PELICAN – Australasia
~ 2003/2022 (Thrill Jockey) – Stil: Post Metal/Doom/Stoner Rock ~
Echte Liebhaber harter Musik wissen, dass es nicht nur auf die Lautstärke ankommt, nein, es geht dabei vor allem um Dichte, Gewicht und Bewegung – und das rein instrumentale Post Metal-Quartett PELICAN aus Chicago weiß das nun schon seit mehr als 20 Jahren auch ganz genau. Die Band um die beiden Gitarristen Laurent Schroeder-Lebec und Trevor Shelley de Brauw sowie das Brüderduo Larry (Bass) und Bryan Herweg (Drums) verfolgt eine ausgewiesen stimmlose Obsession mit Härte, und bereits ihre selbstbetitelte Debüt-EP von 2001 war ein dichtes Kompendium aus bodenlastigem Riffing und straffer Struktur.
Diese Stärken sind auch auf dem nun wiederveröffentlichten ersten Longplayer vorhanden, aber sie wurden hierauf in einem breiteren Spektrum von stimmungsvoller Atmosphäre und akustischem Grübeln neu kontextualisiert, ein fast schon cineastisches Gefühl, das über die gesamte Strecke zu begeistern weiß. PELICAN haben jedenfalls von jeher den hypnotischen, metallischen Rhythmus einer Band wie ISIS gekonnt gemischt, indem sie monolithische Härte mit komplexer, geschmackvoller Melodie ausbalancieren.
Nach der elektroakustischen Eröffnung von ´Nightendday´ taucht der Vierer dann auch unmittelbar tief in einen schwerfälligen Groove-Giganten ein, und was hier besonders auffällig ist, ist wie sie ihr harmonisches Spektrum erweitert und damit ihrer kraftvollen Musik einen echten emotionalen Ruck gegeben haben. PELICANs Sound ist zugleich fantastisch rockig, aber auch unglaublich bewegend, und er enthüllt damit einen weiteren Schlüssel für ihre ausgewiesene musikalische Qualität, nämlich die organische Natur ihres Spiels. Es gibt alle möglichen subtilen Schwankungen und Oszillationen von Tempo, Attacken und Feeling, und wo sich viele Bands auf eine fast schon mechanische Präzision spezialisieren, wirken PELICANs Exkursionen und Strukturen eher warm, menschlich und unheimlich berührend.
Während die allgemeine Härte, die tatsächlich in vielerlei Hinsicht den großartigen ISIS ähnelt, vornehmlich düstere Stimmungen und Bilder erzeugt, haben PELICAN jedoch auch keine Angst vor einer sonnigen Dur-Akkord-Fantasie, wie etwa beim kurzen ´GW´.
Bei ´Drought´ kommt hingegen alles zusammen, wobei die sich bewegenden Klangplatten fast schon eine geologische Wucht besitzen. Der Song beginnt mit einem schwerfälligen Tempo und nimmt allmählich an Geschwindigkeit zu, angeführt von peitschenden Gitarren, sodass nur die Funken sprühen, und mit einem denkwürdigen Finale, wiederum prall an genialem Riffing.
Ob nun Post Metal, Stoner Rock, Doom, Drone, oder wo auch immer man ihre Richtung einordnen mag, so haben PELICAN ohne jeden Zweifel einen unbestreitbaren Einfluss auf harte, authentische Musik ausgeübt, und mit ´Australasia´ bereits vor knapp 20 Jahren ihr erstes zugleich emotionales, episches und fantasievolles Wunderwerk abgeliefert.
(8,5 Punkte)