DAVE GROHL – Dream Widow
~ 2022 (Roswell Records) – Stil: Heavy Metal/Thrash Metal/Black Metal/Grindcore ~
Passend zu seinem cineastischen Horror-Splatterfest ´Studio 666´ hat Dave Grohl seine innige Liebe zum Metal wiedergefunden, und er hat nach seinem ersten Projekt PROBOT von 2004 erneut eine Menge harter Songs herausgebracht, die im Film als verbotene und verlorene Aufnahmen der fiktiven Band „Dream Widow“ dargestellt sind.
Die Liste der Gastmusiker hält sich im Vergleich zu Grohls Metal-Debüt allerdings sehr schmal, lediglich FOO FIGHTERS-Keyboarder Rami Jaffee wirkt bei einem der Stücke mit, während James A. Rota von FIREBALL MINISTRY nur die Soli beisteuert. Ansonsten ist es Multiinstrumentalist Grohl pur, und die Ergebnisse sind größtenteils noch viel schneller, härter und lauter als PROBOT es jemals gewesen war!
Eignet sich der dazugehörige Spielfilm noch am ehesten für eine lustige Geselligkeitsrunde mit Pizza und Bier, so ist ´Dream Widow´ jedoch ein ganz schön schweres Fass geworden – nämlich eine zugleich fesselnde wie authentische Reise in die höllischsten musikalischen Interessen des ehemaligen NIRVANA-Drummers.
Der Opener ´Encino´ ist dann auch gleich ein ausgewiesener Nackenbrecher, mit seinen mal grindcorigen, mal thrashigen Riffs, und er liegt irgendwo in der Schnittmenge von Mike Pattons FANTOMAS und SLAYER in Höchstform.
Das folgende ´Cold´ bietet hingegen die perfekte Melange aus fettem Groove Metal der METALLICA ´Load´/´Reload´-Ära, obskurem Southern Rock aus den 70ern sowie heftigen Stoner-Tendenzen, und glänzt vor allem mit seinen sportlichen Thrash-Licks direkt aus Headbang-City und dem Gänsehaut hervorrufenden Refrain: „I can feel the black wind blowing – cooold/I can feel the red blood flowing – cooold“.
Die Lead-Single ´March Of The Insane´ ist hingegen eine rasante Thrash-/Black Metal-Übung im Stile von VENOM, MOTÖRHEAD und SLAYER, eine mitreißende Fusion aus stampfender Percussion, sauren Gitarrenriffs und geradezu dämonischen Vocals.
´The Sweet Abyss´ taucht dann ganz aus der Dunkelheit auf, komplett mit gruseligen Schreien, aber auch weichem, sauberen Chorgesang a la ALICE IN CHAINS im Refrain, und auf ´Angel With Severed Wings´ kanalisiert Grohl mit seinen Vocals sogar phasenweise eine Art zurückhaltende Death Metal-Projektion, wobei im Refrain sowohl Cleans und Screams nahtlos miteinander kombiniert werden. Die ansteckenden Harmonien, die einladenden Refrains und verführerischen Arrangements erinnern bei beiden Songs oftmals auch an QUEENS OF THE STONE AGE, was durchaus auch Sinn hat, da Grohl bekanntlich auch an zwei ihrer Alben beteiligt war.
Zugegebenermaßen sind Spuren der bereits genannten Acts jederzeit greifbar, aber die Vergleiche dienen eher dazu, um zu betonen, wie formbar und kompetent dieses Werk geworden ist, indem es gleich mehrere unverwechselbare, aber verwandte Stile integriert und gleichzeitig deren Kohärenz sicherstellt.
Das rund zehnminütige Instrumental ´Lacrimus Dei Ebrius´ beendet das Set schließlich als absolut epischer und geradezu chamäleonartiger Höhepunkt, und es ist bis zum Rand gefüllt mit Hardrock- und Metal-Referenzen der unterschiedlichsten Epochen, ob nun BLACK SABBATH, METALLICA oder wieder einmal SLAYER – eine wahre Orgie der besten Metal-Sounds überhaupt und ein technisches Riff-Gemetzel ohnegleichen.
´Dream Widow´ hätte auch ganz einfach nur ein charmantes, aber wegwerfbares Stück Marketing für den dazugehörigen Film oder einfach nur ein Pastiche legendärer Death und Thrash Metal-Bands sein können. Glücklicherweise übertrifft es diese beiden Möglichkeiten jedoch. Die Musikalität ist erwartungsgemäß hervorragend, aber besonders lobenswert ist vor allem Grohls Fähigkeit, seine Stimme von der vertrauten Grobheit bis hin zur vollen gutturalen Hegemonie zu verlagern. Es ist ein berauschender und zugleich legitimer Einstieg in Grohls Subgenres – und ein Höllenritt von wahrer Meisterhand!
(9,5 Punkte)