwillinge, sondern um die zwei Gegenpole, die sich im Kopf von Vegard Wiknes bemerkbar machen. Der eine ist ein aufgewecktes Kerlchen und der andere ein echter Miesmuffel. Der eine lieb und nett, der andere böse und kein bisschen adrett. Natürlich umschreibt der Norweger mit ´The Twins´ seine inneren Kämpfe und Zusammenbrüche, seine Depressionen. Musikalisch leben sich DOBBELTGJENGER dagegen in einem tanzbaren und elektronischen Alternative Rock aus. Sie waren tatsächlich noch nie so experimentell und so eingängig zugleich unterwegs. Vielleicht machen wir an dieser Stelle Bekanntschaft mit der nächsten durchstartenden Erfolgscombo aus Skandinavien.
(8 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/dobbeltgjengerofficial/
JONATHAN HULTEN – The Forest Sessions
2022 (Kscope) – Stil: Singer-Songwriter / Folk
Mal eine andere Art, eine Best-Of herauszugeben: nach jeweils nur einer, dafür aber umso mehr hochgelobten EP und LP bringt der schwedische Kunst-Allrounder, Ex-TRIBULATION- Songwriter und Gitarrist JONATHAN HULTÉN verzaubernde Live-Neuaufnahmen seiner stärksten Songs heraus, die innerhalb von nur 24 Stunden an verschiedenen Locations in Wäldern nahe Stockholm aufgenommen wurden.
So hört man Vögel zwitschern, Feuer knistern und ist bei kristallklarem Sound stets mitten dabei, wenn HULTÉN, wie üblich nur sparsam von seiner Gitarre oder Orgel begleitet, sein Inneres über seinen enorm variablen und einzigartig vielschichtigen, anrührenden Gesang nach aussen kehrt. Dazu sind die völlig aus der Zeit gefallenen Stücke auch noch sämtlich so neu und individuell andersartig arrangiert worden, dass ´The Forest Sessions´ auch für jeden Fan, der schon alles hat, Pflichtkauf ist – wobei diese sich eher nicht die Audioaufnahmen allein besorgen werden, sondern das DVD-Bundle, das zu jedem der acht Songs ein ebenfalls bei den Sessions im Wald aufgenommenes Video sowie andere Zugaben präsentiert. Die beiden fürs „Roadburn Redux“ 2021 aufgenommenen Songs vervollständigen die Compilation.
(U.Violet) – https://jonathanhulten.com/ – https://jonathanhulten.lnk.to/ForestSessions
GEE HYE LEE TRIO – Parangsae
2023 (Meix Music) – Stil: Jazz / Vocal-Jazz
Die koreanische Musikerin Gee Hye Lee studierte in Stuttgart und am Berklee College of Music in Boston. Seit Jahren lebt sie nun in Deutschland und führt seit 2009 ihr eigenes Trio mit dem Kontrabassisten Joel Locher und der Schlagzeugerin Mareike Wiening an, das GEE HYE LEE TRIO.
Seit zwei Jahren gehört auch die koreanische Sängerin und Komponistin Song Yi Jeon zur Formation. Auf ´Parangsae´ vereint sich die klassische und jazzige Ausrichtung mit koreanischen Volksliedern. Fünf Kompositionen zwischen europäischen und asiatischen Einflüssen. Die einmalige Stimme von Song Yi Jeon auf der einen und die wunderbaren Tastenklänge der Jazzpianistin auf der anderen Seite bestimmen diese neuartigen und ebenso traditionellen Kompositionen. Unvergleichlich.
(Michael Haifl)
KASKADEUR – Phantom Vibrations
2023 (Noisolution) – Stil: Prog/Post Rock/Psych
Wenn der Retro-Rock der Sechziger- und Siebzigerjahre nach der Gegenwart tönt, sind wir bei KASKADEUR angekommen. Wenn dabei das Smartphone zu vibrieren scheint, obwohl dem gar nicht so ist, sind wir mit ´Phantom Vibrations´ konfrontiert. Einer modernen Zivilkrankheit unterliegt das Quartett aus Potsdam allerdings nicht, sie haben nur ihr zweites Album in diesem Sinne benannt.
KASKADEUR lieben die Traditionen der Vergangenheit, sie lieben Space und Psychedelic Rock, sie kennen bestimmt auch Krautrock und Jazzrock, lieben aber auch die Gegenwart mit Math und Prog Rock – und umschreiben damit die Transformation der menschlichen Rasse in abhängige Bio-Roboter.
(7,5 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/kaskadeur/
OSYRON – Momentous
2022 (Independent Release) – Stil: Progressive Metal
Die Kanadier aus Calgary hießen zuvor MORBID THEORY, haben in 2012 den Namen in OSYRON geändert und seitdem zwei Alben sowie eine EP veröffentlicht. Auf ihrem dritten Longplayer zelebrieren sie sauber arrangierten Progressive Metal mit einem nicht zu unterschätzenden Aggressivitätspotential. Hervorzuheben ist die erstklassige Gitarrenarbeit und brachialen Shreddereinlagen. Gesanglich ist man recht breit aufgestellt. Ohne Probleme liefert man Klargesang sowie harte, deathige Einlagen und manchmal sogar kurze Growlattacken.
Harte, klare Melodieführung, krachende Rhythmik, immer wieder vertrackte Passagen und Songteile, die trotz einem hohen Anspruch verdammt hart aus den Boxen blasen. Zur absoluten Überraschung wird ´Landslide´, ein furioser Thrash Hammer! Ganz anders dagegen das melancholisch kurze, nur aus Gesang und Hintergrundgeräuschen bestehende ´Prairie Sailer´, was für Gänsehautmomente sorgt. Keine Frage, ´Momentous´ ist großartige Unterhaltung in Sachen hartem Progressive Metal mit Augenmerk auf bissige Härte, aber auch viel melodischen Momenten. Die Kanadier nutzen die ganzen Möglichkeiten dieses Genres aus, liefern abwechslungsreich und vor allem verdammt kompetent! Geiler Scheiss! Als Gast konnte man übrigens für zwei Songs Stu Block (ex-ICED EARTH, ANNIHILATOR) gewinnen.
(8 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://osyron.bandcamp.com/album/momentous
¡PENDEJO! – Volcan
2023 (Noisolution) – Stil: Heavy Rock
Elf frische Songs sind die Ausbeute für das vierte Album von ¡PENDEJO!.
Zwei Jahre hat das Quintett, das von zwei Cousins ins Leben gerufen wurde, an diesen gefeilt. Die Niederländer mit lateinamerikanischen Wurzeln haben zu ihrem Heavy Rock sogar spanische Texte parat. So muss das.
Sie haben neben fetten Gitarren noch mehr fette Bläser in den Sound gepackt, um ihre knarzige Rockmusik zur Stimmungsaufhellung nutzen zu können. So muss das.
Das hat Pfiff und Pepp. Das ist Rock wie ein ´Volcan´.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/pendejoband
ROTOR – Sieben
2023 (Noisolution) – Stil: Instrumental Rock
Konstant produzieren ROTOR nur starke Scheiben. Ihr siebtes Album, passenderweise ´Sieben´ betitelt, bildet da keine Ausnahme. Konstant spielen sie Instrumental-Rock, der Heavy und Progressive Rock, aber natürlich Stoner und Psychedelic Rock ist. Die Besetzung von ROTOR ist ebenfalls unverändert.
Das Kalkül von ROTOR geht ebenso ein weiteres Mal auf. Der Sound ist so dicht wie es der geschichtete Sand im Desert Valley nur sein kann, gedreht und geklopft von Produzent Charlie Paschen (COOGANS BLUFF), dass niemand mehr an die längere Bandpause zurückdenkt.
ROTOR spielen so munter wie beim Urknall auf und haben alle Facetten eines dynamischen Spiels in petto.
(8,5 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/rotor.berlin/
SOUND OF SMOKE – Phases
2023 (Tonzonen) – Stil: Psychedelic Soul & Bluesrock
Psychedelic Soul & Bluesrock from the Black Forest, genauer gesagt aus Freiburg im Breisgau, präsentieren SOUND OF SMOKE. Das Quartett wird von Sängerin Isabelle Bapté angeführt. Die rauchgeschwängerten Sounds zelebrieren dagegen Jens Stöver (Gitarre), Florian Kiefer (Bass) und Johannes Braunstein (Drums) irgendwo zwischen Psychedelic und Stoner Rock. Da entfliehen sie mit Orgel oder Flöte auch mal in die Siebziger- oder gar Sechzigerjahre. Das ist einfach psychedelisch (´Shadows´) oder indisch (´Chasing The Light´), wüstenhaft (´Desert Rock´) oder birminghamhaft (´Darkness´), sogar bluesig (´Candy´) und soulig (´Wheit Raebbit´). Gerade weil die 2016 gegründeten SOUND OF SMOKE ihren puren hardrockigen und metallastigen Sound hinter sich gelassen haben, befinden sie sich auf dem richtigen Weg.
(8 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/soundofsmoke
Bis zum nächsten Klick. Euer Michael und das gesamte SaitenKult-Team
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