WALKIN´ WOLF – Strange, Lost & Familiar Places
~ 2022 (Independent) – Stil: Unplugged Blues Rock ~
WALKIN´ WOLF heißt im normalen Leben Wolfgang Sch. und ist in Köln, um Köln und um Köln herum bekannt als Gitarrist und Sänger der “Bluesy Groovy Rockmachine” MOTHER´Z BOYZZ. Diese 42 auf dreizehn Stücke verteilten Minuten sind sein Soloding, an dem er schon geraume Zeit schraubt und das eine Herzenssache für den wanderden Wolf ist.
Hier lebt er seine Liebe zum Blues aus, in seiner einfachsten Art. Nur ein Mann und seine Gitarre und ein wenig Percussion. Meist jedenfalls. Mal eine zweite Gitarre, für drei Lieder brauchte es ein Akkordeon, da hat er wohl einfach mal Freunde und Familie eingespannt. Mehr hat er nicht gebraucht, mehr brauchen seine Lieder nicht.
Da sind Lieder aus dem ganz normalen Leben. ´When The Sinner Is The Saint´ zum Beispiel, das nach Südstaaten und Baumwollplantage klingt. Dafür wandert der ´Wayfaring Stranger´ mit großen Schritten unaufhaltsam voran. Und in ´Wintertime´ wünscht man sich in sein warmes Nest. Allerdings befürchte ich, dass wir bald ganz den Wintern mit Eis und Schnee hinterhersehnen.
Mit dem ´Mumbai Blues´ und der ´Cabeza Cuadrada´ macht Wolle Abstecher in eigentlich dem Blues ferne Gefilde. Andererseits sind ja auch andere Musiken und Kulturen von Melancholie und Wehmut geprägt. Blues steht für ein Gefühl, das man hier ins Indische und in den Flamenco übersetzt findet. Das witzige ´Cowboy`s Applepie´ entführt dann noch in den Wilden Westen.
Aber Wolfgang kann auch richtig ernst. Vor allem mein liebstes Stück, ´Tears Have No Color´ geht richtig tief ins Herz. Dafür sorgt, neben der beeindruckend schmalen Arrangierung der Lieder, und viele davon kann ich mir hier in voller Bandbesetzung nicht vorstellen, die Stimme des Maestros. Der WALKIN´ WOLF klingt brüchig und lebenserfahren, ein wenig erinnert er mich an die letzten Alben vom Man in Black. Ein kurzer Blick, nein, es ist keine CD von Johnny Cash eingelegt und auch Rick Rubin ist nicht als Producer aufgeführt. Dennoch würde mich nicht verwundern, eine ebenso intime Fassung von ´Personal Jesus´ oder ´Hurt´ hören zu dürfen.
Nach so viel ernst darf der ´Trash Talker Blues´ noch einmal zu einem Grinsen verlocken, ehe es mit ´Sarahs Lullaby´ familiär wird.
Damit ist eine kleine, fast unscheinbare, aber mächtig tiefgehende Dreiviertelstunde Musik schon vorbei, die man am besten in einem abgedunkelten Raum genießt, abends, mit ein paar Kerzen, vielleicht ein Räucherstäbchen, ein Stück Schokolade, wer will auch ein Glas Wein, und dann ist das Glück perfekt.
(8 Punkte)