LAZULI
~ 30.10.2022, Oberhaus, Alzey ~
Zweieinhalb Jahre, dreißig Monate, so lange war die Wartezeit vom ersten Termin bis zum endgültigen Stattfinden des Konzerts zum Album ´Le Fantastique Envol De Dieter Böhm´. In der Zeit ist viel passiert. Nicht nur die pandemiebedingte Absage des ursprünglichen Abends samt aller Verschiebungen. LAZULI haben einen neuen Gitarristen ins Boot geholt. Arnaud Beyney wurde erstmals auf dem “nackigen” Best Of-Album ´Dénudé´ vorgestellt.
Da wir uns der dunklen Jahreszeit nähern, ist von Alzeys Altstadt nur wenig zu sehen. Es wirkt aber einladend hier. Jedoch, die Dunkelheit sorgt für noch eine kleine lustige Episode. Wir haben, aus gesundheitlichen Gründen, eine Karte über. Also wird jeder, der sich dem Eingang des Oberhaus nähert, angesprochen, ob noch ein Ticket gebraucht wird. Mein Blick dann, als ich die Musiker des Abends erkenne, muss doch ziemlich originell sein. Das Ticket findet dann doch einen Abnehmer. Und der Saal füllt sich.
Dort gehen Gerüchte um, dass ein neues Album kommt. Am Merchstand wird das dann auch bejaht. Leider dauert es noch, die CDs zu pressen. Was früher vier Wochen benötigte, braucht jetzt 5 Monate. So erklärt es der junge Mann, der sich später als Dominiques Sohn entpuppt. Also gibt es keinen Einkauf, wäre auch zu schön gewesen.
Dafür geht gegen Neun endlich das Licht aus. Die fünf Südfranzosen betreten die Bühne. Ohne große Vorrede spielen sie sich erst einmal durch ihr letztes reguläres Album. ´Sol´, die Sonne geht auf. Was soll ich sagen, von der Bühne wirken die Chansons noch intensiver, als sie es auf der CD schon sind. Man bemerkt die Spielfreude, aber auch der Ernst ist zu spüren, den die Musiker in ihre Arbeit verbringen. Konzentrierte Lockerheit, Freude und Melancholie. So lang musste man warten. Jetzt, endlich, darf man die Melodien von ´Dieter Böhm´ genießen. Und das grandiose Finale, in dem die Musik in den Händen Dieters und LAZULIs ins Leben tritt.
Natürlich darf danach noch nicht gegangen werden. Wie Dominique in einer seiner, wie immer, in skurrilem Deutsch vorgetragenen Ansagen sagt, das Ende der Geschichte ist nicht das Ende des Konzerts. Beim Eiskunstlaufen kommt nach der Pflicht, hier das “aktuelle” Album, die Kür. Diese Kür sind am heutigen Abend eine Reihe Hits aus der Bandgeschichte. Noch einmal acht Stücke, die die vergangenen Jahre abdecken. ´Déraille´, ein intensives, wenn auch fast zu schnelles ´Le Miroir Aux Alouettes´. Mein allerliebstes Lieblingslied in der kompletten Diskographie, ich würde lügen, würde ich behaupten, ich hätte keine ordentliche Gänsehaut.
Mit ´Egoine´ gibt es gar einen komplett neuen Song vom kommenden Album. Hat Dominique erwähnt, wie es heißt? Oder habe ich es nur nicht vernommen? Egal, das Stück klingt vielversprechend. Die Vorfreude wächst also bei den Fans. Roman Thurel ist sehr oft am Bühnenrand. Ein großer Teil der zweiten Hälfte verbringt er mit seinem Horn an den Lippen. Jetzt sage noch mal einer, Blechblasinstrumente sind kein Heavy Metal. Auch ein Hingucker ist Claude Leonetti an seiner Leode. Irgendwann verstehe ich, wie das Teil funktioniert. Hat es Saiten? Oder funzt es irgendwie ähnlich wie ein Theremin?
Der neue Gitarrist passt wunderbar ins Gefüge. Sie albern alle zusammen, sie harmonieren. Sie kommunizieren. Mit Blicken, Gesten dirigieren sich die Musiker. Alles passt zusammen, wie alle Teile eines Puzzles. Natürlich bekommt Sänger Domi die meiste Aufmerksamkeit. Das ist das Los des Sängers. Ständig grinsend, man sieht ihm die Freude an, wieder hier zu sein. Musik überfliegt Grenzen. Musik macht glücklich. LAZULI machen glücklich.
Das Finale ist bekannt. Alle versammeln sich um die Marimba. Und dann verabschieden sie ihre Gäste mit ´Here Comes The Sun´. Trotzdem es jetzt kurz vor Mitternacht ist, alle gehen nach Hause. Mit Sonne im Herzen.
À bientôt.
Fotos: Simon Wolski