Redebedarf

Der Heilige Gral des Incubus

~ Interview mit Laurenz Philipp Hintz ~


Hallo Laurenz, Du bist aktuell bei t, der Band von Thomas Thielen, als Live-Schlagzeuger aktiv. Wohin ist denn dein Vorgänger geflüchtet und wie bist du an den akribisch arbeitenden Herren aus dem Raum Hannover geraten?

Hallo auch von mir! Die Anfrage für t kam für mich wirklich aus dem Blauen. Anfang 2022 suchte Thomas einen neuen Drummer. Da hat er dann, soweit ich weiß, seinen Bassisten Camil Kieltyka gefragt, ob er denn einen Schlagzeuger kenne, der sich der Aufgabe, t-Songs zu spielen, gewachsen fühlt. Camil hat dann wohl ziemlich schnell mich vorgeschlagen, wir kannten uns nämlich noch aus unserer Zeit, als wir gemeinsam in Hannover in einer Indie-Funk-Band gespielt haben. Mittlerweile lebt Camil in Irland und ich in Osnabrück, was es natürlich noch umso schöner macht, wenn wir uns im Zuge von Konzerten oder Proben sehen. Als dann der Anruf von Thomas kam, hab ich innerliche Luftsprünge gemacht. Ich hab ja schon in vielen Projekten spielen dürfen, aber endlich bei einem renommierten Prog-Projekt die Felle zu zerhacken, hab ich mir schon immer gewünscht.

Welche Aktivitäten stehen denn aktuell im Hause t an? 

Ich weiß gar nicht, wie viel ich da schon verraten darf. Auf jeden Fall arbeitet Thomas – wie es halt seine Natur ist – grad wieder hart an neuem Material, das bestimmt im Laufe der nächsten paar Jahre das Licht der Welt erblicken wird. Außerdem ist eine Europa-Tournee in der Mache.

Gibt es bereits Termine?

Natürlich gibt es schon einige konkrete Live-Termine. Die sind wie folgt:

  • 17.03.23 Lagerhalle, Osnabrück (t Solo-Piano Konzert)
  • 30.06.23 Kultursommer, Garbsen
  • 09.09.23 Zeche Carl, Essen (Doppel-Gig mit Soulsplitter)
  • 23.09.23 Klub Zentral, Stuttgart
  • 02.03.24 Tuchfabrik Trier

 

 

Bei einem Auftritt sah sogar MARILLION-Schlagzeuger Ian Mosley ein Video von Deinem Spiel und war ganz begeistert. Die Geschichte musst Du uns erzählen.

Ha, also da muss ich ein Bisschen weiter ausholen: ich hatte mit eine Karte für das MARILLION-Konzert letztes Jahr in Bremen gekauft. Normalerweise hör ich mir vor Konzerten, die ich besuche, die kompletten Diskografien der Interpreten an. Das hat sich bei MARILLION mit ihrem unvergleichbaren Veröffentlichungswahn als schier unmöglich herausgestellt und am Tag des Konzertes war ich erst beim dritten Album der Band angekommen…. von diesen drei Alben haben sie an dem Abend übrigens keinen einzigen Song gespielt. Als ich Thomas bei dem Konzert getroffen hab, fragte er mich dann aber trotzdem, welche Songs ich denn bis jetzt am Besten fände. Neben den obligatorischen Songs wie ´Garden Party´ und der kompletten ´Misplaced Childhood´ waren auch Songs wie ´Jigsaw´ oder ´Incubus´ dabei. Als dieser Titel fiel, meinte Thomas mit leuchtenden Augen, dass der Drum-Groove aus diesem Song der „Heilige Gral“ für Marillion-Fans sei, vergleichbar mit Jeff Porcaros „Rosanna-Shuffle“. Thomas stellte mich dann vor die Challenge, dass ich bis zum nächsten Gig bitte versuchen sollte, den Drum-Groove zu lernen. Als ich zwei Tage später bei mir am Institut für Musik in Osnabrück den Groove üben wollte, bemerkte ich, dass das besser lief als gedacht und machte umgehend ein Video davon, wie ich den Groove spiele und danach noch n bisschen rumnudle. Das hab ich anschließend Thomas geschickt, der das Ganze in seine Fangruppe auf Facebook gepostet hat. Hier muss ergänzt werden, dass viele Menschen in dieser Gruppe hohe Tiere im Marillion-Fanclub „The Web Germany“ sind. So geriet das Video sehr schnell vor die Augen der Band, was Ian Mosley dazu führte, ein kleines Feedback-Video für mich zu schicken. In diesem Video zeigte er sich tatsächlich sehr beeindruckt von meiner Interpretation seines Grooves und meinte, dass ich den Beat zu 100% akkurat gespielt hätte. Er gab sogar zu, dass er jetzt wohl selbst noch etwas üben müsse, bis er den Groove wieder so tight spielen könne, das war natürlich ein echter Ritterschlag.

Hast Du noch mehr bekannte Musiker, die Fans von Dir sind? 

Hm, also ich hab 2017 aus Zufall die komplette Live-Band von Phil Collins getroffen, da ich in Köln im Zuge des Konzertes im selben Hotel wie sie genächtigt hab. Nach dem Konzert hab ich dann Leland Sklar, den Bassisten, gesehen, der hilflos an der Rezeption stand, da seine Frau ihn aus deren Hotelzimmer ausgesperrt hatte. Mit ihm hab ich mich dann kurz unterhalten und er meinte am Ende: „It was a pleasure to meet you!“ Ob man das schon als Bewunderung an meiner Person deuten kann, bleibt zu diskutieren. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Wer sind Deine Vorbilder?

Auf jeden Fall Phil Collins!….solang es nicht zu schnulzig wird. Ein umso größerer Fanboy-Moment war es also für mich, als ich die komplette Band getroffen hab. Mein Schlagzeugspiel ist sehr von ihm beeinflusst. Ich würde es als eine Mischung aus Phil Collins in den 70ern, Roger Taylor und Taylor Hawkins beschreiben, die ich allesamt sehr verehre.

Du hast bestimmt auch eine Musikrichtung, die Du am liebsten hörst und spielst?

Also ursprünglich komm ich aus dem Hard-Rock. Meine erste Lieblingsband war mit 4 Jahren GUNS N‘ ROSES dank meines Vaters…danach folgten QUEEN und GENESIS. Aber zu sehr möchte ich mich nicht auf ein Genre versteifen. Ich liebe eigentlich alles, was mich berührt. Ich bin zum Beispiel auch Fan von George Michael, Tom Waits, Ariana Grande und Thelonious Monk.

Hast Du auch Lieblingsalben oder gehörst Du schon zur “Generation Streaming”? 

Ich gehöre zwar zur „Generation Streaming“, versuche dabei aber stets, komplette Alben zu hören. Ich besitze zwar auch zwei Plattenspieler, die kommen aber nicht so oft zum Einsatz. Wenn man mich nach meinen Lieblingsalben fragt, sind wohl ´Wish You Were Here´ von PINK FLOYD, ´A Night At The Opera´ und ´Jazz´ von QUEEN und ´A Trick Of The Tail´ und ´Wind & Wuthering´ von GENESIS ganz weit oben auf der Liste. GROSSE HÖREMPFEHLUNGEN!

Wie sieht Dein Leben als Berufsmusiker außerhalb von der Family t aus? 

Mein Hauptprojekt ist die hannoversche Soul-Rock-Band ME & MS JACOBS, mit der ich in diesen Tagen unser Debüt-Album ´On The Run´ veröffentliche. Auf diesen Release sind wir echt stolz, da wir schon so lange darauf warten, unsere Songs mit der Welt teilen zu dürfen.

Die Band existiert seit 2018, ich bin seit Oktober 2019 mit dabei und mittlerweile ist die Gruppe zu einer sehr großen Band mit den unterschiedlichsten Wurzeln geworden. Unsere Gitarristen kommen aus Brasilien und Marokko, Teile unserer Horn Section aus der Türkei und den Philippen. Diese kulturelle Diversität kann man auch auf dem Album hören. Es gibt neben „klassischen“ Soul-Kompositionen auch Songs mit Gipsy-Swing- und Jazz-Einflüssen. Wir spielen hin und wieder mit Reggae- und Rocksteady-Clichés und auf unserem Album befindet sich auch eine astreine Rock-Nummer, die live nochmal um einiges grungier wird. Unsere letzte Single ´Sweet Melody´ geht hingegen in die Country-Richtung. Deswegen nennen wir das ganze „Eclectic Soul“: wir nehmen uns halt bestimmte Merkmal aus Stilen die uns gefallen und spielen mit Ihnen. Jetzt nach der Veröffentlichung des Albums ist erstmal wieder Live spielen angesagt, um die Platte zu promoten. Es sind aber schon wieder genug neue Songs geschrieben, dass ein zweites Album aufgenommen werden könnte.

Ansonsten spiele ich als bezahlter Musiker bei diversen Soloprojekten. Mehrere Projekte auf einmal am Start zu haben und dabei noch zu studieren ist nicht immer ganz einfach, aber mein Job erfüllt mich mit einer so unglaublichen Freude, die über alle Komplikationen hinwegschauen lässt. Über die Höhen und Tiefen im Leben als Berufsmusiker habe ich letztens mit meinem guten Kumpel und Kommilitonen Adrian Benten das Podcast-Projekt „Laudrians Laberrunde“ auf Spotify gestartet. Und da wir halt erst blutjunge 22 sind, laden wir uns pro Folge die unterschiedlichsten Experten ein, die uns auch ihre Sichtweise auf ihren Job schildern.

Musikpädagoge bist du auch noch?

Jau, das stimmt! Auf dem Music College Hanover wurde ich damals auch zum Musikpädagogen ausgebildet und zu meinen Höchstzeiten hatte ich knapp 20 Schüler. Das ist aber alles schon lange her, da ich meine Lehrertätigkeit aufgegeben habe, als ich einen Platz an der Hochschule Osnabrück bekommen hab. Langsam möchte ich aber dieses Standbein wieder ankurbeln. Schreibt mich also gerne an falls ihr Schlagzeugunterricht haben wollt, haha!

 

https://www.instagram.com/laurenzhs/
laurenz.hintz@arcor.de

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