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OOZING WOUND – We Cater To Cowards

~ 2022 (Thrill Jockey) – Stil: Noise Rock/Thrash Metal/Crossover ~


´We Cater To Cowards´ ist das mittlerweile fünfte Album des in Chicago beheimateten Trios OOZING WOUND, und wie schon auf ihren Vorgängerwerken, präsentieren sie hier erneut eine ambivalente Mischung aus ungestümer Energie und ausgewiesener Klugheit, die ihren Sound äußerst konsequent, manchmal aber auch etwas irritierend erscheinen lässt. Wie schon auf dem vorherigen Album ´High Anxiety´ von 2019 gibt es lyrisch jedenfalls immer noch jede Menge bissiger Ironie, wie alleine Songtitel á la ´The Good Times (I Don’t Miss ’Em)´ oder ´Midlife Crisis Actor´ suggerieren, aber es zeigen sich auch deutlich mehr Themen mit ernsterem Charakter – weniger kleinlicher Spott, dafür aber mehr emotional heftiges Drama.

Die ironische Distanz zur Hässlichkeit, die in den Songs dargestellt wird, war auch ein wesentliches Element des Noise Rock-Höhepunkts in den späten 80ern und frühen 90ern, der von Bands bevölkert war, die ihr Handwerk vornehmlich von den BUTTHOLE SURFERS oder BIG BLACK gelernt hatten, aber auch die COWS und UNSANE lebten und starben in erster Linie durch den Ekel!

Die Musik von OOZING WOUND kann zwar immer noch grob als Crossover-Thrash mit besonders hartem Schlag kategorisiert werden, dennoch passiert hier wesentlich mehr, und es zeigt sich ein beeindruckender Schmelztiegel aus Noise Rock, Punk, Thrash Metal und Alternative Rock-Elementen.

 

 

Die Songs sind allesamt gut geschrieben und weisen über die gesamte Laufzeit eine Vielzahl unterschiedlicher kreativer Ideen, Dynamiken, Strukturen und Einflüsse auf, ein pulsierender Cocktail aus überzeugenden Grooves und harten Beats, die wie bei ´Hypnic Jerk´ auch gerne mal in rasende Aggressionen ausbrechen.

Der beeindruckendere Trick der drei Chicagoer ist allerdings, dass die Stücke bei aller Dissonanz und Rohheit gleichzeitig auch immer wieder wie ein organischer Auswuchs an Melodien wirken. Im Vergleich zu den Vorgängern nun eben ein wenig langsamer, ein bisschen schmutziger, aber von der gleichen gemeinen Ader besessen. In diesem Gefühl steckt mehr THE JESUS LIZARD als etwa ANTHRAX oder die frühen C.O.C., und speziell im letzten Drittel finden sich die für den Noise Rock typischen knurrenden, knirschenden Grooves – ´Midlife Crisis Actor´ und ´Old Sludge´ sind abwechselnd brutzelnde und hämmernde Akte musikalischer Kasteiung.

´We Cater To Cowards´ hat jede Menge rhythmische Hooks, und die stilistische Verschiebung ist zwar signifikant genug, um wahrnehmbar zu sein, aber noch lange nicht derart signifikant, dass OOZING WOUND nun nach einer komplett anderen Band klingen würde. Ihre charakteristische Mischung aus thrashigen Top-Speed-Chops und punkigem Ethos bleibt jedenfalls weitestgehend erhalten, lediglich höchst sinnvoll um einige neue Elemente ergänzt.

(8 Punkte)

https://www.facebook.com/oozingwound


Pic: Evan Jenkins
(VÖ: 27.01.2023)

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